Mannheim. Jede vierte Wohnung in Deutschland wird noch mit Öl beheizt. Das sind rund 5,4 Millionen Haushalte. Und die Immobilienbesitzer stehen jedes Jahr vor der gleichen Frage: Wann ist der beste Zeitpunkt, um den Tank zu füllen? Leicht war diese Frage noch nie zu beantworten, aber in diesen unsicheren Zeiten scheint es besonders schwer – sogar für die Fachleute des in Mannheim ansässigen Verbands für Energiehandel Südwest-Mitte (VEH), wie sie bei ihrem Jahrespressegespräch am Mittwoch einräumten. Dennoch lautet die Empfehlung, die VEH-Vorsitzender Thomas Rundel den Kundinnen und Kunden gibt: „Lieber heute den Bedarf zu decken, so dass sie weit über die Heizsaison hinaus kommen.“
Rohöl teils 50 Prozent teurer
Nun ist der Rat eines Händlers natürlich immer mit etwas Vorsicht zu genießen. Doch Fakt ist, dass die Rohöl Börsenpreise nach einem turbulenten Jahr mit Steigerungen von teils mehr als 50 Prozent Anfang Dezember wieder ungefähr da gelandet sind, wo sie im Januar gestartet waren. Entsprechend sinken nach VEH-Angaben auch die Verbraucherpreise für Heizöl seit Mitte Oktober wieder.
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Pro 100 Liter werden hierzulande derzeit durchschnittlich rund 120 Euro fällig. Zu Jahresbeginn lag der Wert bei knapp 90 Euro. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und der daraus resultierenden Energiekrise war er zwischenzeitlich auf mehr als 200 Euro geklettert. Zum Vergleich: Im Sommer 2021 stieg der durchschnittliche Preis nie über 75 Euro.
„Wir müssen Kunden trösten“
„Wir sind konfrontiert mit der Kundenwahrnehmung der Preise“, berichtete Henrik Schäfer, Vize-Vorsitzender des VEH. „Wir müssen abfedern, beistehen, trösten. Wir müssen schauen, dass wir den Leuten wirtschaftliche Konzepte liefern, dass sie sich die Öllieferung auch leisten können.“ Vermehrte Zahlungsausfälle habe man bislang jedoch noch nicht feststellen müssen.
Eine andere Folge hatte die Preisrallye jedoch, wie Verbandsgeschäftsführer Hans-Jürgen Funke konstatierte: „Die Verbraucher haben geringere Durchschnittmengen gekauft.“ Mancher habe im vergangenen Jahr anstatt 3000 Liter eher 800 oder 1200 bestellt. So erwartet der Verband auch, dass nach dem Einbruch vom vergangenen Jahr der Jahresabsatz an Heizöl 2022 erneut sinkt – auf 11 Millionen Tonnen. 2019 und 2020 waren jeweils noch mehr als 15 Millionen Tonnen verkauft worden.
Wie viel es im kommenden Jahr sein werden, dürfte auch vom Preis abhängen. Doch wie wird der sich entwickeln? Da sind selbst die Experten mit einer Prognose zurückhaltend, weil es so viele offene Fragen gibt: Welchen Kurs fährt China bei der Anti-Corona-Politik, die die wirtschaftliche Entwicklung dort maßgeblich beeinflusst? Wie hoch wird also der Ölbedarf dieses entscheidenden Taktgebers sein? Welche Auswirkungen ergeben sich durch das EU-Embargo gegenüber Russland? Und wie gehen die USA mit ihren Ölreserven um? „Es gibt so viele Unbekannte, die es schwer machen zu sagen, wo es lang geht“, sagt VEH-Vorsitzender Rundel.
Boom bei Öl-Heizungen
Etwas Hoffnung kann die Branche aus dem Umstand schöpfen, dass nach Verbandsangaben in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 18 Prozent mehr Ölheizungen als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum verkauft worden sind, nämlich rund 45 000. Bei Gasheizungen hat es zwar einen Einbruch um knapp 10 Prozent gegeben. Dennoch bleiben sie mit einem Absatz von mehr als 500 000 Stück der gefragteste Wärmeerzeuger. Auf Platz zwei rangiert hier mit einem Zuwachs von mehr als 40 Prozent auf fast 185 000 die Wärmepumpe.
Gegenüber solchen anderen Heizungsmethoden fühlen sich die vereinigten Energiehändler benachteiligt, weil der Staat ihrer Meinung nach für ihre Klienten keine mit den Gas- und Wärmepreisbremsen vergleichbaren Entlastungspakete schnüren will: „Wir sehen es als Ungleichbehandlung an“, betonte Geschäftsführer Funke und forderte Nachbesserungen: „Wir haben Kunden, die ähnlich stark belastet sind.“
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