Wirtschaft

Warum BASF-Chef Brudermüller das Sparprogramm für unausweichlich hält

Wie viele Stellen die BASF bei ihrem neuen Sparprogramm in Ludwigshafen streichen will, ist noch offen. In einem Punkt ist Konzernchef Martin Brudermüller aber sicher: Ohne deutliche Kostensenkungen ist das Unternehmen in Deutschland und Europa perspektivisch nicht mehr wettbewerbsfähig.

Von 
Tatjana Junker
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BASF-Chef Martin Brudermüller spricht in der Konzernzentrale. © Uwe Anspach/dpa

Ludwigshafen. Das geplante BASF-Sparprogramm inklusive Stellenabbau in Ludwigshafen ist nach Ansicht von Martin Brudermüller alternativlos: „Wir können nicht den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass sich die schwierige Situation von alleine in Luft auflöst. Wir müssen als Unternehmen jetzt handeln“, bekräftigt der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, als er am Mittwoch die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert.

Dort hat die schwierige weltwirtschaftliche Lage deutliche Spuren hinterlassen: Zwar konnte die BASF ihre Produkte teurer verkaufen und so den Umsatz steigern. Das Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) liegt aber satte 29 Prozent unter dem des Vorjahresquartals. In Deutschland schrieb das Unternehmen sogar Verluste. Ein wesentlicher Grund dafür: die hohe Energierechnung. Brudermüller zufolge musste BASF an den europäischen Standorten in den ersten neun Monaten des Jahres 2,2 Milliarden Euro mehr für Erdgas bezahlen als vor einem Jahr.

Standortsicherung greift

Entspannung scheint so schnell nicht in Sicht: Im gerade begonnenen vierten Quartal zeichne sich keine „wirtschaftliche Belebung“ ab, erklärt Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel. Auch in der längeren Perspektive sieht Konzernchef Brudermüller offenbar nur wenig Licht am Horizont, vor allem, was das Geschäft in Deutschland und Europa angeht. Der Vorstandsvorsitzende verweist auf den seit Jahren schwächelnden europäischen Chemiemarkt, langfristig hohe Erdgaspreise und Unsicherheiten durch EU-Regularien wie den Green Deal. Und er argumentiert mit der Ergebnisentwicklung: Während das Unternehmen 2015 noch ein Drittel seines EBIT in Deutschland und ein knappes weiteres Drittel in Europa erzielte, lag der deutsche EBIT-Anteil 2021 nur noch bei 7 Prozent. Das restliche Europa-Geschäft trug ein Viertel zum operativen Ergebnis bei – fast 70 Prozent kamen aus anderen Teilen der Welt.

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Aus Sicht Brudermüllers liegt damit auf der Hand, warum der Chemiekonzern nun ausgerechnet an seinen europäischen und deutschen Standorten den Rotstift ansetzen will – allen voran in Ludwigshafen. Im Stammwerk sollen mehr als die Hälfte der 500 Millionen Euro aufgebracht werden, die das Unternehmen nach Ende 2024 jährlich einsparen will. Nur wenn die Kosten schnell und dauerhaft sinken, könne das Unternehmen in Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben, so Brudermüller. Was das für die gut 39 000 Beschäftigten in Ludwigshafen bedeutet, bleibt am Mittwoch weiter unklar. Zahlen dazu, in welcher Größenordnung Arbeitsplätze gestrichen werden könnten, nennt der Vorstandsvorsitzende nicht: ,„Das wäre unlauter“.

Details sollen in den nächsten Wochen ausgearbeitet und mit den Arbeitnehmervertretungen besprochen werden. Bekannt ist bisher, dass die Jobs nicht in der Produktion, sondern vor allem im Verwaltungsbereich wegfallen. Brudermüller verweist zudem auf die Standortvereinbarung für Ludwigshafen: Betriebsbedingte Kündigungen sind dadurch bis 2025 ausgeschlossen. „Und natürlich halten wir uns auch daran.“ Wie bei vorherigen Abbauprogrammen werde man sich „mit Umsicht bewegen“. Mit Blick auf Alternativen zu Entlassungen verweist Brudermüller auf eine steigende Zahl an Pensionierungen am Standort Ludwigshafen. „Das ist deutlich hochgegangen, und das gibt uns auch den Spielraum, genau darüber zu arbeiten“, sagt er. Zudem gebe es im Konzern „einige offene Stellen“ und damit das Potenzial für interne Wechsel. „Wir sind zuversichtlich, dass wir da was hinbekommen, was dann für alle Seiten in die Balance kommt“, so der Konzernchef.

Kritik an „China-Bashing“

Arbeitnehmervertreter haben unterdessen bereits Widerstand gegen die Abbaupläne der BASF angekündigt. „Tiefe Einschnitte an den heimischen Standorten anzukündigen, während Politik und Sozialpartner einen milliardenschweren Abwehrschirm aufspannen, ist nicht nur maximal instinkt- und respektlos, sondern wird auch auf unseren entschiedenen Widerstand treffen“, sagte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis, der im BASF-Aufsichtsrat sitzt, der Deutschen Presse-Agentur. BASF-Betriebsratschef Sinischa Horvat sagte unserer Redaktion, ihm fehle „bisher die Fantasie, wo man Stellen streichen will“.

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Klare Worte findet Konzernchef Brudermüller unterdessen zur aktuellen Debatte um eine restriktivere Politik gegenüber China: Es sei dringend notwendig, dass „wir wegkommen vom China-Bashing und mal etwas selbstkritisch auf uns schauen: Was sind unsere Defizite und Schwächen, und wie planen wir, die jetzt mal beherzt anzugehen?“, sagt er. BASF sei als Unternehmen zu dem Schluss gekommen, dass es trotz gewisser Risiken „vorteilhaft ist, unser Engagement dort weiter auszubauen“.

Der Konzern investiert derzeit Milliarden in einen neuen Verbundstandort in China. Brudermüller wird zudem Bundeskanzler Olaf Scholz begleiten, wenn dieser im November zum Antrittsbesuch nach Peking reist.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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