GoodMills Deutschland

Wie die Mannheimer Hildebrandmühle gegen die Nudel-Krise kämpft

Die süddeutsche Nudelindustrie kämpft mit scharfer Konkurrenz aus Italien - das spürt auch die Mannheimer GoodMills-Mühle als Grieß-Lieferant. Ein anderer Bereich läuft dafür besser als gedacht

Von 
Tatjana Junker
Lesedauer: 
Grieß für die süddeutsche Nudelindustrie ist bisher das Hauptstandbein der Mannheimer Hildebrandmühle. © GoodMills Deutschland

Mannheim. Bis zu 200 000 Tonnen Hartweizen kann die Hildebrandmühle pro Jahr vermahlen. Damit steht hier, im Mannheimer Bonadieshafen, die nach eigenen Angaben größte Durum-Mühle Deutschlands. Durum, so wird der Hartweizen genannt, der in der Hildebrandmühle zu Grieß verarbeitet wird. Der Standort gehört zum Mühlenbetreiber GoodMills in Deutschland.

Der Grieß aus Mannheim wird unter anderem an Anbieter von Backwaren verkauft oder an Molkereien, die ihn zum Beispiel für Grießpudding verwenden. Die mit Abstand größte Kundengruppe der Hildebrandmühle sind allerdings Nudelhersteller aus dem süddeutschen Raum. „Und die haben im Moment sehr zu kämpfen“, sagt Markus Schüler, der den Standort in den letzten Jahren geleitet hat und jetzt in den Ruhestand wechselt.

Die schwäbische Eiernudel hat es gegen Spaghetti schwer

Ein Grund für die schwierige Lage der süddeutschen Nudelproduzenten sei der harte Wettbewerb mit italienischen Anbietern, die den hiesigen Unternehmen mit einer aggressiven Preispolitik zusetzten. Daneben spielten veränderte Verbrauchergewohnheiten eine Rolle.

Newsletter "MM Business" - kostenlos anmelden!

Schüler nennt als Beispiel die klassische schwäbische Eiernudel. „Das ist ein Produkt, das vor allem für noch richtig gekochte Gerichte verwendet wird: Man isst sie zum Beispiel zu Braten mit Soße. So kochen aber viele Menschen heute gar nicht mehr, entsprechend schwindet die Kundschaft für die Eier-Nudeln.“ Nudelsorten wie Spaghetti schade der Trend zu schnellen Fertiggerichten hingegen nicht. Schüler: „Da reicht auch ein Pesto aus dem Glas dazu.“

Entwicklung trifft die Industrie hart

Die Entwicklung treffe die Nudelindustrie im süddeutschen Raum hart - und gehe damit auch an der Hildebrandmühle nicht vorüber: Die Nachfrage nach Grieß sinkt. „Der Markt ist rückläufig, und darüber sind wir natürlich nicht glücklich“, sagt Markus Prantl, seit einigen Monaten Geschäftsführer bei GoodMills Deutschland.

Umso erfreulicher sei allerdings, dass sich das relativ junge, zweite Standbein der Mannheimer Mühle noch besser als erwartet entwickele: das Geschäft mit Bulgur und Couscous. Beides wird seit 2021 in Mannheim produziert, GoodMills hatte dafür am Standort in zwei neue Fertigungslinien investiert. Bisher ist das Volumen mit 7000 bis 8000 Tonnen pro Jahr gemessen an der Gesamtkapazität noch relativ klein. „Das ist aber definitiv ein Wachstumsmarkt“, sagt Prantl.

Standort in Mannheim zufriedenstellend ausgelastet

Ein gutes Drittel der Mannheimer Couscous- und Bulgur-Produktion wird unter der GoodMills-Marke Müllers Mühle im Einzelhandel verkauft. Eine weitere Kundengruppe sind Hersteller von Fertigsalaten. Letztere werden zum Beispiel in den Convenience-Theken von Supermärkten angeboten. Der Löwenanteil des Couscous und Bulgurs aus Mannheim geht unterdessen in den Export: Benelux, Österreich, Schweiz, auch Großbritannien sei - trotz Brexit - ein interessanter Markt. Prantl: „Dort leben viele Menschen aus Kulturen, bei denen Couscous und Bulgur fest im Speiseplan verankert sind.“

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Da man in diesem Geschäftsfeld internationaler aufgestellt sei als beim Grieß, der vor allem in Süddeutschland verkauft wird, trage das Segment auch zur Diversifizierung am Mannheimer Standort bei. Der sei zwar aktuell nicht voll, aber zufriedenstellend ausgelastet: „Wir produzieren an fünf Tagen pro Woche“, so Schüler.

