Chemie

BASF löst große Bereiche aus Verbund - rund 2400 Beschäftigte in Ludwigshafen betroffen

Viele BASF-Mitarbeitende werden künftig nicht mehr zu BASF SE gehören, sondern in rechtlich selbständigen Einheiten arbeiten. Der Chemiegewerkschaft IGBCE bereitet das Sorgen. Diese Bereiche sind betroffen

Von 
Bettina Eschbacher
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Fackeln spielen auf dem BASF-Werksgelände in Ludwigshafen eine große Rolle. Fast jede Anlage ist mit einer solchen ausgestattet. © BASF

Ludwigshafen. Gleich zu Beginn der Telefonkonferenz mit Journalisten zeigt BASF-Chef Martin Brudermüller, dass er sich geärgert hat: „Wo kommt das Wort Ausgliederung her?“, entgegnet er leicht gereizt auf die erste Frage. Das „böse“ Wort Ausgliederung hatte die Chemie-Gewerkschaft IGBCE in einer Pressemitteilung benutzt, um die Pläne des Vorstands für mehrere Bereiche zu beschreiben. Das sei aber falsch, betont Brudermüller, um gleich zu erklären, worum es geht.

Die BASF will drei Bereiche aus dem Verbund der BASF SE herauslösen und sie in selbstständig agierende Einheiten überführen. Es geht einmal um das Agrar-Segment Agricultural Solutions, also um die Produktion von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut. Das Segment hat 2022 rund zwölf Prozent zum BASF-Umsatz beigetragen.

Großer Kunde Autoindustrie

Betroffen sind außerdem die Bereiche Battery Materials, Batteriematerialien vor allem für die E-Mobilität, und Coatings, also Oberflächenbeschichtungen. Auch hier ist die Autoindustrie ein großer Kunde.

Europäisches Vorzeigeprojekt bei den Batteriematerialien ist das im Sommer eröffnete Zentrum für Batteriematerialproduktion und Batterierecycling am Standort Schwarzheide.

Andere Prognose-Zahlen

  • BASF gibt künftig keine Umsatzprognosen mehr ab.
  • Für das Jahr 2024 wird der Vorstand am 23. Februar lediglich Ziele für den Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereinflüssen (bereinigtes Ebitda) sowie den Barmittelzufluss nennen.
  • Bisher hatte BASF Jahresziele für den Umsatz, den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen (bereinigtes Ebit) sowie die Rendite auf das betriebsnotwendige Kapital (ROCE) genannt. dpa

Alle drei Unternehmensbereiche sollen künftig weniger eng an den BASF-Verbund gebunden sein und zum Beispiel eigene Softwaresysteme zur Steuerung bekommen. Anders als Sparten im Konzern, die vor allem chemische Grundstoffe für viele Industrien herstellen, produzieren die Drei für ganz spezielle Industrien.

Mit mehr Eigenständigkeit, so die Logik des Vorstands, sollen sie sich besser auf ihre spezifische Kundschaft einstellen können. „BASF geht nun einen Schritt weiter mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit von BASF durch die Anpassung der Geschäftssteuerung weiter zu steigern“, so Finanzvorstand Dirk Elvermann vor Investoren und Analysten.

2400 Beschäftigte betroffen

Im Ludwigshafener Stammwerk (BASF SE) mit seinen rund 38 000 Beschäftigten sind knapp 2400 Beschäftigte von den Änderungen betroffen. Ein Großteil arbeitet im Segment Landwirtschaft. Um wie viele Mitarbeitende es weltweit geht, lasse sich noch nicht genau sagen. Der Prozess werde einige Zeit dauern, so Elvermann.

Den Schritt gehe BASF auch, um sich der starken Konkurrenz etwa aus Asien anzupassen, die klarer strukturiert sei. „Der Markt ist heftig“, sagt Brudermüller.

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Von der Chemie-Gewerkschaft IGBCE kommt – in besagter Pressemitteilung – Kritik. IGBCE-Bezirksleiter Gunther Kollmuß kritisiert die Pläne des Vorstands. „Das Jahr endet für die Beschäftigten, wie es begonnen hat, mit schlechten Nachrichten, die die Kolleginnen und Kollegen verunsichern“, sagt Kollmuß. Im Februar hatte BASF die Schließung einiger Anlagen im Werk Ludwigshafen verkündet.

Das Management beschreibe die Vorteile für die neuen Gesellschaften; die Risiken für den Verbund seien bislang im Unklaren. Einzig, dass es keine Kündigungen geben soll, wertet der Bezirksleiter laut Mitteilung als Lichtblick.

Wenig begeistert äußert sich auch der Betriebsratsvorsitzende Sinischa Horvat: „Wir haben uns die Ausgliederung von Unternehmensteilen nicht gewünscht. Jetzt geht es darum, die Überleitung zu gestalten.“ Grundsätzlich müsse das Unternehmen, die BASF als Ganzes, erhalten bleiben.

Keine Absicht zu verkaufen

Genau das stehe überhaupt nicht in Frage, sagt Vorstandschef Brudermüller. Auch in der neuen Form blieben die Bereiche Teil der BASF und würden vom Vorstand gesteuert. Und es gebe keinerlei Absichten, Einheiten zu verkaufen oder Lohndumping bei den Beschäftigten zu betreiben. „Es ist auch kein Kostensenkungsprogramm.“

Brudermüller ärgert besonders, dass Gewerkschafter Kollmuß dem Vorstand Unsensibilität vorwirft, weil dieser die Nachricht kurz vor Weihnachten bekanntgab. Es gebe schon seit Monaten Gespräche mit dem Betriebsrat zum Strategie-Update, betont Brudermüller. Das Thema sei nicht neu im Konzern.

Im Zuge der „differenzierten Steuerung“ hat BASF auch spezielle Margenziele für die drei Bereiche ausgegeben, die sich von den Verbundgeschäften zum Teil deutlich unterscheiden. Im Verbund – also stark integriert – bleiben die Geschäfte mit Basischemikalien (Chemicals), Kunststoffen (Materials), Additiven (Industrial Solutions) und Inhaltsstoffen für Konsumgüter (Nutrition & Care).

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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