Rhein-Neckar. Viele Wochen ist über den bevorstehenden Herbst und Winter gesprochen worden, am 1. September wird es nun ernst. Dann beginnt zwar weder die eine noch die andere Jahreszeit, aber die am Mittwoch beschlossene Energieeinsparverordnung der Bundesregierung tritt in Kraft. Sie legt etwa fest, dass die Temperatur am Arbeitsplatz 19 Grad nicht mehr überschreiten darf.
Dem Einzelhandel wird es in beheizten Geschäftsräumen verboten, Ladentüren und Eingangssysteme dauerhaft offenzuhalten, wenn dadurch Heizwärme verloren geht. Davon betroffen ist die Art von Türsystemen, die es besonders an den Eingängen größerer Kaufhäuser gibt. Dort werden die Schwingtüren während der Öffnungszeiten meist komplett im Boden versenkt, so dass Kunden barrierefrei ein- und ausgehen können. Das ist jetzt nicht mehr erlaubt, außer, es handelt sich um einen Fluchtweg.
„Schaufensterbeleuchtung sorgt für Sicherheit“
Außerdem müssen die Geschäfte ihre (Werbe-)Beleuchtung einschränken: „Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages untersagt“, heißt es in der Verordnung. Nur „wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist“ und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann, gilt das Verbot nicht.
Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, ist darüber nicht begeistert: „Mit der Schaufensterbeleuchtung sorgen wir auch für Sicherheit und soziale Verantwortung in den Städten – vor allen Dingen in den weniger frequentierten Zeitfenstern in der Nacht. Ebenso mit beleuchteten Werbeanlagen“, hatte Genth gegenüber dieser Redaktion gesagt.
Auslegungsstreitigkeiten befürchtet
Einzelhändler in der Region reagieren gelassener. „Wir haben die Rückmeldung, dass viele Unternehmen ohnehin spätestens um 22 Uhr die Schaufensterbeleuchtung ausschalten. Insofern ist das jetzt nicht der Riesenaufreger“, sagt Swen Rubel, Geschäftsführer des Handelsverbands Nordbaden.
Trotzdem kritisiert er die Verordnung: „Das ist wieder eine Einmischung des Gesetzgebers, die ein Stück weit nachvollziehbar ist. Uns ärgert vor allem, dass das so unkonkret ist, und wir befürchten, dass wieder Auslegungsstreitigkeiten entstehen.“ Man könne nun fragen: „Was ist eine Werbeanlage“, denn nur davon sei in der Verordnung die Rede.
RNZ ist einen Schritt voraus
„Nach der Interpretation der Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums handelt es sich dabei nicht um Schaufenster, so dass diese nach 22 Uhr theoretisch weiter beleuchtet bleiben dürfen“, sagt Rubel. Zumindest in Nebenstraßen kann er den Aspekt der dann fehlenden Sicherheit nachvollziehen. „Auf besonders beleuchteten Straßen wie den Mannheimer Planken wird das nicht der Fall sein.“
Der Verordnung einen Schritt voraus ist auch das Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) in Viernheim. „Wir haben schon vor einigen Wochen das Gros unserer Beleuchtung in der Mall tagsüber ausgeschaltet“, erklärt Center-Manager Dani Marquardt. „Dadurch konnten wir schon einige Kosten einsparen, denn wir wissen ja nicht, was im Herbst und Winter noch auf uns zukommt.“
Einen konkreten Betrag nannte er nicht. Man habe unterschiedliche Lichtsysteme, so dass es in der Ladenpassage trotzdem hell sei. „Wir haben außerdem voll auf LED-Technik umgestellt“, nennt Marquardt ein weiteres Einsparpotenzial. Die Beleuchtung der Schaufenster sei Mietersache.
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Eine Entscheidung steht bald an, an die man in diesen Spätsommertagen nicht unmittelbar denkt: Wie soll man mit der Weihnachtsbeleuchtung umgehen? Traditionell schmücken die Städte, Geschäfte und Einkaufszentren im Advent und über Weihnachten hinaus meist bis zum 6. Januar ihre Einkaufsstraßen mit Lichterketten und leuchtenden Sternen. „Wir haben das Thema noch nicht final beantwortet“, sagt Marquardt. „Wir haben uns aber beraten lassen, und überraschenderweise fallen die Energiekosten dafür sehr, sehr günstig aus.“
Beleuchtung gehört zu Weihnachten dazu
Für Lutz Pauels, Chef der City-Werbegemeinschaft in Mannheim, ist die Sache klar: „Wir werden nicht darauf verzichten, das ist ein wesentlicher Bestandteil der Vorweihnachtszeit, in der es oft dunkel ist.“ Hinzu komme, dass erst im vergangenen Jahr ein großer Teil der Beleuchtung neu angeschafft worden sei. Es werde aber noch abgestimmt, ob die Beleuchtung in Randzeiten früher abgeschaltet wird.
Auch Andreas Hilgenstock, geschäftsführender Gesellschafter des Modehauses Engelhorn, hält an der Beleuchtung fest: „Um Weihnachten muss es hell sein, das gehört zum Fest dazu.“ Sinnvoller sei es, die Beleuchtung gezielt und mit sparsamen Leuchtmitteln wie LED einzusetzen. Das habe das Unternehmen bereits getan.
Auch an anderen Stellen wird nachgerüstet: „Bis Anfang des Jahres wird unsere Beleuchtung komplett auf LED umgestellt sein.“ Das spare 50 bis 60 Prozent Energie. Die Schaufenster werden derzeit von 9.45 bis 22 Uhr beleuchtet. „Hier überlegen wir, ob wir das weiter verkürzen.“ Auf mehreren seiner Gebäude will Engelhorn Photovoltaikanlagen installieren. (mit ZRB)
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Energiespar-Verordnung ist viel Symbolpolitik