Fußball

Warum das Horrorszenario Regionalliga für den SV Waldhof immer realistischer wird

Der Trainerwechsel verpufft, das fürchterliche 0:2 gegen Saarbrücken ein neuer Tiefpunkt in einer an Tiefpunkten reichen Saison: Der SV Waldhof taumelt Richtung Regionalliga. Ist der Traditionsverein noch zu retten?

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Alexander Müller
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Sechs Spiele, vier Punkte: Die 2024er-Bilanz von Mittelstürmer Terrence Boyd und dem SV Waldhof ist abstiegsreif. © Michael Ruffler

Mannheim. Wenn gar nichts mehr geht, die Lage komplett aussichtslos scheint, bleibt immer noch Drafi Deutscher. „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unser Waldhof nicht. Alles, alles geht vorbei, doch wir bleiben treu“, stimmten die Fans des SV Waldhof in der Schlussphase bei der 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Saarbrücken einen Gassenhauer des deutschen Schlagers an.

Was bleibt dem SVW auch noch, außer trotzigen Durchhaltegesängen? Nicht mehr viel.

Der Trainer wurde ausgetauscht, im Winter viel Geld für Neuzugänge von der Kategorie eines Terrence Boyd oder Lukas Klünter in die Hand genommen. Und dann stehen da die nackten, erschütternden Zahlen: Aus sechs Partien im Jahr 2024 haben die Mannheimer kümmerliche vier Punkte geholt. Fußballerisch ist auch in den drei Partien unter Rehm-Nachfolger Marco Antwerpen kein substanzieller Fortschritt zu erkennen.

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Im Gegenteil: Der blutleere, fehlerbehaftete und teilweise dilettantische Auftritt gegen keineswegs übermächtige Saarbrücker gehörte zu den Tiefpunkten dieser an Tiefpunkten reichen Katastrophensaison. Man muss kein ausgebildeter Prophet sein, um zu erahnen, wo das alles im Mai enden dürfte, wenn eine nachhaltige Trendwende ausbleibt: mit dem Abstieg in die ungeliebte Regionalliga Südwest. Das wäre für den SV Waldhof kein simpler Betriebsunfall, sondern ein geradezu apokalyptisches Ereignis, das den Verein in seinen Grundfesten erschüttern würde.

Die Suche nach den Schuldigen läuft seit geraumer Zeit. Trainer Rüdiger Rehm ist schon weg, Geschäftsführer Markus Kompp auch. Weiter in Amt und Würden befindet sich allerdings Sportchef Tim Schork, der diesen Kader mit all seinen Defiziten zu verantworten hat. Defizite, an denen auch der als Retter geholte Antwerpen nach nur zweieinhalb Wochen im Amt zu verzweifeln beginnt.

Das Problem in der Luft: Kopfballschwäche beim SV Waldhof?

Saarbrückens Sportlicher Leiter Jürgen Luginger erzählte nach dem Abpfiff, in der Vorbereitung vor dem Spiel sei die Waldhöfer Kopfballschwäche – gerade nach dem Ausfall von Kapitän Marcel Seegert (Rippenanbruch) – ein zentrales Thema gewesen. Folgerichtig fielen beide Gästetreffer mit dem Kopf, erst durch Luca Kerber (29.), dann durch Bjarne Thoelke (45.).

Trainer Antwerpen dementierte die Qualitätsfrage beim Thema Lufthoheit zumindest nicht. „Jeder dieser Spieler stellt sich hin und sagt: Ich möchte in der 3. Liga spielen. Also müssen wir die Spieler dahin bekommen, dass sie es auch machen, vernünftig in der Box zu verteidigen. Wir haben auf einige Dinge hingewiesen, die werden nicht umgesetzt. Dann hat es aus meiner Sicht mit der Konzentration zu tun, die in dem Moment nicht da ist“, sagte er.

Nun rächt sich erneut, dass Kaderplaner Schork den Fokus bei den Winter-Verpflichtungen auf die Offensive legte. Obwohl das Manko in der Defensive seit Jahren offensichtlich ist: In 26 Liga-Spielen hat der SVW auch in dieser Saison bereits 45 Gegentreffer kassiert. Wenn das in diesem Stil weitergeht, wird der Klassenerhalt ein unrealistisches Unterfangen. „Das ist der Knackpunkt: Wir bekommen immer viel zu einfache Gegentore. Wir müssen die Spieler viel mehr animieren, die Gegenspieler zu verteidigen und nicht einfach nur im Raum zu stehen“, sagte Antwerpen.

