Daimler Truck - Lkw-Bauer präsentiert erstmals Zahlen als eigenständiges Unternehmen / „Stabile Auslastung“ bei Evobus Mannheim

Gestörte Lieferketten treffen auch Mannheimer Mercedes-Benz-Werk

Von 
Tatjana Junker
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Blick in die Produktion des Mannheimer Mercedes-Benz-Werks (Aufnahme aus der Zeit vor der Pandemie): Hier werden Lkw-Motoren gefertigt. Bild: Daimler Truck © Daimler AG

Stuttgart/Mannheim. Es ist eine Premiere in schwierigen Zeiten. In Osteuropa tobt der Krieg, die Energiepreise explodieren, Lieferketten sind aus dem Takt. Ach ja, und eine Pandemie gibt es auch noch. Trotzdem versprüht Vorstandschef Martin Daum jede Menge Zuversicht, als er am Donnerstag zum ersten Mal die Jahresbilanz der Daimler Truck AG vorstellt. Nachdem der Lkw-Bauer 125 Jahre lang als Sparte zum Daimler-Konzern gehörte, agiert er seit Dezember 2021 als eigenständiges, börsennotiertes Unternehmen.

Und das hat ambitionierte Ziele: 2022 will Daimler Truck nach derzeitigen Plänen bis zu 520 000 Fahrzeuge verkaufen, der Umsatz soll auf 45,5 bis 47,5 Milliarden Euro steigen - ein deutlicher Sprung gegenüber 2021. Voraussetzung: Die wirtschaftlichen Bedingungen in den wichtigsten Märkten verbessern sich kontinuierlich, und weder Pandemie noch Krieg beeinflussen die Marktentwicklung negativ.

Teile kommen per Hubschrauber

Ist das realistisch? Derzeit geht man bei Daimler Trucks jedenfalls davon aus. „Wir sehen keinen schwachen Markt in Europa. Der Auftragseingang ist gut, auch in den USA. Daran hat sich seit Beginn des Krieges nichts geändert“, sagt Finanzchef Jochen Goetz. Vorstandschef Martin Daum rechnet auch nicht damit, dass Kunden, beispielsweise Speditionen, bestellte Lkw wegen der massiv gestiegenen Dieselpreise stornieren. „Im Gegenteil, die Kunden fragen eher mehr Lkw nach. Sie können ihre Treibstoffkosten an ihre Kunden weitergeben.“ Auch die Baubranche, die viele Lastwagen benötige, boome. Selbst wenn es zu vereinzelten Stornierungen käme, könne man das verkraften. Schließlich kommt der Lkw-Bauer beim Abarbeiten der Bestellungen ohnehin nicht hinterher - Stichwort Teilemangel. „Wir haben einen riesigen Auslieferungsrückstand“, so Daum.

Das zeige sich in den Zahlen für 2021. „Unser Absatz im vergangenen Jahr spiegelt die Nachfrage auf keinen Fall wider. Ohne Engpässe in den Lieferketten hätten wir deutlich mehr verkaufen können.“ Dabei habe das Unternehmen größte Kraftanstrengungen unternommen, um Kunden möglichst schnell zu beliefern. Stellenweise seien Teile sogar mit dem Hubschrauber eingeflogen worden. Daum rechnet damit, dass die Lieferprobleme das erste Halbjahr 2022 noch belasten.

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Auch für die Beschäftigten haben die gestörten Lieferketten und der Halbleitermangel negative Folgen. „Unsere Werke fahren teilweise im Stotterbetrieb. Je nach Verfügbarkeit der Teile sind sie mal geschlossen, mal geöffnet, dann fallen wieder Überstunden an“, so Daum. Manchmal komme über Nacht die Nachricht, dass für die nächste Schicht Teile fehlen. Von den Mitarbeitenden fordere das eine hohe Flexibilität. „Dafür muss ich mich entschuldigen“, sagt der Vorstandschef.

Insgesamt bescheren die Lieferengpässe dem Lkw-Bauer nicht nur höhere Kosten, weil halb fertige Fahrzeuge zwischengelagert und neu angefasst werden müssen, wenn Teile wieder verfügbar sind. Der Auslieferungsrückstand führt auch dazu, dass das Unternehmen die inzwischen stark gestiegenen Rohstoffpreise erstmal nicht weitergeben kann. „Einem Kunden, bei dem man den Liefertermin nicht einhalten kann, kann man schlecht vermitteln, dass er dafür auch noch mehr bezahlen soll als vereinbart“, so Finanzchef Goetz. Für 2022 habe man die Preise aber angehoben - deutlicher als je zuvor. Der Teilemangel beeinträchtigt unterdessen auch das Mannheimer Lkw-Motorenwerk mit seinen mehr als 4600 Mitarbeitenden. Im März steht die Produktion vereinzelt in bestimmten Bereichen still, erklärt ein Sprecher. Standortverantwortlicher Andreas Moch zeichnet trotzdem ein positives Bild: „Unsere Auftragslage beim Truck ist nach wie vor hervorragend, entsprechend sind wir im Werk Mannheim auch sehr gut ausgelastet“, sagt er.

Ein wichtiger Schritt für das Mannheimer Werk war 2021 der Start für den batteriebetriebenen Schwerlaster eActros im pfälzischen Wörth. Dort wird das Modell in Serie produziert - allerdings erst einmal in überschaubarem Umfang. „Bisher nur ein paar, deutlich unter 100“ sind laut Daum vom Band gelaufen. Wie sich die Nachfrage entwickle, sei auch eine Frage des Preises. „Im Moment kostet so ein Lkw drei Mal so viel wie ein Verbrenner“, sagt der Vorstandschef. Auch die Ladeinfrastruktur müsse noch ausgebaut werden.

Im Mannheimer Werk werden die die Batteriepakete für den eActros montiert. „Wir entwickeln unseren Standort sukzessive zum Kompetenzzentrum für Batterietechnologien und Hochvoltsysteme. Mit dem InnoLab Batterie bauen wir beispielsweise eine eigene Pilotlinie für die Herstellung von Batteriezellen auf“, sagt Moch. Unter Druck bleibt das Busgeschäft von Daimler Truck, vor allem der Markt für Reisebusse ist durch die Pandemie belastet. Im Mannheimer Evobus-Werk mit seinen mehr als 3400 Beschäftigten werden Stadtbusse gebaut, dort sieht es besser aus. Daimler-Buses-Leiter und Evobus-Chef Till Oberwörder spricht von einer stabilen Auslastung. „Unser Schwerpunkt liegt in diesem Jahr ganz klar auf der Weiterentwicklung des eCitaro - das gilt in technischer Hinsicht wie aufseiten der Produktion.“

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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