Software - Aktienkurs von SAP sackt nach Bekanntgabe der Prognose ab

Börse dämpft Cloud-Euphorie von SAP

Von 
Alexander Jungert
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SAP-Vorstandsvorsitzender Christian Klein bei der virtuellen Jahrespressekonferenz. © dpa

Walldorf. „2021 war ein Rekordjahr für SAP“, sagt der Vorstandsvorsitzende Christian Klein auf der virtuellen Jahrespressekonferenz. Hinter ihm das Logo und der Slogan „The best run“. Was so viel heißen soll wie: Mit Systemen von SAP laufen die Geschäftsprozesse von Unternehmen am besten.

Viele Kunden sind nach Angaben von Klein auf sogenannte Cloudsoftware umstiegen – also auf Programme, die über das Internet genutzt werden. „Wir sind zuversichtlich, dass sich die Cloud-Erlöse beschleunigen werden“, sagt er mit Blick auf das neue Jahr. Für SAP geht es auch darum, im Markt für Unternehmenssoftware nicht abgehängt zu werden. Cloudsoftware im Abo gilt als Zukunft der Branche und ist in weiten Teilen heute schon Standard.

Vom Erfolg überzeugt

Die Gunst der Kunden ist hart umkämpft. Vor allem die Konkurrenz aus den USA ist stark: Salesforce, Oracle, Microsoft. Zudem preschen immer mehr Start-ups vor. Und ausgerechnet der ehemalige SAP-Vorstandsvorsitzende Bill McDermott will mit ServiceNow Marktanteile gewinnen: Mit den Produkten auf seiner Cloudplattform sollen Firmen ihre Arbeitsabläufe optimieren und automatisieren. Genau in diesem Segment will auch der Walldorfer Konzern wachsen.

Klein gibt sich trotz des schwierigen Umfelds optimistisch. Auch dass so mancher Kunde noch mit dem Umstieg auf die Cloud zögert, bringt ihn nicht aus der Ruhe. Er ist überzeugt, die Kundschaft umfassend bedienen zu können. SAP habe ein breites, integriertes Portfolio; die Strategie greife.

Analysen erkennen die Fortschritte an. Auch die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) aus Walldorf erklärt, der Softwarehersteller bringe das Cloud-Geschäft voran. Gleichzeitig hebt sie hervor: „Die Software allein macht noch keine Transformation.“ Vom Umstieg in die Cloud seien Strategie, Kultur und Organisation eines Unternehmens betroffen. Man benötige nachhaltige Transformationskonzepte – auf der Partner- als auch auf der SAP-Seite.

Was Arbeitnehmervertreter zur Gehaltsrunde sagen

  • Nach Angaben von Cawa Younosi, Personalchef von SAP Deutschland, investiert der Softwarekonzern 2022 weltweit mehr in Mitarbeiter als jemals zuvor. Die gesamte Vergütung der Beschäftigten speist sich aus mehreren Töpfen: Grundgehalt, Boni, Aktienbeteiligungsprogramme sowie Prämien.
  • Bei der Vergütung richtet sich der Blick verstärkt auf Aktienbeteiligungen, je nach Programm kommt es in kürzeren Intervallen zur Auszahlung. Dieses Jahr gebe es ein Rekordbudget, erklärt Younosi. Über der Gehaltsrunde selbst steht ein Plus von rund drei Prozent (Vorjahr 1,2 Prozent). Arbeitnehmervertreter äußern sich dazu zurückhaltend. „Im Unterschied zu einer Tarifrunde muss die Gehaltsrunde bei SAP zwei Ziele erfüllen: Die Verschiebung des allgemeinen Vergütungsniveaus und die individuelle Entwicklung der einzelnen Mitarbeiter, die durch eine größere Erfahrung oder mehr Verantwortung begründet ist“, teilt Klaus Merx, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, mit. „Beides zusammen ist mit diesem eher bescheidenen Budget leider nicht zu erreichen. Die Verbesserung der aktienbasierten Komponenten kommt auch nur einem Teil der Belegschaft zugute.“ Die Beschäftigten hätten neben einer angemessenen Gehaltserhöhung auch einen Ausgleich für das vergangene Jahr erwartet, erklärt die IG Metall-Liste Pro Mitbestimmung. Das Ergebnis sei „sehr ernüchternd“, zumal es Spielraum für eine „kräftige Erhöhung“ gegeben habe.
  • SAP investiert in Summe weltweit mehr in die Mitarbeiter, diese Aussage des Managements erscheint zwar richtig“, so Dieter Mazic, Betriebsratsvorsitzender von SAP Deutschland. Doch habe auch er den Eindruck gewonnen, Mitarbeiter in Deutschland hätten sich „signifikant mehr“ bei der Gehaltsrunde gewünscht. 

