Arbeitswelt - Der Pharmakonzern Roche unterstützt Eltern, die Job und Familienarbeit partnerschaftlich aufteilen / Idee kam aus Mannheim  

"DasElternPlus": So will Roche Mütter vor dem Karriereknick schützen

Von 
Tatjana Junker
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Kind oder Karriere? Für Mütter ist das in der Praxis immer noch oft eine Entweder-oder-Entscheidung. © Silvia Marks/dpa

Mannheim. Teilzeitarbeit ist in Deutschland immer noch weitgehend Frauensache - da sprechen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine klare Sprache: Im Jahr 2020 hatten etwa 70 Prozent aller berufstätigen Mütter mit minderjährigem Kind keine volle Stelle. Von den Vätern arbeiteten nur rund sieben Prozent in Teilzeit. Beim Pharmakonzern Roche will man diesem Ungleichgewicht nun mit dem Angebot „DasElternPlus“ zu Leibe rücken. Entstanden ist die Idee dazu am Standort Mannheim.

Anfänge in der Kaffeeküche

Dort standen Claudia Feige und Marie-Luise Stallecker, die beide bei Roche im Personalbereich arbeiten, eines Tages gemeinsam mit einer schwangeren Kollegin in der Kaffeeküche. „Wir haben uns darüber unterhalten, wie oft Paare nach der Geburt eines Kindes eine traditionelle Arbeitsteilung wählen: Er nimmt vielleicht zwei Monate Elternzeit, geht dann aber meistens wieder voll arbeiten, während sie höchstens noch mit 50 Prozent zurückkommt“, erzählt Feige, die sich bei Roche um das Thema Mitarbeitenden-Benefits kümmert.

„Gleichzeitig haben wir immer wieder von Kolleginnen und Kollegen gehört, dass sie sich eigentlich eine partnerschaftlichere Aufteilung wünschen. Also haben wir uns gefragt, ob es nicht einen innovativen Hebel gibt, mit dem man dieses Ungleichgewicht aufbrechen kann.“

Die Frauen entwickelten die Idee weiter, holten andere ins Boot. „Auch bei vielen Vorgesetzten haben wir mit unserer Initiative offene Türen eingerannt“, erzählt Stallecker, bei Roche zuständig für Gesundheitsangebote für Mitarbeitende. Das sogenannte „DasElternPlus“, das am Ende aus der Taufe gehoben wurde, ist dem Unternehmen zufolge bisher bundesweit einzigartig.

Bis zu 15 000 Euro Förderung

Mit dem neuen Instrument werden Eltern bei Roche unterstützt, die Beruf und Familienarbeit partnerschaftlich aufteilen: Gehen beide mindestens zwölf Monate lang in sogenannte vollzeitnahe Teilzeit und arbeiten jeweils 28 bis 32 Stunden die Woche, wird das finanziell belohnt: bei tariflich Beschäftigten mit einmalig 10 000 Euro, bei außertariflich Beschäftigten mit 15 000 Euro.

Die Unterstützung können Mitarbeitende beantragen, deren Kinder nach dem 1. Januar 2020 geboren sind. Die Arbeitszeitaufteilung muss außerdem begonnen werden, bevor das Kind seinen vierten Geburtstag feiert. Um die Förderung zu bekommen, reicht es, wenn ein Elternteil bei Roche beschäftigt ist - egal ob Mutter oder Vater. Der jeweils andere Teil beantragt die vollzeitnahe Teilzeit dann bei dem eigenen Arbeitgeber. „Wir freuen uns natürlich, wenn unsere Initiative dadurch auch in andere Unternehmen hineinstrahlt“, sagt Stallecker.



Mit „DasElternPlus“ wolle man Beschäftigte vor dem berühmten Karriereknick schützen, der vor allem Frauen nach der Geburt eines Kindes treffe: „Wenn man in der Zeit des Karriereaufbaus drei Jahre aussteigt oder längere Phasen nur 50 Prozent arbeitet, ist es ganz schwer, das wieder aufzuholen“, sagt Silke Heinrichs, bei Roche zuständig für das Themenfeld Diversity und Inklusion. Das habe nicht nur für die Betroffenen Nachteile, sondern auch für das Unternehmen. „Der Wettbewerb um hochqualifizierte Kräfte ist groß, und es gibt ein massives Defizit an Frauen in Führungspositionen. Als Arbeitgeber ist uns deshalb daran gelegen, dass die, die wir gewonnen und im Unternehmen eingearbeitet haben, ihr volles Potenzial ausschöpfen können und im Wettbewerb mit anderen Kollegen und Kolleginnen glänzen können. Das ist im Rahmen einer 50-Prozent-Stelle schwerer möglich und führt häufig zum Karriereknick Kind“, sagt Heinrichs.

Claudia Feige zufolge will Roche zudem dazu beitragen, den kulturellen Wandel voranzutreiben - hin zu einer partnerschaftlicheren Aufteilung der Familienarbeit zwischen den Geschlechtern. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass das Kümmern um Kinder und Familie in Deutschland immer noch weitgehend Frauensache ist“, sagt sie. „Ich habe das Gefühl, an dem Punkt stecken wir gesellschaftlich fest.“ Zwar hätten inzwischen viele Männer den Wunsch, sich zu Hause mehr einzubringen, trauten sich aber oft nicht, dafür ihre Arbeitszeit im Beruf zu reduzieren - aus Angst vor Karrierenachteilen. „Wir hoffen, dass wir zumindest bei Roche Väter ermutigen, in Teilzeit zu gehen, wenn sie das möchten. Durch ’DasElternPlus’ sehen sie, dass die Unternehmensleitung wirklich dahinter steht - und zwar nicht nur mit Worten. Sie nimmt dafür auch Geld in die Hand“, so Feige.

Gleichzeitig verspreche man sich von dem Angebot, dass die Aussicht auf 10 000 bis 15 000 Euro für Eltern ein Anstoß sei, „sich darüber zu unterhalten, wie sie sich die Arbeits- und Familienzeit partnerschaftlich aufteilen könnten“, sagt Stallecker.

In der Belegschaft sei das neue Angebot, das zunächst als Pilotprojekt auf zwei Jahre angelegt ist, bislang sehr gut angekommen. 22 Beschäftigte hätten bisher einen Antrag auf „DasElternPlus“ gestellt, und es gebe weitere Interessierte.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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