Chemie - Vorständin Melanie Maas-Brunner baut Bereich um und gibt Nachhaltigkeit als das große Ziel aus / Schlüsselrolle für Stammwerk Ludwigshafen

BASF-Forschung soll schneller werden

Von 
Bettina Eschbacher
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Chemielaborantin Sandra Schnell kontrolliert Versuche mit Kühlerschutzmitteln für E-Batterien. © BASF SE

Ludwigshafen. Für BASF-Vorständin Melanie Maas-Brunner ist es eine Premiere: Zum ersten Mal präsentiert sie Journalisten aus ganz Europa, was die BASF an neuen Entwicklungen und Produkten geschafft hat - und was sie in den nächsten Jahren mit Innovationen erreichen will. Die promovierte Chemikerin ist seit Februar Chief Technology Officer der BASF, also im Vorstand für Forschung und Entwicklung verantwortlich. Und Maas-Brunner hat den Bereich auch gleich umgebaut.

Zum einen führt BASF einen großen Teil der weltweiten Forschungsaktivitäten zu einem zentralen Bereich mit 3500 Mitarbeitenden im Stammwerk Ludwigshafen zusammen. Gleichzeitig sollen rund 1800 Beschäftigte aus übergeordneten Forschungseinheiten in die Unternehmensbereiche wechseln, also näher zu den Kunden rücken. Das soll ab 2022 helfen, dass neue Produkte schneller auf den Markt kommen.

Zwei Milliarden Euro gibt BASF im Jahr für die Forschung aus, und Maas-Brunner macht klar, was der absolute Schwerpunkt ist: „Unser Fokus liegt auf der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für unsere Kunden.“ So wolle man diesen dabei helfen, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern oder Ressourcen effizienter zu nutzen.

Andere Produkte für E-Autos

Beispiel Autoindustrie: Die Branche ist der wichtigste Kunde, 20 Prozent des Gruppen-Umsatzes sind heute mit der Automobilindustrie verbunden. Mit dem Siegeszug der Elektroautos aber ändert sich auch die Palette der Produkte, die von der BASF als Zulieferer gebraucht werden. Schließlich basiert ein E-Auto auf einer anderen Technologie als die klassischen Verbrenner. „Wir gehen davon aus, dass bis 2030 rund 30 Prozent aller Autos weltweit entweder vollelektrisch oder als Plug-in-Hybrid-Version produziert werden“, sagt Maas-Brunner. Dies bietet BASF große Chancen. „Denn der Chemikaliengehalt pro Auto wird deutlich steigen. Wir gehen davon aus, dass er um den Faktor 2,5 ansteigen wird.“ So werden eine ganze Reihe neuer Anwendungen entwickelt.

Die Batterie zum Beispiel braucht bei einem E-Auto etwa doppelt so viel Kühlerschutzmittel wie bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Das Mittel muss aber auch neue Ansprüche erfüllen, zum Beispiel darf sich bei einem Unfall kein entzündlicher Wasserstoff bilden. Die Gefahr besteht, wenn das Kühlmittel mit Hochspannungsteilen der Batterie in Kontakt käme. Deshalb hat eine Forschungseinheit eine neue Kühlflüssigkeit entwickelt, deren elektrische Leitfähigkeit deutlich geringer ist.

Es geht auch um vermeintliche Kleinigkeiten, für die man neue Formulierungen braucht: So spielt die Farbe Orange bei E-Autos eine größere Rolle. Sie markiert Stromkabel im Motorbereich - dient also zur Sicherheit. Deshalb darf die Signalfarbe bei den Kabel-Ummantelungen auf keinen Fall dunkler oder gar nicht mehr erkennbar werden und muss hohen Temperaturen standhalten.

Beispiel Landwirtschaft: Angesichts einer wachsenden Bevölkerung müssten mehr Lebensmittel angebaut werden, so Maas-Brunner. So müssten Weizenerträge in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden. Dieses Ziel werde aber aufgrund der begrenzten Anbauflächen und der durch den Klimawandel verursachten Ernteausfälle immer schwerer zu erreichen sein, heißt es bei BASF. Aus der Saatgut-Forschung kommt daher ein neuer Hybridweizen, der durch ein global ausgerichtetes Züchtungsprogramm entwickelt wurde. Der Weizen sei ertragsstark und gleichzeitig resistenter gegen Krankheiten. „Hybridweizen ist eines unserer innovativsten Züchtungsprogramme“, sagt Maas-Brunner.

Aber die BASF braucht auch ihre Forscher und Forscherinnen, um den eigenen „grünen“ Konzernumbau zu beschleunigen. Sie ist bislang für den jährlichen Ausstoß von mehr als 20 Millionen Tonnen an Treibhausgasen verantwortlich. Erklärtes Ziel ist, die absoluten CO2-Emissionen bis 2030 um 25 Prozent im Vergleich zu 2018 reduzieren. Und bis 2050 will BASF klimaneutral sein.

„Brauchen neue Technologien“

Um das zu erreichen, müssen die Standorte weg von fossilen Energieträgern. Maas-Brunner: „Darum brauchen wir völlig neue Technologien und Prozesse.“ Als eine dieser Technologien sieht sie die Methanpyrolyse. „Sie ist die Schlüsseltechnologie für CO2-freien Wasserstoff in den kommenden Jahrzehnten.“ Zur Spaltung von Methan in Kohlenstoff und Wasserstoff hatte der Konzern ein Reaktorkonzept im Labormaßstab erprobt. Inzwischen läuft dazu eine Testanlage in Ludwigshafen im Versuchsbetrieb. Das sei „ein Meilenstein für uns“. Die Anlage ist ein Projekt von vielen, die gerade entwickelt oder erprobt werden.

Die grüne Transformation werde Milliarden kosten, erklärt die Forschungschefin. Gegenüber dem „Handelsblatt“ bezifferte sie die Kosten allein für das Ziel Klimaneutralität: Zunächst sollen drei Milliarden Euro in den Umbau fließen, ab 2030 mehr als zehn Milliarden. Nur mit Innovationen werde man die Transformation des Unternehmens schaffen, betont die Vorständin.

Budget bleibt stabil

  • Weltweit arbeiten etwa 10 000 BASF-Beschäftigte in Forschung und Entwicklung. Ein großer Teil davon arbeitet in Ludwigshafen.
  • Der Chemiekonzern investiert pro Jahr etwa zwei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Das Budget ist auch 2022 ähnlich hoch.
  • Mit neu entwickelten Produkten, die in den vergangenen fünf Jahren am Markt eingeführt wurden, erzielte BASF einen Jahresumsatz von rund zehn Milliarden Euro. 

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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