Mannheim. Ein Kunde aus dem Enzkreis, nennen wir ihn N., hat im Jahr 2022 in Mannheim einen Tesla Model Y „Long Range“ für 60 000 Euro gekauft. Die angegebene Reichweite für das Elektroauto: 533 Kilometer. Allerdings ist N. enttäuscht. Der Tesla schaffe die Reichweite nicht einmal annähernd, sagt Alexander Lang. Er ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Steinbock & Partner aus Würzburg und vertritt N.
Tesla hat etwas vergessen
An diesem Freitag will Lang am Landgericht Mannheim Klage auf Rückabwicklung einreichen. Das heißt: Tesla soll das Auto zurücknehmen und N. den vollen Kaufpreis erstatten. Aber den Wagen nach so langer Zeit zurückgeben - geht das überhaupt? Womöglich ja.
Denn Tesla hat etwas vergessen. Nämlich die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung. Das klingt erstmal nach einem vermeintlich kleinen Fehler. Doch die Angabe der Telefonnummer ist nach europäischer Verbraucherrechte-Richtlinie sowie deren Umsetzung in Deutschland verpflichtend.
Für Lang hat Tesla gegen das Gesetz verstoßen. „Nach unseren Erkenntnissen waren bei etwa 75 000 verkauften Tesla im Zeitraum zwischen 28. Mai 2022 und April 2023 die Widerrufsbelehrungen falsch, da keine Telefonnummer angegeben war“, heißt es auf der Internetseite der Kanzlei. Kunden sei damit die Möglichkeit des mündlichen Widerrufs verwehrt gewesen. Und das wäre nicht rechtens.
Mehr als 200 Anfragen
Daraus folgt, dass Kundinnen und Kunden von Tesla die Möglichkeit haben, ihr Widerrufsrecht bis zu einem Jahr und 14 Tage nach Erhalt des Fahrzeugs geltend zu machen. Zumindest nach Überzeugung von Steinbock & Partner und anderer Kanzleien quer durch die Republik. Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht das grundsätzlich so. Normalerweise beträgt die gesetzliche Widerrufsfrist nur 14 Tage. Sie läuft jeweils ab dem Tag der Auslieferung des Fahrzeugs und nicht beim Abschluss des Kaufvertrags.
Allein bei Steinbock & Partner hätten sich schon mehr als 200 Kundinnen und Kunden von Tesla gemeldet, sagt Lang. Insgesamt will er an diesem Freitag vier Klagen auf elektronischem Wege einreichen: zwei am Landgericht Regensburg, eine Klage am Landgericht München - und eine am Landgericht Mannheim. Drei Mal geht es um das Model Y, ein Mal um das Model 3. Der Rechtsanwalt rechnet damit, dass die Klage in Mannheim Ende dieses Jahres oder Anfang 2024 verhandelt werden könnte. Nötig sei der Schritt geworden, weil es von Tesla bislang keinerlei Reaktion auf Anwaltsschreiben gegeben habe, erklärt Lang. Auch auf eine Anfrage dieser Redaktion reagierte der US-Autohersteller um Gründer Elon Musk zunächst nicht.
So wie N. geht es offensichtlich vielen Tesla-Fahrern hierzulande. Sie monieren fehlende Ultraschallsensoren, Phantombremsungen oder eben mutmaßlich falsche Angaben zur Reichweite. Der Verkauf eines gebrauchten Teslas ist eine schlechte Option, da Neuwagen des Herstellers zuletzt immer günstiger geworden sind. Entsprechend weniger wert ist ein Gebrauchter. Mit der fehlerhaften Widerrufsbelehrung und der damit verlängerten Frist ist nach Ansicht von Lang eine „elegante Lösung“ gefunden worden, wie Kunden ihr Auto auch lange nach Erhalt zurückgeben könnten.
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