Walldorf. Im Schneidersitz, zwischen herabfallendem Konfetti, hält Cawa Younosi seine Hände wie zum Gebet. Etwas nachdenklich schaut er zur Seite, als frage er sich: Was kommt jetzt?
Dieses Foto von sich hat Younosi, bis vor Kurzem noch Personalchef von SAP Deutschland, auf Linkedin seinen fast 100 000 Followern gepostet. Darüber stehen persönliche Worte: „Schließlich darf ich mit gemischten Gefühlen verkünden, dass ich mich nach mehr als 14 Jahren und langen, gründlichen Überlegungen entschlossen habe, SAP zu verlassen und andere Möglichkeiten außerhalb des Unternehmens zu verfolgen.“ Und weiter: „Es war eine wunderbare Reise, und ich möchte mich von ganzem Herzen bei all den wunderbaren Menschen bedanken, die Teil meines Berufslebens waren (...) und die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.“
Plötzlicher Abschied von SAP: Personalchef Cawa Younosi geht
Was ist passiert? Warum der plötzliche Abschied? Und was bedeutet „mit gemischten Gefühlen“? Laut „Manager Magazin“ hat Younosi, 48, schon in dieser Woche einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. So soll es zuvor über Monate, nach Meldungen an ein Whistleblower-Portal, eine interne Untersuchung über sein „Managementverhalten“ gegeben haben.

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Bedeutet konkret: aggressives Verhalten, Einschüchterung und Rufschädigung von Beschäftigten. Einige Angestellte hätten SAP sogar wegen ihm verlassen. Das Magazin beruft sich dabei auf Informationen von Insidern. Younosi soll zuletzt freigestellt gewesen sein. Zu dem Bericht äußert sich der Manager nicht.
Seit 2018 war Younosi Personalchef von SAP Deutschland und damit verantwortlich für rund 24 000 Beschäftigte. Er zählt zu den bekanntesten Personalmanagern Deutschlands – und hat bei SAP beispielsweise Führungspositionen in Teilzeit eingeführt oder die „Partnerzeit*“: Frischgebackene Väter bei SAP bekommen künftig ab der Geburt des Kindes sechs Wochen Sonderurlaub mit vollem Lohnanspruch. So sollen sie von Anfang an mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und die Familie unterstützen.
Cawa Younosi verlässt SAP: Bedauern beim Betriebsratschef
Die Überzeugung: Nur zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen gerne zur Arbeit. „Unser Ziel ist, dass die Beschäftigten sagen: Was ich bei SAP bekomme, bekomme ich woanders nicht. Es geht um die Unternehmenskultur“, hat er einmal gesagt. Die Unternehmenskultur solle zudem helfen, junge Talente anzulocken und zu halten.
„Ich bedauere den Abgang von Cawa Younosi. Wir hatten immer wieder harte Auseinandersetzungen. Aber er war immer einer, der auch einen Kompass hat“, erklärt Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE. Laut einem SAP-Sprecher wird Traci Hughes, im Konzern „Head of Global People Success Services“, Younosis Posten interimsmäßig übernehmen. Sie war bisher seine Vorgesetzte.
Cawa Younosi: Personalchef von SAP kam als Flüchtling nach Deutschland
Der Lebenslauf von Younosi ist alles andere als gewöhnlich. Der Manager stammt aus Afghanistan. Als Jugendlicher flüchtete er aus seiner Heimatstadt Kabul. Irgendwann setzte ihn sein Vater in ein Flugzeug nach Deutschland. Er schlug sich durch in der Schule und auch später. Während des Jura-Studiums in Bonn jobbte Younosi als Kellner, Handyverkäufer und Kioskbesitzer. Seine Karriere startete er als Arbeitsrechtler bei der Deutschen Telekom. 2009 folgte der Wechsel zu SAP in unterschiedliche Positionen, für Younosi ging es nur nach oben. Eine Geschichte wie aus einem Film.
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Nach der Personalverantwortung für Deutschland kam 2022 eine globale Führungsrolle hinzu. Zuletzt unterstellte ihm das Top-Management noch die Compliance-Abteilung für Personalsachen. Eines aber blieb dem 48-Jährigen verwehrt: in den Vorstand von Europas größtem Softwarekonzern einzuziehen.
Als Arbeitsdirektorin Sabine Bendiek im Frühjahr ihren Abschied angekündigt hatte, kam vielen in Walldorf Younosi als möglicher Nachfolger in den Sinn. Auch er selbst soll Ambitionen gehabt und sich beworben haben.
Laut „Manager Magazin“ sagte ihm der Aufsichtsrat unter Vorsitz von SAP-Mitgründer Hasso Plattner allerdings ab – und entschied sich stattdessen für die Siemens-Energy-Managerin Gina Vargiu-Breuer. Nach der Einschätzung eines Insiders, mit dem diese Redaktion Kontakt hat, hätte SAP-Konzernchef Christian Klein niemals eine Person im Vorstand akzeptiert, die medial so emsig unterwegs ist wie Younosi.
Auf Linkedin hat Cawa Younosi sich schon von SAP verabschiedet
Auf Younosis Linkedin-Profil steht schon „Ex-SAP“. Unter seiner Nachricht haben bis zum frühen Freitagabend 541 Menschen kommentiert. Eine Führungskräfte-Beraterin schreibt: „Wow, heute ist nicht der 1. April, oder?! (. . .) Mensch, ich wünsch Dir von Herzen alles Gute bei dem, was nun kommen wird! Es wird bestimmt toll werden.“
Younosi selbst glaubt das offensichtlich auch. Sein Eintrag endet mit den Worten: „Und was kommt jetzt? Nach einer kurzen Pause bin ich gespannt auf all die spannenden neuen Möglichkeiten (. . .) Welches Unternehmen traut sich? ;-) (. . .) Das beste kommt erst noch. Und das ist aufregend!“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Cawa Younosis Abschied bei SAP ist ein Beben in Walldorf