Olympia

Yemisi Ogunleye von der MTG Mannheim sorgt für eine Olympia-Sternstunde

Überraschend holt Yemisi Ogunleye von der MTG Mannheim bei den Olympischen Spielen in Paris Gold im Kugelstoßen. In der Stunde ihres großen Triumphs denkt sie vor allem an die Menschen, die sie auf ihrem Weg begleitet haben

Von 
Christian Rotter
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Yemisi Ogunleye setzte sich im Stade de France die olympische Krone auf. © Michael Kappeler/dpa

Paris. Es gibt Leistungen, für die es keine Worte gibt. Die Leistung von Yemisi Ogunleye am Freitagabend gehört dazu. Die Kugelstoßerin der MTG Mannheim ist erst 25 Jahre alt, sie hat noch eine große Sportlerkarriere vor sich. Im Stade de France vor 70 000 Zuschauern erreichte sie bereits das Ziel ihrer Träume: Ogunleye krönte sich völlig überraschend zur Olympiasiegerin.

Genauso bemerkenswert wie ihre Vorstellung war ihr Interview, das sie im ZDF gab. „Vor meinem letzten Versuch habe ich eine Ruhe gespürt, die nicht von dieser Welt ist“, sagte die gläubige Christin und ergänzte: „Als die Kugel bei 20 Metern gelandet ist, war das unglaublich. Mein Herz ist erfüllt von Dankbarkeit.“

Nur Bandage erinnert nach an Ogunleyes Knieprobleme

Im Juni hatte Ogunleye bei der EM in Rom die Bronzemedaille gewonnen. In der italienischen Hauptstadt hatten sie noch Knieprobleme beeinträchtigt. Bis auf eine Bandage am rechten Knie war davon in Paris nichts mehr zu sehen. Einmal mehr bewies die 25-Jährige große Nervenstärke. Am Donnerstag waren ihre ersten beiden Versuche in der Qualifikation ungültig gewesen. Sie stand unter größtmöglichem Druck. Diesen meisterte sie mit Bravour und löste mit der insgesamt drittbesten Weite das Ticket für das Finale.

Ogunleye stieß die Kugel im letzten Versuch auf 20,00 Meter. © dpa

Dort machte Regen den Ring rutschig. Ogunleye startete mit einem ungültigen Versuch. Damit stand sie im Feld der Top Zwölf aber nicht alleine da. Die 25-Jährige fand schnell in den Wettkampf. Mit 19,55 Metern nahm sie Tuchfühlung zur Spitze auf, lange lag sie auf Rang zwei.

Im fünften Versuch steigerte sich Ogunleye auf 19,73 Meter. Gold schien greifbar, doch die Neuseeländerin Maddison-Lee Wesche konterte mit 19,86 Metern. Als die Chinesin Jiayuan Song keine Verbesserung erzielte, stand fest: Ogunleye hatte Silber sicher. Doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Nicht an diesem Tag, nicht vor dieser Kulisse. Die Kugel landete bei exakt 20,00 Metern – was für eine Ansage. Wesche ließ einen weiteren guten Stoß folgen, der war aber nicht gut genug.

Ogunleye zieht ihre innere Stärke aus ihrem Glauben

„Dieser Sieg ist auch für die vielen Menschen, die in Phasen meines Lebens an mich geglaubt haben, in denen ich selbst nicht an mich geglaubt habe“, betonte Ogunleye, die in der Stunde ihres großen Triumphs besonders an ihre Heimtrainerin Iris Manke-Reimers und deren Mann Michael dachte: „Als ich zur MTG gewechselt bin, haben mich die zwei aufgenommen wie eine Tochter.“

Ogunleye zieht ihre Stärke aus ihrem Glauben. „Gott liebt mich – mit oder ohne Medaille“, sagte die Überraschungs-Olympiasiegerin, die vor ihrer Ehrenrunde mit der Deutschland-Fahne einen Bibelvers in die TV-Kamera hielt.

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Auch im 500 Kilometer entfernten Mannheim knallten die Sektkorken. „In erster Linie war das eine Sternstunde für Yemi“, sagte MTG–Leistungssportchef Rüdiger Harksen. „Es war aber auch eine Sternstunde für Mannheim und die deutsche Leichtathletik. Im Jubiläumsjahr unseres Vereins hat uns Yemi das schönste Geschenk gemacht.“

Ogunleyes Bestleistung in der Halle steht bei 20,19 Metern. Im Freien hat sie aber noch nie weiter gestoßen als nun im olympischen Finale. Anscheinend hatte sie dafür einen Riecher. Nach der Qualifikation hatte sie im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt: „Was viele vergessen, ist, dass der Weg zu Olympia ein ganz schön langer und nervenzehrender ist. Beim Saisonhöhepunkt einen draufzusetzen und eine Bestleistung zu zeigen, ist ganz große Kunst.“

Die Goldmedaille ist die schönste Erinnerung, die Ogunleye mit nach Hause nehmen wird. Zum Auftakt der Sommerspiele hatte sie für eine andere gesorgt, die sie nicht vergessen wird. Im Physiotherapieraum hörte sie Malaika Mihambos Trainer Ulli Knapp Gitarre spielen. Auch der Weitsprung-Star der LG Kurpfalz war da. Ogunleye setzte sich dazu, dann musizierten sie zu dritt. Auch das ist Yemisi Ogunleye, die Olympiasiegerin von Paris.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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