Mannheim. Wer einkaufen geht, zu Hause die Heizung einschaltet oder ein Haus baut, denkt oft nicht darüber nach, wie die Produkte dorthin gekommen sind, wo sie gerade verwendet werden. In der Regel ist ja fast alles verfügbar. Was die Metropolregion Rhein-Neckar angeht, kann man davon ausgehen, dass viele Güter den Weg über den Mannheimer Hafen genommen haben.
6,3 Millionen Tonnen Güter wurden dort 2023 wasserseitig umgeschlagen. Das bedeutet, dass Schiffe mit dieser Menge be- oder entladen wurden. Der größte Anteil (fast 29 Prozent) entfällt auf Nahrungs- und Futtermittel mit 1,8 Millionen Tonnen. Dazu gehören etwa Mehl, Nudeln oder Rapsöl. Häufig sind Produkte dabei, die nicht für den Endkunden bestimmt sind, wie Kakaobohnen, und als Rohstoffe zur Weiterverarbeitung verladen werden. Auch Nebenprodukte wie Tierfutter oder Biodiesel fallen darunter.
Mannheimer Hafen: Warum eine Kategorie den Spitzenplatz abgegeben hat
Lange Zeit nahmen feste mineralische Brennstoffe den Spitzenplatz beim Umschlag ein. Das ist vorrangig Steinkohle, die das Grosskraftwerk Mannheim für die Energieerzeugung bezieht. Doch im Vorjahr sank der wasserseitige Umschlag um fast die Hälfte auf 1,4 Millionen Tonnen, ein Anteil von 22,5 Prozent.
„Die aktuellen Zahlen sind maßgeblich geprägt von einem starken Umschlagsrückgang der Steinkohle. Diese Entwicklung war absehbar und wird sich spätestens mit der Umstellung von fossilen auf alternative Energiequellen etablieren“, erklärt Uwe Köhn, Hafendirektor und Geschäftsführer der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft. „Wir erhalten die Zahlen von unseren Kunden, den im Hafen ansässigen Betrieben. Die betriebsinternen Gründe für die Veränderungen kennen wir nicht im Detail“, so Köhn.
Größte Menge wird im Rheinauhafen umgeschlagen
An dritter Stelle bei den Gütern liegen chemische Erzeugnisse (619 000 Tonnen), die etwa zehn Prozent ausmachen. Der Grund ist mit vielen ansässigen Chemieunternehmen naheliegend. BASF, Roche, Rhein-Chemie oder BK Giulini nutzen die Logistik des Hafens. Weitere wichtige Güterhauptgruppen sind Steine und Erden sowie Fahrzeuge, Maschinen und sonstige Halb- und Fertigwaren. Dazu gehören insbesondere Fahrzeuge, die über die RoRo-Anlage (für Englisch: Roll-on, Roll-off) im Rheinauhafen umgeschlagen werden. Dabei wird rollende Fracht - in Mannheim sind das Traktoren von John Deere oder Lastwagen von Daimler Truck - über Rampen verladen. 2023 waren das 17 945 Fahrzeuge, 1263 mehr als im Vorjahr.
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Die meisten Schiffsgüter werden im Rheinauhafen umgeschlagen (2,6 Millionen Tonnen), gefolgt vom Industrie- (1,9), Handels- (1,3) und Altrheinhafen (0,3 Millionen Tonnen). Dem Rückgang beim klassischen Massengut steht ein Zuwachs im Containerbereich (plus 6,5 Prozent) gegenüber. Für Köhn ist das ein Indiz, dass insbesondere im Kombinierten Verkehr noch viel Potenzial für den Hafen steckt. „Die Containerterminals sorgen zunehmend für eine treibhausgasarme Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung in der Region. Durch den Umschlag im Hafen nehmen wir rund 355 000 Lkw jährlich von der Straße.“ Für viele Unternehmen in der Region sei der Hafen ein Standortvorteil.
Infrastruktur verursacht hohe Kosten
Der Hauptauftrag für die Hafengesellschaft als Grundstückseigentümer ist die Infrastruktur. Neun bis zehn Millionen Euro werden dieses Jahr investiert, so Köhn. „Auch wir haben es mit deutlich gestiegenen Preisen zu tun.“ Ein großer Posten ist die Mühlauhubbrücke. Im vergangenen Jahr wurden die Vorarbeiten erledigt, Anfang Juni soll das Hauptbrückenteil eingesetzt werden.
Dann steht die nächste Großinvestition an: Die Spatzenbrücke muss erneuert werden. Köhn rechnet mit sieben bis neun Millionen Euro Kosten. Die Fundamente des Bauwerks stammen aus dem Jahr 1874. „Sie ist immer wieder ertüchtigt worden, aber jetzt muss grundlegend etwas getan werden“, sagt der Hafendirektor. Mittel- bis langfristig müsse der Rheinkai mit 2,1 Kilometern Spundwand saniert werden.
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Was der Mannheimer Hafendirektor zum Chemieunfall von 2022 sagt
Im August 2022 hielt ein Chemieunfall im Hafen die Stadt in Atem. Der Hafendirektor sagt heute: „Die Sicherheitskonzepte auf dem Containerterminal haben gegriffen. Dennoch ist eine solche Verpuffung wie damals zu vermeiden und darf nicht mehr vorkommen.“ Der Einsatz nach dem Unfall sei gut gelaufen, der Fehler sei nicht auf dem Terminal passiert. Man stehe im engen Austausch mit dem Terminalbetreiber und den Sicherheitskräften. „Wir als Hafengesellschaft haben keinen unmittelbaren Einfluss darauf, wie sich das Terminal organisiert.“
Der Transport von chemischen Produkten gehöre in der Region zur Tagesordnung. Daher gebe es hierfür klare Regeln und Anweisungen. Wenn auch der menschliche Faktor nicht ganz auszuschließen sei, gelte für die Zukunft: „An allen Stellen der Kette muss man eine noch höhere Aufmerksamkeit walten lassen.“
So könnte das Geschäftsjahr 2024 laufen
Und was erwartet Köhn vom Geschäftsjahr 2024? „Es würde mich nicht wundern, wenn der Transport von festen mineralischen Brennstoffen eher auf oder unter dem Vorjahresniveau liegen würde.“ Veränderungen seien Marktschwankungen und oft ein Spiegel der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Dazu kämen Sondereffekte wie der Kohleausstieg. Eine Vorhersage sei schwierig. „Wir sind immer ein Stückweit im spekulativen Bereich.“ Wichtig seien die wertschöpferischen Effekte, die sich auch in Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen niederschlagen.
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