Pandemie (mit tabellarischem Überblick)

Corona: So testen Firmen in der Metropolregion Rhein-Neckar

Von 
Tatjana Junker
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© picture alliance/dpa

Rhein-Neckar. Unternehmen sollen ihren Belegschaften regelmäßige und kostenlose Corona-Tests ermöglichen. Tun sie das nicht, will die Bundeskanzlerin sie zwingen. Wie Betriebe in der Region damit umgehen - und mit welchen Hürden sie kämpfen.

Welche Firmen in der Region bieten bisher regelmäßig Tests für Beschäftigte an?

Die Mehrheit der größten Unternehmen in der Region hat damit begonnen, ihre Beschäftigten regelmäßig mit kostenlosen Selbsttests zu versorgen - oder ist gerade dabei, entsprechende Test-Bestände aufzubauen. Das zeigt eine Umfrage dieser Redaktion bei Firmen, die mindestens 2000 Menschen in der Region beschäftigen (s. tabellarischer Überblick am Ende dieses Berichtes). Die Selbsttests werden in der Regel einmal pro Woche angeboten, teilweise auch zwei Mal: zum Beispiel bei Bauhaus, bei ABB und nach Ostern auch bei Daimler.

Wer kann das Angebot in Anspruch nehmen?

In der Regel sind die Selbsttests für alle Mitarbeitenden gedacht, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Bei der Baumarktkette Hornbach zum Beispiel sind die Test-Kits für die Belegschaft in den 96 deutschen Märkten vorgesehen. In der Zentrale in Bornheim setze man dagegen „konsequent“ auf mobiles Arbeiten bzw. Homeoffice. Auch bei Essity in Mannheim stehen Beschäftigte aus der Produktion und andere Mitarbeitende im Fokus, die nicht von zu Hause aus arbeiten können. Mehrere Firmen betonen auch, dass die Selbsttests explizit für Beschäftigte gedacht sind, die keine Symptome haben. Wer Symptome habe, müsse sich beim Hausarzt o.ä. testen lassen, heißt es beim Pumpenhersteller KSB in Frankenthal.

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Wie sieht es bei kleineren Betrieben aus?

„Auch sie bieten Tests für ihre Beschäftigten an“, sagt Rolf Koch, Leiter der Wirtschaftsförderung bei der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald. Zwar habe man keine konkreten Zahlen. „Wir haben aber viele Anfragen dazu, zum Beispiel aus dem Ausbau- oder Sanitärbereich.“ So würden viele Kunden inzwischen Wert darauf legen, dass Handwerker getestet sind, bevor sie in die Wohnung kommen. Kaum getestet werde bisher allerdings im klassischen Bau, also auf Baustellen im Freien, räumt Koch ein. „Da ist die Ansteckungsgefahr vielleicht nicht ganz so groß, aber wir raten den Betrieben natürlich trotzdem, die Mitarbeiter zu testen“, sagt er. Auch Arbeitgeberverbände und Gewerkschaft in der Baubranche haben angekündigt, die Ausweitung von Tests in den Belegschaften zu unterstützen. Die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar verweist auf eine Umfrage des DIHK. Dort heißt es: „Je größer die Unternehmen, desto häufiger sind bereits vorhandene Teststrategien oder entsprechende Pläne.“ Insgesamt testen demnach aktuell allerdings nur 19 Prozent aller Betriebe ihre Belegschaften. Weitere 28 Prozent wollten in Kürze damit beginnen. Dem Hessischen Industrie- und Handelskammertag zufolge bieten in Hessen insgesamt 46 Prozent der Betriebe ihren Beschäftigten regelmäßig Corona-Tests an oder stünden vor dem Start.

Bekommen die Firmen genügend Tests?

Die Rückmeldungen dazu sind unterschiedlich. „Vor zwei bis drei Wochen war es noch schwierig, aber jetzt kommt man gut an Tests, im Internet gibt es jede Menge Anbieter“, sagt Rolf Koch für das Handwerk. In der DIHK-Umfrage gaben derweil 23 Prozent der Firmen an, dass sie Beschäftigte nicht testen, weil sie keine Tests haben. Auch bei den großen Unternehmen gibt es vereinzelt Hinweise auf Beschaffungsprobleme - zumal sie enorme Mengen benötigen. So hat der Elektrokonzern ABB für seine deutschen Standorte rund 70 000 Tests bestellt, die erst teilweise zur Verfügung stünden. Firmen wie John Deere verweisen zudem auf logistische Herausforderungen: „Aktuell stehen wir vor der Frage, 15 000 Tests, die in 25er-Kartons verpackt sind, einzeln für die Ausgabe an den Toren zu verpacken - mit Aufklebern und QR Codes versehen. Der Zeitaufwand dafür ist erheblich“, so ein Sprecher. Beim Pharmakonzern Roche, der u.a. Tests herstellt, heißt es zur Frage nach der Verfügbarkeit: „Wir haben aktuell alle Rückstände aufgearbeitet und senden täglich und verlässlich an den deutschen Markt aus.“ Firmen könnten aber nicht direkt bei Roche bestellen, sondern über den Pharmagroßhandel.

Ich halte eine gesetzliche Pflicht für überflüssig.
Rainer Hundsdörfer Vorstandschef von Heidelberger Druckmaschinen

Was kostet das Angebot die Unternehmen?

Konkrete Summen nennen die Firmen nicht. Der Mannheimer Energieversorger MVV rechnet mit monatlichen Kosten im fünfstelligen Euro-Bereich. Bei Heidelberger Druckmaschinen, wo ab sofort allen Beschäftigten ein Selbsttest pro Woche zur Verfügung steht, bewegen sich die Ausgaben samt Schutzmasken, Ausrüstung, medizinischer Ausstattung und Tests im knapp sechsstelligen Bereich. Für kleine Betriebe seien die Kosten eine Belastung, betont Koch von der Handwerkskammer. „Ein Test kostet etwa drei Euro. Wenn man jeden Tag zehn bis 15 Mitarbeiter testen will, kommt einiges zusammen.“

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Was sagt die regionale Wirtschaft zur drohenden Test-Pflicht?

„Dem Staat ist es ein Jahr lang nicht gelungen, eine funktionierende Teststrategie auf die Beine zu stellen. Jetzt sollen es die Unternehmen in wenigen Tagen richten“, kritisiert Eberhard Flammer, Präsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertags. „Ich halte eine gesetzliche Pflicht für überflüssig. Die Tests werden schon von vielen Unternehmen freiwillig durchgeführt“, sagt Rainer Hundsdörfer, Vorstandschef von Heidelberger Druckmaschinen. Die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar drängt auf eine Verzahnung von Bürgertests mit Tests in Unternehmen. So soll Betrieben auch die Anerkennung von negativen Bürgertests ermöglicht werden.



Redaktion Wirtschaftsreporterin

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