Mannheim. Längst sind mannigfache Corona-Testzelte aus dem Straßenbild verschwunden. Hingegen beschäftigen Covid-Schnellanalysen bis heute die Justiz. Am Mannheimer Landgericht ist der inzwischen vierte Prozess, in dem es um Betrug in Zusammenhang mit Virus-Tests geht, vor einer Großen Wirtschaftsstrafkammer angelaufen. Dem Angeklagten, der in Untersuchungshaft sitzt, wird zudem zur Last gelegt, staatliche Corona-Hilfen erschlichen zu haben.
Der Prozessauftakt beginnt damit, dass der Kammervorsitzende Boos eine Frau und einen Mann aus dem Saal schickt - weil diese später noch als Zeugen gehört werden sollen. Angesichts der Länge des Anklagesatzes trägt Erste Staatsanwältin Isa Böhmer die umfangreichen Vorwürfe, die sich gegen den 26-Jährigen richten, im Sitzen vor.
Fiktive Corona-Teststationen angemeldet
Mit der Absicht, sich eine „erhebliche Einnahmequelle“ zu verschaffen, soll der gelernte Automobilkaufmann mehrere fiktive Corona-Teststationen vor allem in Mannheim bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg als Betreiber angemeldet haben. Unstrittig ist, dass die digitale Registrierung 2022 gelang und Dominic C. danach für angebliche Leistungen satte 44 Millionen Euro geltend machte. Allerdings fielen bei einer Plausibilitätsprüfung Merkwürdigkeiten auf, so dass eine komplette Auszahlungssperre veranlasst wurde und eine Strafanzeige folgte.
Gleichwohl versuchte der Mittzwanziger, über veränderte Eintragungen in der Bearbeitungsmaske doch noch an Geld zu kommen. Als dies misslang, so die Ermittlungen, soll der Angeklagte mit den Personalien einer Tante ein angebliches Testzentrum in Ilvesheim angemeldet und darüber Leistungen in Höhe 420 000 Euro beantragt haben. Und tatsächlich flossen vor einem erneuten Auszahlungsstopp 165 000 Euro. Weitere Versuche, ab Juli vergangenen Jahres für frei erfundene Virus-Schnellanalysen an neuen angeblichen Standorten, darunter Heddesheim, insgesamt 1,2 Millionen Euro zu kassieren, scheiterten dann allerdings.
Staatliche Corona-Hilfe abgegriffen?
Zu der Anklage gehört auch Subventionsbetrug: Der trickreiche Geschäftsmann soll auch da die Personalien einer Tante, außerdem des Vaters seiner früheren Lebensgefährtin jeweils ohne deren Wissen genutzt haben, um staatliche Corona-Hilfe abzugreifen. Und die war in der Pandemie eigentlich dafür gedacht, existenzgefährdete Solounternehmer zu unterstützen. Aufgrund falscher Angaben sind in mehreren Fällen insgesamt 11 400 Euro überwiesen worden.
Damit nicht genug: Der Kaufmann hat in Zusammenhang mit seiner Berufung als Geschäftsführer einer GmbH schriftlich vor einem Notar angegeben, strafrechtlich eine „weiße Weste“ zu haben - obwohl er einige Tage zuvor wegen Betrugs am Mannheimer Landgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
Sechs weitere Verhandlungstage vorgesehen
Bevor der erste Prozesstag endet, erklärt Rechtsanwalt Neumann im Namen seines Mandanten, dass dieser die Vorwürfe „so wie in der Anklageschrift ausgeführt“ einräumt. Am 6. Februar will die Kammer den 26-Jährigen persönlich befragen. Dann soll auch ein psychiatrischer Sachverständiger dabei sein. Bis 28. Februar sind sechs weitere Verhandlungstage vorgesehen.
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