Mannheim. Seinen ersten Medienauftritt als Profi des SV Waldhof absolviert Marc Schnatterer jugendlich lässig gekleidet: weißes Shirt, eine Cargohose, dazu Sneaker einer amerikanischen Skatermarke. Man sieht ihm seine 35 Jahre nicht an, dem prominenten Neuzugang des Mannheimer Fußball-Drittligisten. Beim 1. FC Heidenheim gilt Schnatterer als Ikone. 13 Jahre lang spielte der offensive Mittelfeldspieler für den Club von der Ostalb, war eine prägende Figur beim Durchmarsch von der Regionalliga bis ans Tor zur Bundesliga - die Relegation 2020 verlor der FCH knapp gegen Werder Bremen. In 457 Spielen für Heidenheim erzielte Schnatterer 122 Tore und bereitete weitere 128 Treffer vor. Das ist eine sensationelle Quote, die man sonst in der 3. Liga kaum findet.
Im Herbst seiner Karriere sucht der Heilbronner noch einmal eine neue Herausforderung. Für den Waldhof ist seine Verpflichtung aufgrund von Schnatterers Vita ein echter Coup. Er gilt als großer Hoffnungsträger, um in der nächsten Saison vielleicht weiter oben in der Tabelle angreifen zu können. Die Frage bleibt nur: Hat er noch den Ehrgeiz früherer Tage und kann nach einer Saison, in der er bei Zweitligist Heidenheim über die Jokerrolle nicht mehr hinaus kam, auch auf dem Platz wieder als Führungsspieler mit Leistung vorangehen?
Der kurze Draht von Kientz
Schnatterer sieht das entspannt. „Der Trend geht Richtung Jugend, aber ich glaube, dass Erfahrung auch gut tut“, sagt er. „Ich fühle mich noch gut und werde alles dafür tun, erfolgreich zu sein. Auch mit 35 Jahren. Ich bin bisher immer von den größten Verletzungen verschont geblieben, habe vergangene Saison komplett mittrainiert, auch wenn ich nicht so viel spielen konnte. Wenn ich mich nur noch durchgeschleppt und körperliche Probleme gehabt hätte, wäre es vielleicht im Sommer auch vorbei gewesen.“
Es kam anders. Waldhof-Sportchef Jochen Kientz nahm Kontakt zu Schnatterers Berater Dirk Lips auf, der ihn zu seinen Profizeiten einst selbst betreut hat. Selbst wenn der frühere Heidenheimer künftig sicher zu den Top-Verdienern im Waldhof-Kader gehören dürfte, verliefen die Vertragsgespräche nach seinen Angaben komplikationslos: „Wir haben uns bei den Rahmenbedingungen alle aufeinander zubewegt. Keiner war stur.“
Es geht ihm nicht ums Geld. Schnatterer will wieder mehr auf dem Platz stehen, Tore vorbereiten und schießen. So wie früher. Und die frenetische Stimmung genießen, die die Fans des SV Waldhof erzeugen können - wenn sie in der kommenden Saison hoffentlich wieder live dabei sein dürfen. „Ich hoffe, dass die Zuschauer zurückkommen. Das wird ein Gänsehaut-Moment sein und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Carl-Benz-Stadion ein Hexenkessel werden kann“, sagt der neue Offensivmann des SVW.
Trainer Patrick Glöckner ist zufrieden, einen Mann von Schnatterers Klasse nach Mannheim gelockt zu haben. „Er soll eine Säule bei uns werden“, sagt der 44-Jährige. „Wir sehen ihn als kreativen Spieler im Mittelfeldzentrum. Er hat die nötige Ruhe auf dem Platz, kann das Spiel regulieren, ist mit seiner Erfahrung ein Ansprechpartner für die jungen Spieler und hat eine bekannte Stärke bei Standardsituationen.“ Wahrscheinlich wird Schnatterer als Zehner im offensiven Mittelfeld oder hängende Spitze hinter Mittelstürmer Dominik Martinovic (zuletzt 13 Saisontore) auflaufen - das liest sich auf dem Papier nach einer vielversprechenden Kombination.
Vertrag bis Sommer 2022
Und seine Ziele? Da hält sich Schnatterer erst einmal bedeckt. „Ich möchte eine gute Vorbereitung machen und dazu beitragen, dass wir erfolgreich sind - auch mit Toren und Vorlagen. Aber sich auf eine konkrete Zahl festzulegen, würde keinen Sinn machen“, sagt er. Die ihm zugedachte Rolle als Führungsspieler, nimmt der Routinier an. „Ich verstecke mich nicht vor der Verantwortung. Ich möchte meine Erfahrung weitergeben. Das wird von mir erwartet, und dem versuche ich, gerecht zu werden“, erklärt Schnatterer. Die neuen Kollegen freuen sich jedenfalls schon auf den Neuen mit dem großen Namen. „Jeder von uns kann sich bei ihm noch etwas abschauen. Ich schätze Marc so ein, dass er ein so offener, sympathischer Typ ist. Von daher glaube, ich dass das sehr gut passt“, sagt Kapitän Marcel Seegert.
Ob der SVW seine letzte Profi-Station wird, da will sich Schnatterer nicht festlegen. Auch zu seiner Vertragslaufzeit äußert er sich nicht. „Wenn ich hier noch ein, zwei oder drei Jahre spielen kann und es dann zu Ende geht, bin ich zufrieden“, sagt er. Nach Informationen dieser Redaktion hat er aber zunächst nur einen Vertrag bis 2022 unterschrieben.
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