Der Hartweizen soll häufiger aus Deutschland kommen

Bei GoodMills schaue man sich schon länger alle Prozesse an, um Kosten zu senken, auch Mannheim sei davon betroffen, sagt Deutschland-Chef Prantl. So wolle man durch verschiedene Digitalisierungsprojekte die Produktivität steigern. Ein Stellenabbau in der Hildebrandmühle - hier arbeiten rund 30 Menschen - sei aber nicht geplant. „Wir stehen hier bereits sehr schlank da“, sagt Prantl. Neue Wege geht die Mühle unterdessen auch bei der Gewinnung ihres wichtigsten Rohstoffs - des Hartweizens. Hier wollen die Mannheimer stärker auf heimische Produkte setzen und hoffen dabei auf Unterstützung durch die deutschen Bauern. „Wir versuchen, hiesige Landwirte zu motivieren, mehr Hartweizen anzubauen“, erklärt Deutschland-Chef Markus Prantl.

Bisher kommt der größte Teil des Hartweizens, der in Mannheim verarbeitet wird, aus dem Ausland - schlichtweg, weil der deutsche Markt den Bedarf nicht decken kann. „In Deutschland werden jährlich etwa 200 000 bis 240 000 Tonnen Durum angebaut. Der Bedarf auf dem gesamten deutschen Markt liegt aber bei bis zu 450 000 Tonnen im Jahr“, erklärt der scheidende Standortleiter Schüler.

Missernten sorgten für höhere Preise

In der Vergangenheit kam der Hartweizen für die Mannheimer Mühle deshalb teils von sehr weit her: unter anderem aus Kanada, dem größten Durum-Produzenten weltweit. Dort haben in den letzten zwei Jahren allerdings Dürren zu erheblichen Missernten geführt. Das Angebot fiel deutlich geringer aus, die Preise explodierten. „Wir decken unseren Bedarf deshalb inzwischen stärker aus Osteuropa ab, beispielsweise aus Ungarn“, sagt Schüler. Auch Frankreich sei ein wichtiger Lieferant.

Mehr zum Thema

Konjunktur

Was Unternehmen in Mannheim und der Region am meisten Sorgen macht

Veröffentlicht
Von
Tatjana Junker
Mehr erfahren
Logistik

Wie sich der Mannheimer Hafen im vergangenen Jahr entwickelt hat

Veröffentlicht
Von
Christian Schall
Mehr erfahren
Waldhof

Wie es mit der alten Spiegelfabrik auf dem Waldhof weitergeht

Veröffentlicht
Von
Luzie Frädrich
Mehr erfahren

Am liebsten würde GoodMills aber mehr Durum aus Deutschland beziehen - und das nicht nur, um die Versorgung weiter abzusichern. „Auch von der Logistik her macht es natürlich einen Unterschied, ob der Hartweizen aus Süddeutschland kommt oder aus Kanada. Außerdem ist es in puncto Qualität vorteilhaft, wenn wir näher an den Erzeugern sind“, sagt Prantl.

Klimawandel verbessert Anbaubedingungen

Um den deutschen Bauern den Durum-Anbau schmackhafter zu machen, ist seit August 2023 extra ein Mitarbeiter bei der Mannheimer Hildebrandmühle angestellt. Er sei selbst Landwirt und könne interessierte Erzeuger entsprechend beraten. „Ein Vorteil für die Landwirte ist: Sie wissen, dass sie mit uns gleich einen Abnehmer für den Hartweizen haben“, sagt Schüler.

Gleichzeitig trage der Klimawandel - und die dadurch steigenden Temperaturen - dazu bei, dass die Bedingungen für den Anbau in hiesigen Gefilden besser würden. „Durum mag es eher warm. Bisher waren deshalb Italien, Spanien und die Maghreb-Staaten wichtige Anbauländer. Dort wird es inzwischen aber teilweise zu heiß.“

Redaktion Wirtschaftsreporterin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke