Werden beim Heidelberger Unternehmen Prominent Betriebsräte gemobbt?

Ein Streitfall zwischen einem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber endet mit einer Einigung. Derweil erhebt die IG Metall schwere Vorwürfe

Von 
Stefanie Ball
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Der Stammsitz von Prominent in Heidelberg. © Philipp Rothe

Heidelberg/Mannheim. Im Streit zwischen einem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und der Firma, dem Heidelberger Dosierpumpenhersteller Prominent, scheint es auf eine außergerichtliche Einigung hinauszulaufen. Wie ein Sprecher des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg bestätigte, haben sich beide Seiten am vergangenen Freitag im Rahmen eines sogenannten Güterichterverfahrens zusammengesetzt. Wegen der Mitteilung der Parteien, dass sich eine Einigung abzeichne, hat das Landesarbeitsgericht den Berufungstermin am 18. Oktober vor der Mannheimer Kammer des Landesarbeitsgerichts aufgehoben. Der betroffene Ex-Betriebsratsvorsitzende bestätigt, dass es zu einer Einigung gekommen sei. Zum Inhalt der Vereinbarung äußerte er sich nicht; Güterichterverfahren werden regelmäßig vertraulich durchgeführt, bestätigt der Gerichtssprecher. Sie würden auch nur dann durchgeführt, wenn beide Parteien es beantragen. Güterichter ist dabei nicht der für das Berufungsverfahren an sich zuständige Richter.

 Was war passiert?

Das Unternehmen Prominent hatte, wie bereits mehrfach berichtet, einem Betriebsratsmitglied im Frühjahr 2022 fristlos gekündigt, nachdem sich dieses auf Facebook angeblich abschätzig über die Firma und andere Betriebsräte geäußert haben soll. Der betroffene Mitarbeiter, der betonte, er habe nie jemanden beleidigen wollen, klagte daraufhin vor dem Arbeitsgericht. Das Gericht entschied im Dezember vergangenen Jahres, dass eine fristlose Kündigung „an sich“ zwar berechtigt sei. Denn Begriffe wie „verachtenswerte Kreaturen und Schergen“, mit denen der betroffene Betriebsrat neu gewählte Mitglieder des Gremiums auf Facebook tituliert haben soll, seien von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Gleichwohl wäre es dem Arbeitgeber zumutbar gewesen, den Mann bis zu einer ordentlichen Kündigung weiterzubeschäftigen. Die Posts seien nach wenigen Stunden wieder gelöscht worden, offenbar handele es sich um eine spontane, unüberlegte Reaktion. Das Unternehmen hätte dem Mann, der seit 2001 als Ingenieur für Wasseraufbereitung bei Prominent beschäftigt ist, allenfalls ordentlich kündigen können – was aber nicht möglich sei, da der Betroffene Mitglied im Betriebsrat ist. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hatte die Prominent Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt.

 Die Sache mit dem Arbeitgeberpräsidenten

Der Streit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat schwelt schon länger, und immer wieder – nicht nur in diesem einen Fall – fanden sich beide Seiten wegen diverser Zwistigkeiten vor Gericht wieder. Dabei sind die Vorgänge bei der Prominent nicht nur pikant, weil ausgerechnet der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger Mitglied der Geschäftsführung ist. Die IG Metall sieht dahinter auch System.

Drohungen, Abmahnungen und Abfindungsangebote

In einem Beitrag, der online auf der Website der Gewerkschaft erschienen ist, spricht die IG Metall unter Bezug auf Aussagen von Beschäftigen bei Prominent von „Betriebsratsmobbing“. Danach seien bereits fünf Betriebsräte weg, sieben weitere stünden auf einer „Abschussliste“. Wie es weiter heißt, berichten Beschäftigte und Betriebsräte von Drohungen, Abmahnungen und Abfindungsangeboten. „Wir sehen in den Vorfällen bei Prominent einen klaren Fall von Union Busting, dem systematischen Fertigmachen von gewählten gesetzlichen Mandatsträgern“, betont Dirk Erb vom Gewerkschaftsvorstand. Arbeitnehmerrechte, insbesondere das Betriebsverfassungsgesetz würden bewusst missachtet mit dem Ziel, die Interessen des Arbeitgebers ungehindert gegenüber den Beschäftigten durchzusetzen. „Dabei gehört es zur auf Schulungen und in Fachbüchern gelehrten Strategie von Union Bustern, gesetzlich geschützte Betriebsräte zu isolieren, sie psychisch in die Enge zu treiben und zu Fehlern zu provozieren.“ Der Begriff Union Busting stammt aus dem Amerikanischen und meint die Unterdrückung und Sabotage von Arbeitnehmervertretungen.

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Nach Aussage von Dirk Erb war Michael Benedikt Nagel vor seiner Einstellung bei Prominent als Rechtsanwalt bei der Kanzlei Hogan Lovells beschäftigt; diese sei als Union Buster bekannt und habe bereits in vielen Unternehmen die Bekämpfung von Betriebsräten betrieben. Nagel ist neben Andreas Dulger, dem Bruder des Arbeitgeberpräsidenten Rainer Dulger, Mitglied der Geschäftsführung. Das Unternehmen hatte der Vater der Dulger-Brüder, Viktor Dulger, 1960 gegründet. Andreas Dulger gehören 52 Prozent von Prominent, Rainer Dulger 48 Prozent.

 Auch Günter Wallraff in Fall eingeschaltet

Der Schriftsteller und Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hat sich ebenfalls in den Fall eingeschaltet. In einem offenen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil spricht er von „BR-Mobbing nach Drehbuch“. Der Fall unterstreiche die Notwendigkeit, Mobbing gegen Betriebsräte nicht mehr als Kavaliersdelikt zu behandeln. Die Bundesregierung müsse härtere Strafen gegen die Behinderung von Betriebsratsarbeit beschließen.

 Strafbefehl gegen Ex-Betriebsratschef beantragt

Derweil hat die Staatsanwaltschaft Mannheim nach mehrmonatigen Ermittlungen beim Amtsgericht Mannheim einen Strafbefehl gegen den Ex-Betriebsratschef beantragt. Ein Gerichtssprecher bestätigte dies, eine Richterin befinde sich aktuell in der Prüfung des Strafbefehls. Geschäftsführung und Mitarbeitende hatten wegen der Facebook-Posts, die sie als persönliche Beleidigung sahen, Anzeige erstattet. Der ehemalige Betriebsratschef betont auch hier, er habe keine Person beleidigen wollen.

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