"MM"-Veranstaltung (mit Fotostrecke)

VDA-Präsidentin Müller: Autoindustrie leidet unter Standortbedingungen

Die deutsche Vorzeigeindustrie steckt in der Krise, die Stimmung der Autohersteller ist schlecht. Doch wie ernst ist die Lage? Was VDA-Präsidentin Hildegard Müller im Mannheimer Rosengarten dazu sagt

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Alexander Jungert
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Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf der "MM"-Veranstaltung im Congress Center Rosengarten. © Christoph Blüthner

Mannheim. Deutschlands Autoindustrie leidet aus Sicht von Hildegard Müller immer mehr unter schlechten Standortbedingungen. Diese müssten dringend verbessert werden, sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) bei der Veranstaltung „Das Auto – der Deutschen liebstes Kind?“ des „Mannheimer Morgen“ und der m:con – mannheim:congress GmbH im Rosengarten, moderiert von „MM“-Chefredakteur Karsten Kammholz und Projektredakteur Stephan Eisner.

Zwar sei man in Fragen von Innovationskraft, von neuen Antrieben und vom Auto der Zukunft vorne mit dabei, sagte Müller. Allerdings schränkte sie ein: „Vieles von dem, was wir gerade erleben, sind hausgemachte Probleme.“

In der EU gebe es zu viele Vorgaben, Verbotsdebatten und Regulierungen. „Gleichzeitig ist man nicht engagiert dabei, über Voraussetzungen für internationalen Wettbewerb zu sprechen.“

Europa ist sich zu selbstsicher und zu selbstgewiss, während sich Handels- und Wirtschaftsräume um uns herum entwickeln

Müller kritisierte die hohen Arbeits- und Energiekosten hierzulande, zudem die Steuer- und Abgabenbelastung. Dadurch seien Arbeitsplätze in der Industrie gefährdet, auch über Deutschland hinaus. Die Politik bekämpfe bisher nur Symptome und keine Ursachen. „Europa ist sich zu selbstsicher und zu selbstgewiss, während sich Handels- und Wirtschaftsräume um uns herum entwickeln“, erklärte Müller. Dabei sei der Zugang zu internationalen Märkten wichtig, um die Transformation der heimischen Industrie – mehr Klimafreundlichkeit, mehr Digitalisierung – zu finanzieren.

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Die angestammten Märkte in Europa und Nordamerika schrumpfen. Gleichzeitig gibt es hohe Zuwächse in China und Indien – die immer öfter von örtlichen Konkurrenten bedient werden. Das alte Geschäftsmodell mit billiger Energie und leicht zugänglichen großen Exportmärkten funktioniert nicht mehr. Tatsächlich mehren sich die schlechten Nachrichten aus der deutschen Autoindustrie: Volkswagen hatte Anfang September angekündigt, den Sparkurs bei der Kernmarke VW deutlich zu verschärfen. Betriebsbedingte Kündigungen und auch Werksschließungen werden nicht länger ausgeschlossen. Die seit 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung wurde aufgekündigt. Auch BMW hat seine Absatz- und Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gesenkt. Insgesamt liegt die deutsche Industrieproduktion viereinhalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie immer noch zehn Prozent hinter Vor-Corona-Niveau.

Müller hält das geplante Verbrenner-Aus für falsch

Dass laut EU-Plänen neue Verbrenner, die Diesel oder Benzin tanken, in Europa ab 2035 nicht mehr zugelassen werden sollen, sieht die VDA-Präsidentin skeptisch. „Das führt dazu, dass wir einen einseitigen technologischen Weg gehen“, sagte Müller. „Ich halte es für falsch.“ Anstatt Unternehmen vorzuschreiben, welche Technologien sie entwickeln, solle die Politik lieber bessere Rahmenbedingungen setzen.

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Müller hob hervor, dass die Branche die klimaneutrale Mobilität ermöglichen wolle. Dringlicher als weitere Subventionen für E-Autos – wie der jüngst ausgelaufene Umweltbonus – ist aus ihrer Sicht der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Denn Verbraucherinnen und Verbraucher stellten sich die konkrete Frage, wo sie ihr Auto laden könnten. Nicht jeder habe ein Einfamilienhaus mit Lademöglichkeiten oder einen Arbeitgeber, der das anbiete. Müller erklärte, die momentane Kaufzurückhaltung habe auch viel mit der Verunsicherung zu tun, wie eine Technologie nutzbar sei und wie sie sich weiter entwickle.

Insgesamt aber müsse man sich mit den Standortfaktoren befassen. In Deutschland sei es derzeit nicht möglich, ein gutes und volksnahes Elektroauto für 15 000 Euro bauen. „Im internationalen Wettbewerb machen wir immer weniger unsere Hausaufgaben“, bekräftigte Müller.

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Christian Schall und Stephan Eisner
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Die 57-Jährige, ehemalige CDU-Politikerin und frühere Staatsministerin im Bundeskanzleramt, steht seit 2020 an der Spitze des VDA. Im April wurde ihr Vertrag bis zum Jahr 2030 verlängert. Der Verband der Automobilindustrie vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von mehr als 650 Herstellern und Zulieferern.

Zur Veranstaltung des „Mannheimer Morgen“ im Rosengarten wurde erstmals der neue Alice-Bensheimer-Saal genutzt – obwohl er sich noch im Bau befindet. „Die Idee dafür kommt aus meinem Team heraus, denn wir wollen die Menschen sechs Monate vor der eigentlichen Eröffnung schon mit dem Saal in Berührung bringen“, sagte Bastian Fiedler aus der Geschäftsführung der m:con - mannheim:congress GmbH.

Auch Yvonne Wenzel, Geschäftsführerin von HAAS Media, hob hervor: „Wir sind heute die ersten, die hier sein dürfen.“ Umbruch, Neubau, Umgestaltung – was gerade im Alice-Bensheimer-Saal passiere, könne auch sinnbildlich für die Medienwelt und die Autoindustrie verstanden werden.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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