Die sechs Herren schauen immer wieder nach Westen und zeichnen mit den Armen ausladend Kreise in die Luft: Was für eine riesige Fläche! Insgesamt sollen es bis zu 90 000 Quadratmeter werden, auf denen die Stadtwerke Viernheim eine Photovoltaik-Anlage installieren und betreiben wollen (wir berichteten). Die Herrschaften beim Ortstermin im Rodfeld in Viernheims äußerstem Südosten sind von der UBV und wollen verhindern, dass die Fläche der Landwirtschaft komplett verloren geht.
„Damit keine Missverständnisse entstehen: Wir sind unbedingt für die Photovoltaik, denn wir brauchen die erneuerbaren Energien dringend. Aber die Frage ist das Wie. Wir wollen, dass die Anlage hoch aufgeständert wird, damit darunter weiter Landwirtschaft möglich ist.“ Das sagt Walter Benz, der Vorsitzende der sechsköpfigen Fraktion Unabhängige Bürger Viernheim in der Stadtverordnetenversammlung.
Sie sind vor Ort, um sich ein authentisches Bild von der Fläche zu machen, erklären die Politiker. Auf den papierenen Plänen sei die wahre Größenordnung weit weniger eindrucksvoll, so ihre Schlussfolgerung. Nachdem die politschen Gremien die Pläne der Stadtwerke bereits weitgehend durchgewinkt haben, wollen die UBV nun die Offenlegung der Pläne im Zuge des behördlichen Verfahrens nutzen, um sich mit ihrer Forderung nach hoher Aufständerung Gehör zu verschaffen.
Um die kleine Gruppe im Rodfeld herum sprießen Gerste, Mais und Rüben. Gesunde Pflanzen. Und das soll vorbei sein, wenn die PV-Anlage kommt? „Das sind gute Böden hier, es wäre auch im Sinne von Nachhaltigkeit und Nahversorgung ein Fehler, die Fläche aufzugeben“, sagt Walter Benz. Die Kollegen nicken.
Die Hälfte der Fläche könnte bewirtschaftet werden
Auf die Frage, woher er, Benz, denn wisse, dass es gute Böden sind, deuten die Männer auf Bernhard Wunderle. Der war Nebenerwerbslandwirt, er kennt sich aus. „Ja, das sind wirklich gute Böden. Mit die besten in Viernheim“, so Wunderle. Auch bei hoch aufgeständerten Panels könne nicht die gesamte Fläche landwirtschaftlich bewirtschaftet werden, erklärt der Ex-Landwirt. „Aber immerhin mindestens die Hälfte.“
Michael Bulat will sein Verständnis für die Bauern zum Ausdruck bringen. „Natürlich wollen die die Äcker mit großen Maschinen bearbeiten. Und dafür brauchen sie Platz. Deshalb müssen wir den Mittelweg suchen.“ Mit der Anlage im Rodfeld würde sich die Stromgewinnung aus Photovoltaik in Viernheim immerhin verdoppeln.
Die Stadtwerke hatten im Dezember 2023 über ihr Vorhaben im Rodfeld öffentlich informiert. Bis zu acht Megawatt Leistung der Anlage gaben sie damals an. Und: Sie würden etwa sechs Millionen Euro dafür in die Hand nehmen. „Wer investiert, muss auch Geld damit verdienen.“ Da ist sich die UBV-Riege einig. „Ja, natürlich“, sagt Benz. „Aber wir haben es hier mit einem kommunalen Unternehmen zu tun.“ Natürlich müsse auch dieses Geld verdienen. „Aber an ein kommunales Unternehmen darf man andere Ansprüche stellen.“
Hayrettin Vanli stimmt zu. „Wäre es nicht wünschenswert, wenn wir hier in Viernheim vormachten, wie es besser geht. Quasi als Impulsgeber für die ganze Metropolregion Rhein-Neckar?“ Als hätte Vanli es mit seiner rhetorischen Frage heraufbeschworen: Der Verband Metropolregion Rhein-Neckar, das ist quasi die Verwaltung der Metropolregion, hat gerade einen Teilregionalplan Photovoltaik aufgelegt.
Und darin spielt Agri-PV eine große Rolle. Der Begriff ist eine Wortkombination aus Agrar und Photovoltaik. Und er meint genau das, was die UBV fordern: PV-Anlagen, die landwirtschaftliche Nutzung der Böden darunter möglich machen.
Die Stadtwerke selbst geben sich auf die Bitte dieser Redaktion um eine Stellungnahme zum Ziel der UBV hin gewohnt zugeknöpft. Die schriftliche Antwort: „Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Bebauungsplan werden die Stadtwerke Viernheim zu eventuellen Fragen Stellung nehmen.“ Außerdem heißt es, dem Unternehmen lägen bislang keine artenschutzrechtlich relevante Erkenntnisse vor, die das Vorhaben stoppen könnten. Man wolle jedoch das Ende der Begutachtung abwarten.
BUND warnt vor weiterer Vernichtung von Ackerland
Uwe Pfenning, Co-Vorsitzender des Viernheimer BUND und ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, freut sich über den Vorstoß der UBV – auch wenn er auf die Initiative des BUND zurückgehe. Pfenning warnt die Fraktion vor weiterer Vernichtung landwirtschaftlicher Flächen und plädiert für die hohe Aufständerung im Rodfeld. Das sei etwas teurer, „aber die Stadtwerke haben das Geld“, sagt er. Er hoffe, dass sich die anderen Fraktionen anschließen.
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