Walldorf. Der Europäische Betriebsrat kritisiert den kontinuierlichen Stellenabbau bei SAP heftig. Die Maßnahmen scheinen sich eher auf kurzfristige finanzielle Ziele als auf eine strategische Transformation auszurichten, heißt es in einem internen Schreiben des Gremiums an die Belegschaft, das dieser Redaktion vorliegt. „Die mangelnde Klarheit“ verstärke die Bedenken noch weiter.
„Wir befürchten, dass diese Entscheidungen zu langfristigen Schäden führen könnten – sowohl zum Verlust von Talenten als auch zu einem Rückgang des Kundenvertrauens“, schreibt Betriebsratsvorsitzender Andreas Hahn weiter. „Der derzeitige Mangel an transparenter und klarer Kommunikation schafft Unsicherheit, was die Effizienz der Organisation mindert und das Vertrauen in den Vorstand untergräbt.“
SAP-Finanzchef Dominik Asam: „Wie Zähneputzen“
Das Management plant eine „kontinuierliche Anpassung“ der Belegschaft, jährlich sollen ein bis zwei Prozent der Jobs entfallen. Bei weltweit aktuell 109.000 Beschäftigten also bis zu 2.200 Stellen. Vorstandsvorsitzender Christian Klein und Finanzchef Dominik Asam hatten die Einschnitte bereits im Juli auf der Pressekonferenz zum zweiten Quartal angekündigt. Mit dem permanenten Stellenabbau wolle man vermeiden, „von Zeit zu Zeit eine große Umstrukturierung vornehmen (zu) müssen“, sagte Asam. Man wolle sich lieber „kontinuierlich anpassen“.
In der Belegschaft weniger gut angekommen ist offenbar Asams Anmerkung, das alles sei „wie Zähneputzen“, also Routine und „nichts Besonderes“. Mittlerweile soll sich der Finanzchef laut „Handelsblatt“ dafür entschuldigt haben.
Auf die Kritik des Europäischen Betriebsrats geht SAP nicht konkret ein. Der Softwarekonzern teilt auf Anfrage grundsätzlich mit: „Während unsere Branche eine tiefgreifende, von KI und Cloud angetriebene Transformation durchläuft, konzentrieren wir uns auf die kontinuierliche Optimierung unserer Prozesse und Strukturen sowie auf strategische Investitionen in künftige Fähigkeiten.“ Man werde gezielt in Weiterbildung investieren und Jobs in „kritischen Wachstumsbereichen“ schaffen.
Wie zu hören ist, fragen sich in Walldorf viele: Nach welchen Kriterien wählt das Management die Stellen aus, die entfallen sollen? Welche Rolle spielt dabei das neue „Perfomance Management“, das Beschäftigte in bestimmte Leistungskategorien einteilt?
In Deutschland gilt bis 2026 eine Beschäftigungssicherung, der Konzern dürfte also seine bewährten – und durchaus finanziell attraktiven – Abfindungsprogramme nutzen. Von daher ist zu erwarten, dass die Folgen für die hiesige Belegschaft im Vergleich zu anderen Ländern eher glimpflich ausfallen werden.
SAP-Arbeitnehmervertreter: Beschäftigungssicherung über 2026 hinaus verlängern
„Die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland wird es in diesem Jahr nicht so hart erwischen. Die Zahlen sind noch nach unten korrigiert worden“, erklärt Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE. Allerdings hebt er auch er hervor: „Eine wirklich strategische Ausrichtung ist für uns nicht zu erkennen.“ Für Schick ist es nun wichtig, dass die Beschäftigungssicherung über das Jahr 2026 hinaus verlängert wird.
Mit dem „Transformationsprogramm“ ist bereits ein Abbau von etwa 10.000 Stellen weltweit einhergegangen. Das Versprechen, Jobs in Wachstumsfeldern wie Künstlicher Intelligenz (KI) zu schaffen, hat Klein jedenfalls gehalten: SAP zählt weltweit mittlerweile mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als vor dem großen Abbauprogramm. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass viele Jobs nicht in Deutschland entstehen, sondern in Indien.
Der Europäische Betriebsrat jedenfalls will am Ball bleiben und das Management um Klein bewegen, „die Gründe für den Stellenabbau detaillierter und ausführlicher darzulegen“. Strategische Personalentscheidungen dürften nicht auf „routinemäßige Kostensenkungsmaßnahmen“ reduziert werden.
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