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Aber auch der neue Trainer muss sich Fragen gefallen lassen. Wenn man um die Probleme in der Luft weiß, wieso bekommt Tim Sechelmann zunächst den Vorzug vor dem vergleichsweise kopfballstarken Innenverteidiger Malte Karbstein? Wieso wird das beim 1:3 gegen Ulm gescheiterte Experiment mit dem eher spielerisch veranlagten Per Lockl im defensiven Mittelfeld wiederholt, statt zumindest einen waschechten Abräumer wie Julian Rieckmann oder einen laufstarken Lückenschließer wie Baxter Bahn zu bringen? Warum ist Last-Minute-Zugang Martin Kobylanski, der angebliche Lieblingsspieler des Trainers, unumstrittene Stammkraft, obwohl seine Leistungen für Mannheim bisher den Verdacht nahelegen, dass er von seiner Form aus Glanztagen aktuell weit entfernt ist? Weshalb hängt Torjäger Terrence Boyd weiterhin derart in der Luft? Und hat dieses Team überhaupt das passende Personal für die neu eingeführte Abwehr-Dreierkette?

Antwerpen, dem der Ruf vorauseilt, seine Mannschaften nach Amtsübernahme schnell auf Erfolg trimmen zu können, wartet nach drei Partien mit nur einem Punkt immer noch auf den ersten Sieg. Der 52-Jährige packt seine Spieler härter an, wie der viertelstündige Rapport nach Saarbrücken in der Kabine bewies. Seine Trainingsarbeit, die taktischen Veränderungen und personellen Rochaden bringen bisher allerdings nicht den gewünschten positiven Impuls. Antwerpen – man kann ihm das nach so kurzer Zeit auch kaum zum Vorwurf machen – hat noch keinen richtigen Zugriff auf dieses taumelnde Team gefunden. „Es ist für mich die schwierigste Situation meiner Trainerkarriere, das kann ich schon so sagen“, gestand der Mann aus Unna am Sonntag. So kompliziert hat sich Antwerpen seinen neuen Job offensichtlich nicht vorgestellt.



Verbockt hat es aber in erster Linie die Mannschaft. Von den Spielern waren nach dem kleinen Derby, das vor allem im ersten Abschnitt einem sportlichen Offenbarungseid glich, zumindest selbstkritische Worte zu hören. „Es gibt keine Alibis und Ausreden mehr. Im Endeffekt stehen wir auf dem Platz und sind dafür verantwortlich. Ich bin überzeugt davon, dass wir Abstiegskampf können“, sagte Fridolin Wagner. Und Jalen Hawkins bekundete mit leiser Stimme: „Ich kann nur sagen, dass wir alles dafür geben werden, nicht abzusteigen. Wir glauben noch daran“, um dann zu ergänzen: „Gefühlt müssen wir jetzt die Hälfte der Spiele gewinnen.“

1860 München hilft dem SV Waldhof mit Sieg gegen Halle

In der Tat. Um die 40-Punkte-Marke zu erreichen, brauchen die Mannheimer (zurzeit 24 Punkte) grob gerechnet sechs Siege und ein paar Unentschieden aus den verbleibenden zwölf Partien. Da 1860 München am Sonntagabend Halle (25 Punkte) mit 1:0 schlug, ist das rettende Ufer zumindest weiter in Sichtweite. Zumindest der letzte Strohhalm ist noch nicht abgerissen – auch wenn von hinten mit zwei Siegen in Folge nun der MSV Duisburg (23) aufkommt.

Die Partie am Sonntag (19.30 Uhr) bei Schlusslicht SC Freiburg II bekommt vor diesem Hintergrund aber schon den Charakter eines ersten „Endspiels“. „Da müssen wir punkten“, forderte Wagner. Trotz seines unübersehbaren Ärgers über den völlig missratenen Auftritt im Südwest-Duell gegen Saarbrücken fand auch Antwerpen am Ende noch ein bisschen Restoptimismus für den Abstiegskampf. „Es wird schon eine Herausforderung, die Spieler dahin zu bekommen, wo wir sie haben wollen. Aber der werden wir uns stellen und in der nächsten Woche ein anderes Gesicht zeigen“, formulierte der 52-Jährige. Dann müssten die Waldhof-Fans im Dreisamstadion jedenfalls nicht erneut zum Durchhalte-Schlager von Drafi Deutscher greifen.

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Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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