Fußball

Warum Waldhof-Kapitän Seegert an eine Aufholjagd glaubt

Marcel Seegert, Kapitän des SV Waldhof, zieht im Interview eine kritische Bilanz der ersten Halbserie, die die Mannheimer auf dem achten Platz beendeten

Von 
Alexander Müller
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„Das ist steigerungsfähig“: SVW-Kapitän Marcel Seegert zeigt sich mit der bisherigen Ausbeute nicht zufrieden. © Titgemeyer/PIX

Mannheim. Herr Seegert, wie würden Sie den bisherigen Saisonverlauf des SV Waldhof in einem Satz beschreiben?

Marcel Seegert: Eine Achterbahnfahrt der Gefühle trifft es wohl am besten.

Platz acht mit 26 Punkten liegt weit hinter dem, was Mannschaft und Verein sich in dieser Saison vorgenommen haben.

Seegert: Ja, das kann man schon so sehen. Wir hinken sicher einige Punkte hinterher. Uns hätte eine bessere Balance zwischen daheim und auswärts auch im Tableau gut getan. Dementsprechend ist das steigerungsfähig.

Warum ruckelt es noch zu häufig im Zusammenspiel untereinander, obwohl die Namen auf dem Spielberichtsbogen ja für gehobene Drittliga-Qualität stehen?

Seegert: Ich glaube, dass es grundsätzlich schwierig ist, wenn man einen größeren Umbruch und dann praktisch keine Anlaufzeit hat. Fußball ist ja nicht nur: „Hey, da stehen jetzt super Namen auf dem Platz.“ Man muss sich erst einmal kennenlernen, das System vom Trainer muss verstanden und umgesetzt werden. Dann hatten wir gerade am Anfang der Saison mit Ausfällen zu kämpfen, weshalb wir immer wieder rotieren mussten. Das sind alles Faktoren, und dann hast du eigentlich keine Zeit, weil du Ambitionen hast, vorne mitzuspielen. Das ist ein Mix, der es sehr herausfordernd macht. Aber klar: Alle Spieler wussten um die Erwartungshaltung.

Marcel Seegert

 

  • Waldhof-Identifikationsfigur Marcel Seegert wurde am 29. April 1994 in Mannheim geboren. Über den PSV Mannheim und den SC Käfertal kam er in der Jugend zum SVW, ging dann zu 1899 Hoffenheim und von dort weiter zum FSV Mainz 05.
  • Von 2014 bis 2017 spielte er in der Regionalliga wieder für den SV Waldhof. Trainer Kenan Kocak holte ihn danach zu Zweitligist SV Sandhausen.
  • Im Januar 2019 kehrte er zurück zu seinem Jugendverein und stieg mit ihm in die 3. Liga auf. Seit der vergangenen Saison fungiert Seegert als Kapitän des Teams.

Auch Sie haben Ihren Vertrag beim SVW im Januar 2022 verlängert.

Seegert: Genau, ich wollte auch dabei sein, wenn wir unseren Weg der vergangenen Jahre erfolgreich fortsetzen. Ich denke aber auch, dass man solche Phasen zusammen durchleben muss. Das kann ein Team auch zusammenschweißen.

Als Abwehrspieler wird man natürlich an der Zahl der Gegentore gemessen. Wie lässt es sich erklären, dass der SVW in 17 Spielen schon 29 Treffer schlucken musste?

Seegert: Das tut auf jeden Fall sehr weh. Da muss auch wieder über die Diskrepanz Heim/Auswärts sprechen. Zuhause standen wir immer stabil, auch was die Gegentore angeht. Auswärts hat sich eine Dynamik entwickelt, bei der wir mit Rückschlägen nicht gut umgegangen sind. Das haben wir da innerhalb des Spiels nicht mehr einfangen können und sind wie in Meppen (2:6, d. Red.) oder Osnabrück (0:5, d. Red.) schon ein bisschen auseinandergebrochen. Das hat unserem Gegentor-Konto extrem geschadet und hat auch das gute Gefühl fürs Verteidigen ein Stück weit genommen . . .

Wie muss ich mir das vorstellen?

Seegert: Wenn ich mich mit meinem Bruder unterhalte (Nico Seegert, Trainer der Waldhof-U-23 in der Verbandsliga, d. Red.), erzählt er mir, dass sie die letzten vier Spiele alle zu Null gespielt haben. Da hat dann jeder ein gutes Gefühl hinten und es geht vielleicht auch mal ein Ball an den Pfosten. Das ist dann eine andere Dynamik.

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Wie fällt Ihr persönliches Fazit der Halbserie aus, was Ihre eigenen Leistungen angeht?

Seegert: Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch. Ich denke schon, dass jeder Einzelne von uns besser spielen kann – und da zähle ich mich auch dazu. Es ist sehr wichtig, den Anspruch zu haben, sich immer verbessern zu wollen.

Das 1:1 in Oldenburg am Sonntag kann ja als zumindest kleiner Schritt durchgehen, die fast schon chronische Auswärtsschwäche in den Griff zu bekommen. Wird eine Besserung der Bilanz in gegnerischen Stadien im neuen Jahr darüber entscheiden, ob der Waldhof noch einmal eine Chance hat, oben heranzukommen?

