Mannheim. Wie stellt sich Hildegard Müller die Mobilität der Zukunft vor? Da muss die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) nicht lange überlegen: noch klimafreundlicher, noch digitaler. „Ich bin ein großer Fan des autonomen Fahrens, das bringt gerade für ländliche Regionen riesige Vorteile“, erklärt sie auf der Veranstaltung „Das Auto – der Deutschen liebstes Kind?“ des „Mannheimer Morgen“ und der m:con – mannheim:congress GmbH im Rosengarten. Die Moderation haben „MM“-Chefredakteur Karsten Kammholz und Projektredakteur Stephan Eisner übernommen.
Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen
Bis zum autonomen Fahren ist es noch weit. Die deutsche Autoindustrie plagen andere, gewaltige Sorgen. Erstmals seit 30 Jahren könnte es bei Volkswagen zu betriebsbedingten Kündigungen und Werksschließungen kommen. Kürzlich erst hat VW die seit 1994 geltende Beschäftigungssicherung formal aufgekündigt. Auch BMW erwartet deutlich niedrigere Gewinne. Möglicherweise ist das alles nur die Spitze des Eisbergs. Wo hakt es?
Zunächst: Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen und den hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Das lässt die Gewinne wegschmelzen. Viele Probleme sind aus Sicht von Müller hausgemacht. Deutschlands Autoindustrie leide unter schlechten Standortbedingungen, diese müssten dringend verbessert werden, erklärt sie. In der Europäischen Union gebe es zu viele Vorgaben, Verbotsdebatten und Regulierungen. „Gleichzeitig ist man nicht engagiert dabei, über Voraussetzungen für internationalen Wettbewerb zu sprechen.“ Und weiter: „Europa ist sich zu selbstsicher und zu selbstgewiss, während sich Handels- und Wirtschaftsräume um uns herum entwickeln.“
Konkret auf die Probleme einzelner Hersteller geht die VDA-Präsidentin nicht ein. Dafür kritisiert sie grundsätzlich die hohen Arbeits- und Energiekosten hierzulande, zudem die Steuer- und Abgabenbelastung. Dadurch seien Arbeitsplätze in der Industrie gefährdet, auch über Deutschland hinaus. Die Politik bekämpfe bisher nur Symptome und keine Ursachen.
Die schwere Krise kommt inmitten der „großen Transformation“, wie Müller sagt. Heißt: Die Automobilindustrie befindet sich in einem umfassenden Technologiewandel, der die etablierten Wertschöpfungsketten infrage stellt. In den nächsten vier Jahren investiert die Branche nach VDA-Angaben rund 280 Milliarden Euro in die Mobilität von morgen. Neue Ideen sind gefragter denn je. Für Müller ist am wichtigsten, dass man Unternehmen offen forschen und entwickeln lässt. Das Bekenntnis zu den Pariser Klimazielen bekräftigt sie. Ebenso, Verkehr gerade in Ballungsgebieten neu zu denken. Schon allein, weil am „Thema Auto“ Hunderttausende Arbeitsplätze hängen: bei den Herstellern selbst und bei unzähligen Zulieferern.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Dringlicher als weitere staatliche Förderungen für E-Autos – wie der zuletzt ausgelaufene Umweltbonus – ist aus Sicht von Müller der Ausbau von Ladesäulen. „Wir brauchen jetzt Vertrauen in die Infrastruktur“, sagt die 57-Jährige. Denn viele Menschen fragten sich, wo sie ihr Auto laden könnten. Müller gibt zu bedenken: Nicht jeder habe ein Einfamilienhaus mit Lademöglichkeiten oder einen Arbeitgeber, der das anbiete. Man erschließe nun weitere Kundengruppen, „die in Mietwohnungen leben, ohne eigene Solaranlage auf dem Dach“.
Erstmals wird der Alice-Bensheimer-Saal für ein Event genutzt
Zur Veranstaltung des „Mannheimer Morgen“ und der m:con im Rosengarten wird erstmals der neue Alice-Bensheimer-Saal genutzt – obwohl die Arbeiten noch nicht fertiggestellt sind. „Die Idee dafür kommt von meinem Team, denn wir wollen die Menschen sechs Monate vor der eigentlichen Eröffnung schon mit dem Saal in Berührung bringen“, sagt Bastian Fiedler aus der Geschäftsführung der m:con – mannheim:congress GmbH.
Die Namensgeberin, Frauenrechtlerin Alice Bensheimer (1864–1935), gründete 1896 in Mannheim den „Frauenbund Caritas“. Passend dazu soll der Saal am 8. März 2025, dem Weltfrauentag, eingeweiht werden. Übrigens war auch Auto-Pionierin Bertha Benz als Namensgeberin im Rennen. Das hätte zur Veranstaltung mit der VDA-Präsidentin ebenfalls gut gepasst.
Yvonne Wenzel, Geschäftsführerin von HAAS Media, hebt hervor: „Wir sind heute die Ersten, die hier sein dürfen.“ Umbruch, Neubau, Umgestaltung – was gerade im Alice-Bensheimer-Saal passiere, könne auch sinnbildlich für die Medienwelt und die Autoindustrie verstanden werden.
Bezogen auf den neuen Saal scherzt Hildegard Müller: „In Berlin wäre das am 8. März nie fertig.“ Auch nach der „offiziellen“ Fragerunde steht sie Gästen Rede und Antwort, macht gemeinsame Fotos – und verlässt Mannheim noch am Abend in Richtung Hauptstadt, wo sich die VDA-Zentrale befindet. Wichtige Termine stehen an. Über die deutsche Autoindustrie gibt es viel zu bereden in diesen Tagen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-was-vda-praesidentin-hildegard-mueller-ueber-das-kriselnde-autoland-sagt-_arid,2242026.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-vda-praesidentin-mueller-autoindustrie-leidet-unter-standortbedingungen-_arid,2241837.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html