Walldorf/Mannheim. In der Affäre um mutmaßliche Mauscheleien bei der Arbeitszeit geht der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der SAP SE gerichtlich gegen seine Kündigung vor. Am Arbeitsgericht Mannheim sei eine Kündigungsschutzklage anhängig, teilt eine Sprecherin der Behörde mit. Einen Gütetermin gebe es voraussichtlich im August.
Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende soll einem Kollegen aus dem Gremium geholfen haben, falsche Angaben zur Arbeitszeit zu verschleiern. SAP beschuldigt ihn, „in mehrfacher Weise eine Aufklärung erschwert, Indiztatsachen unterdrückt und die Ermittlung der Wahrheit“ verhindert zu haben. So steht es in einem internen Dokument, das dieser Redaktion vorliegt. Der Betriebsrat der SAP SE stimmte einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung zu. Schon zuvor hatte der Mann seinen Posten als Vorsitzender des Gremiums niedergelegt.
Eine Kündigungsschutzklage bedeutet zunächst, dass ein Arbeitnehmer geltend machen will, dass seine Kündigung rechtsunwirksam ist. Es ist üblich, dass zunächst ein Gütetermin angesetzt wird. Dabei spielen die beiden Parteien den Fall rechtlich durch und loten die Chance für einen Vergleich aus. SAP kommentiert die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht nicht.
„Erschüttert“ über Verhalten
Nach wie vor ist der ehemalige Betriebsratsvorsitzende im Aufsichtsrat des Walldorfer Konzerns. Er hat über den Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV) ein Gewerkschaftsmandat, das unabhängig von seiner Anstellung bei SAP gilt. Der Softwarekonzern dürfte aber wegen der massiven Vorwürfe daran interessiert sein, dass jemand anderes in den Aufsichtsrat entsandt wird. In dem internen Dokument heißt es, die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden sei „unzumutbar“. Über sein Verhalten sei man „erschüttert“.
An diesem Donnerstag wählt der Betriebsrat der SAP SE eine neue Spitze. Derzeit ist Nathalie Boulay kommissarische Vorsitzende. Aus Walldorf ist zu hören, dass Klaus Merx erneut kandidieren will. Er führte das Gremium bereits zwischen den Jahren 2015 und 2018 an. Eine weitere Amtszeit würde allerdings nur bis zum Frühjahr dauern; dann stehen nämlich turnusgemäß Betriebsratswahlen an.
Der Kollege des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden hat das Unternehmen mittlerweile verlassen und sein Mandat im Aufsichtsrat abgegeben – „im gegenseitigen Einvernehmen“. Der Mann spielt zudem eine Rolle in einem Verfahren vor dem Heidelberger Landgericht (Az.: 2 O 17/16). Es geht um mögliche Manipulationen bei der SAP-Aufsichtsratswahl 2012. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen wegen versuchten Prozessbetrugs.
SAP hatte im Sommer 2019 schon einmal einem Betriebsratsmitglied außerordentlich gekündigt. Dieses soll über innerbetriebliche Rundschreiben Mitarbeiter diffamiert und den Betriebsfrieden gestört haben. Daraufhin klagte das Betriebsratsmitglied auf Wiedereinstellung, später einigten sich beide Seiten in einem Güteverfahren.
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