Seegert: Wir haben in Oldenburg zumindest einen Punkt gerettet. Ich kann mich noch an die Zeit unter Bernhard Trares erinnern, als wir ligaübergreifend 33 Auswärtsspiele ungeschlagen waren. Da war dann zuhause ein bisschen der Wurm drin. Ich müsste mir ein Lachen verkneifen, wenn es auf einmal in der Rückrunde andersherum als bisher in dieser Saison laufen würde und Ihr Journalisten dann andere Fragen stellt. Aber logischerweise muss auswärts mehr Konstanz rein und müssen mehr Punkte herausspringen.

Der SVW hat in seinen guten Phasen in der jüngeren Vergangenheit, man denke nur an die Aufstiegssaison in der Regionalliga 2018/2019 und im ersten Jahr in der 3. Liga unter Bernhard Trares, immer von einem großen internen Zusammenhalt gelebt. Wie ist es um diesen Zusammenhalt in der aktuellen Mannschaft bestellt?

Seegert: Ich unterhalte mich immer wieder mit Spielern, die uns verlassen haben. Die sagen immer: Wie beim Waldhof Zusammenhalt gelebt wird, ist außergewöhnlich. Grundsätzlich ist es im Erfolg immer einfach, zusammenzuhalten. Was ich aber erkenne, bestes Beispiel dafür ist am Sonntag in Oldenburg: Es läuft wieder einiges gegen dich, aber niemand resigniert. Obwohl wir die ganze Zeit dieses Auswärtsgefühl mit uns herumschleppen. Das zeigt, dass jeder Einzelne sich ins Kollektiv einbringen will und für das Team da ist. Wir haben untereinander ein gutes Verhältnis, wir reden viel und unternehmen viel zusammen.

Wie schwierig war es, als Kapitän nach Auswärtsklatschen wie in Meppen oder Osnabrück versuchen zu müssen, den Laden irgendwie zusammenzuhalten?

Seegert: Da herrscht im Bus auf der Heimfahrt absolute Stille. Da braucht jeder seine Zeit, um mit so einer Extremsituation umzugehen. In so einer Höhe zu verlieren, nagt schon an einem. Man braucht zwei, drei Tage, um das abzuschütteln. Aber danach haben wir uns wieder gepusht und auf dem Platz Gas gegeben – sonst hätten wir nicht jeweils die Antworten mit den Siegen in den Heimspielen geben können. Immer wieder aufzustehen, das muss man auch einmal als Stärke hervorheben.

Beim Blick auf die Tabelle fällt auf, dass der Waldhof mit nur zwei Siegen mehr nahe an einem Aufstiegsplatz stehen würde. Sind die weiterhin intakten Perspektiven – trotz einer durchwachsenen Halbserie – auch eine große Motivation in der Winter-Vorbereitung?

Seegert: Jeder kann sich sicher sein, dass niemand von uns in die Pause geht und sagt: Die Saison ist jetzt eigentlich vorbei. Ganz im Gegenteil. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vereine, die das Feld von hinten aufgerollt haben. Würzburg, Bayern II, oder unser Rivale aus der Pfalz. Wir reden von fünf Punkten, das sind im Endeffekt nur zwei Spiele. Wir schauen, wo wir uns verbessern können. Wir gehen jetzt in eine lange Vorbereitung, in der sich schon alle besser kennen und wir gemeinsam Extremsituationen überstanden haben. Das könnte uns zugutekommen, weil andere Mannschaften diese Phasen noch nicht durchgestanden haben.

Aufgrund der Winter-WM in Katar pausiert die 3. Liga so lange wie noch nie, fast zwei Monate. Kann das für den SV Waldhof auch zu einem Vorteil werden? Etwa, um Abläufe noch besser einzuüben?

Seegert: Zu 100 Prozent. In den vergangenen Jahren war die Pause immer kurz. Diesmal haben wir wie im Sommer die Möglichkeit, uns einzuspielen, vielleicht neue Dinge auszuprobieren, die uns dann besser zu Gesicht stehen. Das ist wie ein Reset-Knopf, den man jetzt noch einmal drücken kann. Fünf Punkte Rückstand sind in der 3. Liga nicht mega viel. Wir sollten jetzt runterfahren, die zwei Wochen Urlaub genießen – und danach geht es wieder an die Arbeit und wir versuchen, aus der Vorbereitung das Beste herauszuholen.

Apropos Runterfahren und Genießen: Was macht Marcel Seegert in der trainingsfreien Zeit bis 2. Dezember?

Seegert: Ich werde mit meinem Kumpel Jan-Christoph Bartels (Waldhof-Torhüter, d. Red.) einen Rucksack-Trip nach Thailand machen. Wir wollten die längere Pause im Winter einmal ausnutzen, das bietet sich an. Wir machen dort ein bisschen Inselhopping und versuchen, so viel wie möglich mitzunehmen und zu erleben.

Und werden Sie sich viele Spiele der WM in Katar anschauen?

Seegert: Ich bin da zwiegespalten. Ich habe mir mehrere Dokus zu dem Thema angeschaut. Das war schon sehr erschreckend und lässt einen mit gemischten Gefühlen darauf blicken. Normalerweise schaut man sich gerne die WM an, weil man einfach die einzelnen Spieler sehen will. Aber auf der anderen Seite finde ich es grenzwertig, dieses Turnier zu unterstützen.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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