Mannheim. Abhandlungen über die Bedeutung der Psychologie im Sport füllen ganze Bücherregale. Positiverlebnisse können eine Mannschaft sukzessive in einen Zustand der Euphorie versetzen, in dem Dinge funktionieren, die man nicht für möglich gehalten hat. Das nennt man dann einen Lauf.
Umgekehrt können aber auch Negativereignisse zu mentalen Blockaden führen, die eine Dynamik in Gang bringen, in der sich schlechte Abläufe und Pannen wiederholen.
Anspannung nach dem Anschlusstreffer
Als der SV Waldhof am Sonntagnachmittag gegen den Halleschen FC gut 20 Minuten vor dem Ende den Anschlusstreffer zum 2:3 kassierte, drohte genau das zu passieren. „Wir sind alle Menschen. Und jeder, der im Stadion saß, hat daran gedacht. Das ist natürlich auch ein Thema im Kopf der Spieler“, sprach SVW-Trainer Rüdiger Rehm danach über die um sich greifende Angst im Lager der Blau-Schwarzen, wie schon beim 2:2 gegen den VfB Lübeck wieder einen Zwei-Tore-Vorsprung auf der Zielgeraden herzuschenken.
Wir hatten die ersten drei Spiele nicht gewonnen, das Lübeck-Spiel leichtfertig aus der Hand gegeben. Dann setzt sich so was in den Köpfen fest. Man muss sich dagegen wehren
Mit nicht zu unterschätzenden Folgen: Hätte Halle noch das 3:3 erzielt - und Chancen dazu hatten die Gäste durchaus - hätten die Mannheimer nach dem vierten Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz der 3. Liga gestanden. Doch diesmal hielt der SVW dem Druck stand und brachte einen 3:2-Sieg über die Zeit, der nicht nur tabellarisch, sondern auch psychologisch enorm wertvoll war.
„Wir hatten die ersten drei Spiele nicht gewonnen, das Lübeck-Spiel leichtfertig aus der Hand gegeben. Dann setzt sich so was in den Köpfen fest. Man muss sich dagegen wehren, und das hat die Mannschaft gemacht“, sagte Trainer Rehm, der mit dem alles überstrahlenden Gefühl der Erleichterung im Rücken die tiefere Analyse der eigenen Leistung auf den nächsten Tag verschob.
Waldhof-Team besticht mit Mentalität
Wenn sich der Coach das Halle-Spiel noch einmal anschaut, wird er - wie eigentlich in jeder Partie dieser Saison - ein differenziertes Resümee ziehen müssen. Einerseits schlug der SVW trotz des frühen Nackenschlags beim 0:1 durch ein Traumtor von Enrique Lofolomo in der 5. Minute (Rehm: „Da hast du das Gefühl, die ganze Welt ist gegen dich“) mit einer überragenden Mentalität zurück. Minos Gouras (6.), ein Eigentor von Lofolomo (10.) und ein verwandelter Foulelfmeter von Baxter Bahn (13.) machten aus dem Rückstand blitzartig einen 3:1-Vorsprung. „Da haben wir richtig Power entwickelt und den einen oder anderen Fehler des Gegners ausgenutzt. In dieser Phase hat man unser Potenzial gesehen“, lobte Rehm.
Statt den wankenden HFC aber mit dem vierten Treffer final aus der Bahn zu werfen, schaltete der Waldhof schrittweise immer weiter in den Verwaltungsmodus zurück, spielte seine Kontermöglichkeiten vor allem in Person der eingewechselten Yann Mabella und Berkan Taz teils stümperhaft aus - und musste nach Tom Baumgarts 2:3 (69.) gegen einen insgesamt biederen Gegner noch einmal um den ersten Saisonsieg bangen. Was komplett unnötig war.
Ein Sieg tut immer gut. Wir konnten uns da unten in der Tabelle befreien. Das entspannt die Lage ein bisschen
Der Schlusspfiff wirkte wie eine Erlösung - und der SVW endlich in der neuen Saison angekommen. „Ein Sieg tut immer gut. Wir konnten uns da unten in der Tabelle befreien. Das entspannt die Lage ein bisschen“, sagte Innenverteidiger Julian Riedel, nachdem er mit seinen Abwehrkollegen in der Schlussphase Schwerstarbeit verrichtet hatte.
Trainer Rehm hofft darauf, dass der hart erkämpfte erste Dreier die mentalen Blockadeerscheinungen zumindest weitgehend beseitigt hat. „Wir wissen, was wir können. Wir wissen aber auch, dass wir noch ganz, ganz viel zu tun haben“, erklärte der 44-Jährige. Am Samstag treten die Mannheimer als Tabellenfünfzehnter beim Sechzehnten Preußen Münster an, bevor die 3. Liga am zweiten September-Wochenende eine Länderspiel-Pause einlegt.
Neuzugang Kelvin Arase, am Sonntag der beste Waldhöfer auf dem Platz, forderte bereits: „Jetzt sind wir halbwegs hinten weg und müssen weiter punkten. Wir sind erst am Anfang der Saison. Es kann immer alles passieren.“ Den Schwung aus dem Arbeitssieg gegen Halle will auch der Trainer mitnehmen. „Jetzt haben wir mal einen Sieg geholt und fahren mit breiter Brust nach Münster.
Nun gilt es, auch mal ein Auswärtsspiel so zu bestreiten, dass wir drei Punkte einfahren“, sagte Rehm. Er würde sicher gerne liebend darauf verzichten, dass ein anderes Kopfthema aus der Vorsaison wiederbelebt wird: die unerklärliche Schwäche des SVW in Auswärtsspielen. In dieser Saison haben die Mannheimer ihre ersten beiden Liga-Partien in gegnerischen Stadien schon wieder verloren.
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