Arbeitsrecht

Heidelberger Prominent: Streit um Facebook-Post geht weiter

Hat der frühere Betriebsratsvorsitzende des Heidelberger Dosierpumpenherstellers Prominent Kollegen in einem Facebook-Post beleidigt? Ja, sagt das Unternehmen und hat den Mann deshalb rausgeworfen. Der hat die Vorwürfe nun vor dem Heidelberger Arbeitsgericht zurückgewiesen - und spricht von einem Missverständnis

Von 
Tatjana Junker
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Dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden wurde wegen eines aus Sicht des Unternehmens beleidigenden Beitrags in sozialen Medien gekündigt. © Philipp Rothe

Heidelberg. Der Streit um den fristlosen Rauswurf eines ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden beim Heidelberger Dosierpumpenhersteller Prominent zieht sich weiter in die Länge: Am Arbeitsgericht Heidelberg, vor dem der Mann derzeit gegen seine Kündigung klagt, geht der angesetzte Gütetermin am Donnerstagmorgen jedenfalls erst einmal ohne Einigung zu Ende. Einen Hoffnungsschimmer gibt es allerdings: Zum Schluss signalisieren beide Seiten zumindest die Bereitschaft, sich möglicherweise auf ein sogenanntes Güterichterverfahren einzulassen. Bei einem solchen Prozedere, das nicht-öffentlich stattfindet, versuchen speziell geschulte Richter, durch Mediation doch noch eine einvernehmliche Lösung mit den Parteien zu erarbeiten.

„Verachtenswerte Kreaturen“

„So ein Verfahren macht Sinn, wenn man denkt, es gibt eine Basis für eine Verständigung, weiß aber noch nicht, wie sie aussehen könnte“, erklärt die Vorsitzende Richterin zuvor bei dem Gütetermin. Dort sieht es zunächst allerdings erstmal nicht so aus, als ob es zwischen den Parteien noch eine Basis für Verständigung geben könnte: Der Mitarbeiter, der seit 2001 als Projektingenieur bei Prominent angestellt ist und von 2017 bis im Frühjahr 2022 Betriebsratsvorsitzender war, pocht auf seine Weiterbeschäftigung. Die Frage der Richterin, ob er bereit sei, über eine finanzielle Lösung - also eine Abfindung - zu sprechen, verneint sein Anwalt. Prominent lehnt eine Weiterbeschäftigung wiederum kategorisch ab. „Das Tischtuch ist zerschnitten“, sagt der Rechtsanwalt des Unternehmens, der an diesem Donnerstagmorgen gemeinsam mit Prominent-Geschäftsführer Michael Benedikt Nagel zum Gütetermin am Arbeitsgericht gekommen ist.

Das Unternehmen begründet die fristlose Kündigung mit einem privaten Facebook-Post, den der Mann unmittelbar nach der Betriebsratswahl bei Prominent im Frühjahr geteilt hatte. Darin habe er unter anderem Mitglieder einer bei der Betriebsratswahl konkurrierenden Liste, die am Ende die Mehrheit der Stimmen bekommen hatte, als „verachtenswerte Kreaturen“ bezeichnet. Auch von einem „Glückwunsch an die Schergen“ sei die Rede. „Das sind Beleidigungen, die schärfer nicht ausfallen könnten. Wenn sie keine fristlose Kündigung rechtfertigen, welche dann?“, argumentiert der Prominent-Anwalt.

Die verbale Attacke habe sich außerdem nicht gegen das Unternehmen als solches, sondern gegen Kollegen gerichtet - „da muss man als Arbeitgeber reagieren“. Wichtigste Aufgabe des Arbeitgebers Prominent sei es, „jetzt mal Ruhe in die Sache zu bringen“. Da sei allerdings kaum möglich, wenn der Mann weiter im Unternehmen arbeite. Der frühere Betriebsratsvorsitzende weist die Darstellung des Unternehmens unterdessen vehement zurück. Sein Facebook-Post habe sich überhaupt nicht auf Prominent und Beschäftigte des Unternehmens bezogen. Vielmehr sei es ihm um die allgemeine Beobachtung gegangen, dass in vielen Betrieben Arbeitnehmer durch das Management instrumentalisiert würden, um gegen ihre eigenen Kollegen zu agieren, erklärt der bisherige Arbeitnehmervertreter nach dem Gütetermin.

Entschuldigung nicht akzeptiert

Sein Rechtsanwalt weist vor Gericht zudem darauf hin, dass sich sein Mandant „für das Missverständnis, das entstanden sein könnte“, entschuldigt habe. „Wir bewegen uns hier außerdem im Bereich der Meinungsfreiheit und der Interessenabwägung“, erklärt der Jurist unter anderem mit Blick auf die lange Betriebszugehörigkeit des Mannes.

„Wenn Ihr Mandant behauptet, dass sich der Facebook-Post nicht auf die Geschehnisse bei Prominent bezieht, fühle ich mich persönlich für dumm verkauft“, entgegnet unterdessen der Anwalt des Unternehmens. Schließlich sei der Post unmittelbar nach der Betriebswahl veröffentlicht worden. Entsprechend sei auch die Entschuldigung des Mitarbeiters nicht glaubwürdig. „Das ist kein aufrichtiges Bedauern gegenüber den Kollegen, sondern geht eher ins Gegenteil, nach dem Motto: ’Wenn ihr alle nicht versteht, was ich meine, dann tut es mir leid“, so der Anwalt. Bei der Gegenseite wiederum stößt diese Interpretation auf wenig Verständnis. Sie schlägt vor, dass der Arbeitgeber, wenn ihm die bisherige Entschuldigung nicht genüge, stattdessen eine vorformulieren solle, die er als ausreichend erachte. „Das nehmen wir dann gerne mit“, so der Rechtsbeistand des gekündigten Mitarbeiters.

Ob der Streit nun in einem Güterichterverfahren doch noch friedlich beigelegt werden kann, bleibt abzuwarten. Ende Oktober steht erst einmal ein weiterer Prozesstermin am Arbeitsgericht Heidelberg an, der mit der Kündigung des Mannes zusammenhängt. Hier ist allerdings Prominent die Klägerin: Das Unternehmen hatte geklagt, nachdem der Betriebsrat der fristlosen Kündigung des ehemaligen Vorsitzenden zunächst nicht zugestimmt hatte. Das wiederum wäre nötig gewesen, weil der Mann nach der Wahl immer noch einfaches Mitglied des Gremiums war. Dadurch steht er unter besonderem Schutz.

Einige Zeit später - und nach einigen personellen Wechseln im Betriebsrat - stimmte das Gremium der Kündigung zwar doch noch zu. Der Gerichtstermin bleibt aber stehen, bis alle Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt haben. Das ist bisher nach Angaben des Gerichts nicht der Fall.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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