Waldbrunn/Darmstadt/Mannheim. Das Rote Kreuz hat ihm schon abgesagt, jetzt verhandelt Timo Mosca mit der Gemeinde Waldbrunn. Unter Hochdruck sucht der geschäftsführende Gesellschafter der Mosca-Gruppe im Odenwald einen Dienstleister für Corona-Schnelltests. Den bräuchte er eigentlich schon ab diesen Mittwoch, wenn die 3G-Regeln am Arbeitsplatz gelten. Dann dürfen nur noch Geimpfte, Genesene oder negativ auf das Corona-Virus getestete Beschäftigte aufs Werksgelände.
„Die großen Konzerne haben damit kein Problem, die haben ihre Betriebsärzte und Feuerwehren“, sagt Mosca. „Aber wir Mittelständler müssen schauen, wie wir das umsetzen können.“ Zu kurzfristig und zu ungenau seien die Vorgaben, die erst Ende vergangener Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. „Das ist nicht ausgegoren“, klagt der Unternehmenschef. Mosca entwickelt zum Beispiel Umreifungsbänder und Anlagen zur Sicherung von Transportgütern. 550 Mitarbeitende hat Mosca allein in Deutschland, davon arbeiten rund zwei Drittel im Schichtbetrieb in der Produktion - können also nicht auf Homeoffice ausweichen.
Hoher Aufwand für Schichtbetrieb
Noch ist das Unternehmen dabei, den Impfstatus der Belegschaft zu erfassen. Der Geschäftsführer rechnet damit, dass zehn bis 15 Prozent der Beschäftigten nicht geimpft sind - und die müssen künftig jeden Tag einen offiziellen Schnelltest vorlegen, egal zu welcher Schichtzeit sie kommen. Genau das ist aus Moscas Sicht das größte praktische Problem. Er geht davon aus, dass sein Unternehmen, die Test-Infrastruktur anbieten muss, um den Betrieb so reibungslos wie möglich aufrecht zu erhalten. „Wir haben so viele Aufträge, wir wissen gar nicht, wie wir die abarbeiten sollen. Dazu kommen die Lieferschwierigkeiten.“ Ausfälle könne sich das Unternehmen einfach nicht leisten.
Aktuell arbeite man auch an internen Lösungen, versuche als Tester ausgebildete Mitarbeitende zu überzeugen, dass sie ihre Kollegen testen. Aber auch diese Tester würden dann für ihre eigentliche Aufgaben ausfallen. Keine Übergangsphase, hohe Bußgelder - viele Mittelständler wissen laut Mosca einfach nicht, wie sie die Auflagen so schnell erfüllen sollen.
Die Unsicherheit ist groß - das erlebt auch Jürgen Gergely. Er leitet die Rechtsabteilung bei der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald und beantwortet derzeit 50 bis 100 Anfragen am Tag zu den 3G-Regeln. Vor allem rund um die Tests bei Ungeimpften sei noch vieles unklar - etwa die Kostenübernahme für die fünf nötigen Schnelltests in der Woche.
Zwei davon muss der Arbeitgeber zur Verfügung stellen, aber was ist mit dem Rest? Gergely geht davon aus, dass die Handwerksbetriebe einen Großteil davon zur Verfügung stellen werden - zähneknirschend, weil sie es sich nicht leisten könnten, ihre Fachkräfte zu verlieren. „Es werden doch schon händeringend Mitarbeiter gesucht.“
Dazu kommen organisatorische Probleme, so Gergely: „Zum Beispiel, wie Handwerker an einen Schnelltest kommen, wenn sie um 7 oder 8 Uhr morgens auf der Baustelle sein müssen.“ Für diese Fälle empfehle man einen Test schon am Abend, entweder an einer Teststelle oder im Betrieb im Beisein eines Kollegen. Das Ergebnis sei ja 24 Stunden gültig.
Auch Gergely bemängelt, dass die neuen Corona-Regeln wieder einmal zu kurzfristig und mit einigen Unklarheiten kommen. „Das ist seit anderthalb Jahren ein Problem für uns.“ Gleichzeitig warte man auf die noch unbekannte, neue Landesverordnung mit weiteren Verschärfungen. Dann heißt es wieder, möglichst schnell zu reagieren und viele neue Fragen der Handwerksbetriebe zu beantworten.
Liste muss in den Tresor
140 Märkte betreibt die Darmstädter Biolebensmittelkette Alnatura. Und in jedem einzelnen muss am Mittwoch eine große Liste ausgefüllt werden: Welcher Beschäftigte ist geimpft, genesen oder muss einen Test vorlegen? Damit diese Liste mit so persönlichen Angaben nicht in falsche Hände gerät, haben die Filialleitungen die Anweisung, sie in den Tresors oder verschließbaren Schreibtischen unterzubringen.
Der große Aufwand werde aber wohl nur einmal nötig sein, erwartet eine Alnatura-Sprecherin. Denn bei dem südhessischen Bio-Anbieter sei die überwiegende Mehrheit geimpft, der Anteil sei deutlich größer als im Bundesdurchschnitt. Und in der Darmstädter Zentrale arbeiteten außerdem fast alle wieder im Homeoffice. Die wenigen Ungeimpften müssten sich aber selbst, bei externen Dienstleistern, um ihre täglichen Testzertifikate kümmern.
Und so regeln das Konzerne wie BASF: Der Chemiekonzern hat bei der Umsetzung der 3G-Regel mit Behörden und Arbeitnehmervertretung zwei Stufen vereinbart. Um 3G am Standort mit knapp 40 000 Mitarbeitenden und mehreren Tausend Beschäftigten von Partnerfirmen lückenlos nachweisen zu können, sei ein technischer Vorlauf erforderlich.
Während der Übergangsphase bis Anfang Dezember prüfen Sicherheitsmitarbeiter stichprobenartig an den Werkstoren die Nachweise. (mit dpa)
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