Mannheim. Während auf und vor der Otto-Siffling-Tribüne eine wilde Nichtabstiegsparty über die Bühne ging, stand Marco Antwerpen ein wenig abseits am Mittelkreis. Der Trainer, der den SV Waldhof in den vergangenen Monaten mit einem Kraftakt im Profifußball gehalten hat, brauchte nach dem 4:2 (4:0)-Sieg gegen den SV Sandhausen am Samstag ein bisschen Ruhe. „Es war eine anstrengende Zeit, ich muss erst einmal selbst runterfahren“, sagte Antwerpen kurz nac dem Abpfiff im Fernsehinterview bei „MagentaSport“.
Als sich der 52-Jährige ein paar Minuten später mit seinem Assistenten Frank Döpper in die Kabine verabschiedete, wirkte er schon viel gelöster. Antwerpen erwiderte mit einem Lächeln den Applaus, der ihm von der Haupttribüne entgegenbrandete. Die verdiente Wertschätzung für den Fußballlehrer aus Unna im östlichen Ruhrgebiet.
Man benötigt nicht besonders viel Fantasie, in welcher Liga der SV Waldhof in der nächsten Saison mit hoher Wahrscheinlichkeit spielen würde, wenn der Trainerwechsel von Rüdiger Rehm zu Antwerpen Ende Januar nicht die Trendwende eingeleitet hätte. Der neue Coach führte die zuvor strauchelnden Mannheimer mit einem guten Punkteschnitt von 1,43 auf den sechsten Platz der Rückrundentabelle - und damit zum Klassenerhalt am vorletzten Spieltag. „Er war tatsächlich der Mann, der nochmal das Nötige aus der Mannschaft herauskitzeln konnte“, lobte Präsident Bernd Beetz den früheren Mittelstürmer von Preußen Münster.
„Es war eine Riesenherausforderung“
Die Rettung gelang trotz eines missratenen Starts. „Der Einstieg war denkbar schlecht, daran kann sich jeder erinnern“, sagte Antwerpen am Samstag. In den ersten vier Spielen blieb der Coach sieglos. „Wenn du eine Mannschaft im unteren Bereich der Tabelle übernimmst, stimmen viele Dinge nicht so, wie du dir das vorstellst. Wir mussten uns erstmal ein Bild davon machen, wie die Mannschaft funktioniert. Es war eine Riesenherausforderung“, erklärte Antwerpen.
Er probierte herum, versuchte es mit einer Dreierkette in der Abwehr und verwarf die Idee wieder. Antwerpen suchte wochenlang nach dem richtigen Personal, einer verlässlichen Achse für den Abstiegskampf. Bis er sie schließlich fand. „Wir haben gegen Freiburg (0:1-Niederlage, d. Red.) angefangen, richtig guten Fußball zu spielen. Da hat uns nur das Ergebnis gefehlt“, sagte er im Rückblick. Und dann kam das Knackpunkt-Spiel gegen den damaligen Tabellenführer Jahn Regensburg, bei dem die Mannheimer einen 0:1-Rückstand zur Pause in einen 3:1-Erfolg verwandelten. „Nach diesem Sieg haben die Jungs schon wieder ein bisschen mehr an sich geglaubt“, meinte Antwerpen. Nach dem Regensburg-Coup verlor der SVW nur noch ein Spiel, das 0:2 gegen RW Essen.
Der Retter hatte die richtige Rezeptur gefunden. Spätestens, als der Waldhof im März und April eine Serie startete und die Leistungen stabil gut blieben, erinnerten sich immer weniger Fans an die Vergangenheit des neuen Trainers beim in Mannheim inniglich ungeliebten 1. FC Kaiserslautern. Irgendwie passt der kantige Charakterkopf Antwerpen auch gut zu den Menschen in der Kurpfalz. Er ist direkt, verbiegt sich nicht und handelt konsequent, wenn er den Erfolg gefährdet sieht. Mittelfeld-Mann Julian Rieckmann holte er gegen Bielefeld aus Leistungsgründen schon nach 23 Minuten vom Platz, in Verl erlebten Jalen Hawkins und Jonas Carls nach Einwechslungen in der Schlussphase den Abpfiff wieder auf der Bank.
Das emotionale Umfeld des wuchtigen Traditionsvereins SV Waldhof hat Antwerpen schnell schätzen gelernt. Auch nach dem Sieg gegen Sandhausen lobte er „die tolle Atmosphäre“ im Carl-Benz-Stadion. Die sportliche Richtung beim SVW stimmt wieder, die Fans sind Antwerpen dankbar für die erfüllte Rettungsmission - da müsste es doch auch mit ihm in der neuen Saison als Trainer weitergehen? „Ich gehe davon aus, dass er bleibt“, sagte Präsident Beetz.
Antwerpen selbst berichtete von weit fortgeschrittenen, „positiven Gesprächen“ über eine weitere Zusammenarbeit, denn sein Vertrag hat sich nach Informationen dieser Redaktion durch den Klassenerhalt nicht automatisch verlängert. Doch die Signale stehen auf mindestens eine weitere Saison beim SVW. „Ich fühle mich sehr wohl in Mannheim“, sagte Antwerpen am Samstag - und verabschiedete sich zur kleinen Rettungsfeier im Restaurant „Maruba“ am Neckar. „Da werde ich mir ein Glas Wein gönnen.“
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