Mannheim. Vor Monaten schon hat Bilfinger-Chef Thomas Schulz (kleines Bild) angekündigt, dass er den Konzern effizienter machen - und deshalb Stellen in der Verwaltung streichen will. Für die Mannheimer Konzernzentrale war erstmal nur klar, dass es sie besonders treffen würde. Schließlich sind gerade in einer Zentrale viele Verwaltungsbereiche angesiedelt. Nach langen Wochen der Spekulationen und Sorge um den Standort Mannheim, gibt es jetzt endlich Details. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie schlimm trifft der Stellenabbau nun Mannheim?
Es ist nicht der befürchtete Kahlschlag am Standort Mannheim, aber doch ein harter Schnitt: Um 30 Prozent wird die Belegschaft in der Bilfinger Hauptverwaltung schrumpfen. Diesen 30 Prozent-Wert hat der Konzern weltweit in seinen Verwaltungsbereichen angelegt. Für Mannheim bedeutet das: Bis zum Jahresende könnten in der Hauptverwaltung nur noch 150 bis 160 Beschäftigte arbeiten. Das entspricht einem Minus von 50 bis 60 Mitarbeitenden gegenüber dem Jahresende 2021. Das ist aber nur ein ungefährer Wert. Ganz genaue Zahlen sind schwierig, weil in der Mannheimer Zentrale nicht nur Verwaltung, sondern auch operative Bereiche ansässig sind - die nicht von der Streichung betroffen sind. Aktuell arbeiten noch 178 Menschen in der Zentrale, rund 900 in der Metropolregion.
Was steckt hinter dem Jobabbau?
Ein Effizienzprogramm des Vorstandsvorsitzenden Thomas Schulz. Im November 2022 hat er seine neue Strategie verkündet. Er will, dass der Industrie-Dienstleister für seine Kunden die Nummer Eins wird, wenn es um Effizienz und Nachhaltigkeit geht. Im Zuge dieser Strategie hat er das Effizienzprogramm ausgerufen. Es soll den Konzern schlagkräftiger, schlanker und innovativer machen. 55 Millionen Euro im Jahr ab Ende 2023 sollen dabei eingespart werden. „Das Effizienzprogramm liegt im Plan“, betonte Schulz am Montag. „Es wird ab 2024 seine volle Wirkung entfalten.“ Bis Jahresende sollen weltweit 750 Verwaltungsstellen abgebaut werden, 450 sind es zum Ende des dritten Quartals. Ein Viertel des eingesparten Geldes soll künftig in die Aus- und Weiterbildung fließen.
Gibt es Kündigungen in Mannheim?
Eine Sprecherin erklärte dazu: „Mit den betroffenen Mitarbeitern wird derzeit gesprochen.“ Diesen würden „Angebote mit einer Aufhebungsvereinbarung unterbreitet“. Weitere Details nennt Bilfinger dazu nicht, eine Anfrage an den Betriebsrat der Zentrale blieb unbeantwortet. Die Umsetzung des Programms hat laut Schulz in Deutschland länger gedauert als im Ausland. Aber jetzt stehen die entsprechenden Betriebsvereinbarungen. Aus Sicht von Schulz sind es „sehr gute Vereinbarungen“. Die einmaligen Kosten für das Effizienzprogramm beziffert er auf 62 Millionen Euro.
Was bedeutet die Schrumpfkur für den Stellenwert des Standorts Mannheim?
Auch wenn der Bilfinger-Chef sich zum Standort der Zentrale und zu der Metropolregion bekennt, ist es doch ein weiteres Stück Bedeutungsverlust für Mannheim. Vor einigen Jahren war die Hauptverwaltung personell deutlich üppiger bestückt. 2015 waren es zum Beispiel noch 330 Beschäftigte. Auch die Pläne für einen Neubau einer repräsentativen Zentrale sind längst wieder begraben. 2018 wurde ein neues funktionales Gebäude im Mannheimer Stadtteil Almenhof bezogen und auf zehn Jahre gemietet. Bilfinger war einige Jahre in einer schweren Krise, die Zentrale hat mehrere Sparrunden hinter sich.
Wie liefen die Geschäfte bei dem Industrie-Dienstleister im dritten Quartal?
So gut, dass sogar der Finanzchef Matti Jaekel nach eigener Aussage richtig „Spaß“ daran hatte. Umsatz, Betriebsergebnis (Ebita) und Konzernergebnis legten im dritten Quartal deutlich zu. Und das, obwohl Bilfinger in den USA umstrukturiert hat. Der Projektbereich in der Bauindustrie dort sei lange Zeit sehr verlustträchtig gewesen, erklärt Schulz. Deshalb habe man diesen Bereich zurückgefahren. Überhaupt will sich Bilfinger weltweit weniger stark im Projektgeschäft engagieren, lehnt also auch entsprechende Aufträge ab. Der Grund: Es ist deutlich risikoträchtiger als zum Beispiel langjährige Rahmenverträge zur Wartung von Anlagen.
Spürt Bilfinger die schwächelnde Konjunktur beim Auftragseingang?
Thomas Schulz spricht von einem „stabilen Auftragseingang“ vor allem in Europa - und abgesehen von dem selbstgewählten Rückgang in den USA. Er verweist auch auf einige Großaufträge im dritten Quartal. Der Dienstleister profitiert sowohl von der Wiederbelebung der Kernkraft in Europa, als auch vom Nachholbedarf der Öl- und Gasbranche sowie der ökologischen Transformation der Industrie. Da geht es etwa um Aufträge beim Bau von LNG-Terminals, um den Wasserstoff-Transport oder um Techniken zu Abscheidung von Kohlendioxid. Besonders freut sich Schulz darüber, dass Bilfinger erstmals in den baltischen Staaten einen Auftrag im Bereich Wasserkraft ergattert hat: In Litauen sind die Mannheimer beim Ausbau des Wasserkraftwerks Kruonis mit dabei, sie sind für den Bau von Druckrohrleitungen zuständig.
Wie sind die Aussichten in den nächsten Monaten?
Thomas Schulz sieht ein stabiles Marktumfeld in fast allen Regionen, in den der Konzern aktiv ist. Die Prognose für das laufende Jahr hat Bilfinger am Montag „natürlich“ bestätigt.
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