Weit vom Allzeithoch entfernt

Der Markt bleibt skeptisch, was Kleins Strategie angeht. Während die Aktienkurse der US-Konkurrenten vom Cloud-Boom weitgehend profitiert haben, bleiben die Walldorfer weit vom Allzeithoch von mehr als 140 Euro aus dem Sommer 2020 entfernt.

Bei der Jahrespressekonferenz zum abgelaufenen Geschäftsjahr bestätigen Klein und Finanzchef Luka Mucic vorläufige Kennzahlen von Mitte Januar. Der Konzernumsatz steigt demnach um zwei Prozent auf 27,84 Milliarden Euro. Unter dem Strich wächst der Nettogewinn ebenfalls um zwei Prozent auf 5,38 Milliarden Euro (siehe Tabelle).

An der Börse wird es allerdings ein schwarzer Tag. Neben dem weltweiten Ausverkauf von Technologiewerten sorgt am Donnerstag vor allem für Furore, dass SAP keinen Ausblick für die freien Barmittel (Free Cash Flow) gibt. Das werde der Markt erst einmal verdauen müssen – trotz des grundsätzlich attraktiven Übergangs des Software-Entwicklers zu Cloud-basierten Angeboten, schreibt etwa Analyst Charles Brennan vom Analysehaus Jefferies. Und tatsächlich: Die Papiere sacken in der Spitze um neun Prozent auf das tiefste Niveau seit April 2021 ab. SAP ist am Donnerstagnachmittag auch nicht mehr das wertvollste deutsche Unternehmen an der Börse: Das ist nun der Gasehersteller Linde mit einer Marktkapitalisierung von rund 143 Milliarden Euro.

Selbst die Aussicht auf eine steigende Dividende kann die Laune der Anleger nicht bessern. Die genaue Höhe lege der Aufsichtsrat im Laufe des Februars fest, sagt Finanzchef Mucic. Die Hauptversammlung am 18. Mai muss den Vorschlag beschließen. Für das Geschäftsjahr 2020 hatte SAP eine Dividende von 1,85 Euro je Aktie gezahlt, 27 Cent mehr als im Vorjahr.

Zur Jahrespressekonferenz verkündet SAP einen weiteren Zukauf. Mit der mehrheitlichen Übernahme des US-Fintechs Taulia soll Kunden ein besserer Zugang zu Liquidität ermöglicht werden. Taulia ist auf das Management des sogenannten Nettoumlaufvermögens (Working Capital) spezialisiert.

Kaufpreis unter einer Milliarde

Das Unternehmen will Lösungen bieten, mit denen Lieferanten sehr schnell bezahlt werden, und so dazu beitragen, Lieferketten widerstandsfähiger zu machen. Die Walldorfer wollen 95 Prozent von Taulia halten. Ein weiterer Gesellschafter ist die US-Bank J.P. Morgan. Zum genauen Kaufpreis gibt es keine Angaben – er soll aber unter einer Milliarde Euro liegen. Taulia mit Sitz in San Francisco beschäftigt rund 350 Mitarbeiter.

Derweil steht in diesem Jahr ein Jubiläum ins Haus: SAP feiert 50. Geburtstag. Klein kündigt an, man werde an die Gründung erinnern – wie das aussehen soll, lässt er zunächst offen. Am 1. April 1972 hatten fünf ehemalige IBM-Mitarbeiter – Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner – das Unternehmen mit dem Namen Systemanalyse Programmentwicklung in Weinheim gegründet.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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