Das neue Mannheim-Shirt aus dem Waldhof-Fanshop saß einwandfrei, als sich Daniel Keita-Ruel nur wenige Minuten nach seiner Vertragsunterschrift beim Mannheimer Fußball-Drittligisten am Donnerstag auf einer Pressekonferenz vorstellte. „Tore natürlich“, antwortete der 32-jährige Angreifer auf die nahe liegende Frage, was die Anhänger des SVW von ihm erwarten können. Die Wahl bei der Suche nach einem Mittelstürmer, der im Idealfall eine gewisse Quote garantieren soll, fiel also auf Keita-Ruel.
Ein Profi mit einer überaus schillernden Vita (dazu später mehr), der in 100 Zweitliga-Spielen für die SpVgg Greuther Fürth und den SV Sandhausen mit 32 Toren seine Qualitäten im Strafraum unter Beweis gestellt hat. Der in Wuppertal geborene Sohn einer französischen Mutter und eines senegalesischen Vaters ist andererseits seit Februar 2022, als der SVS den Vertrag mit ihm auflöste, ohne Spielpraxis.
„Er ist logischerweise nicht bei 100 Prozent. Aber er hat viel gemacht, er ist spielfähig und kann von 0 auf 100 sofort rein. Dann muss mal schauen, wie lange die Kraft reicht“, stellte Waldhof-Trainer Christian Neidhart seinem Neuzugang bereits am Samstag (14 Uhr) gegen Borussia Dortmund II einen Kaderplatz in Aussicht. Keita-Ruel hat sich in den vergangenen Monaten mit einem Personal Trainer fit gehalten und soll über Extraschichten am Alsenweg in den nächsten Wochen an das körperliche Niveau seiner Kollegen herangeführt werden. „Ich werde nicht lange brauchen“, meinte Keita-Ruel.
Neidhart: „Ein Hochkaräter“
Von der Qualität des neuen Mittelstürmers ist Neidhart überzeugt. „Wir freuen uns riesig darüber, hier noch einmal einen Hochkaräter präsentieren zu können. Wir können einen guten gemeinsamen Weg gehen“, meinte der SVW-Coach. Nicht komplett beantwortet wurde am Donnerstag allerdings die Frage, warum die Verpflichtung des vereinslosen Angreifers so lange gedauert hat. Laut Neidhart standen beide Parteien seit zwei Monaten in Kontakt. Keita-Ruel sprach von anderen Interessenten. „Es hat etwas gedauert“, sagte der 32-Jährige. „Aber ich brenne wirklich sehr für diese Aufgabe beim SV Waldhof.“
Die Lebensgeschichte des neuen Mannheimer Stürmers liest sich wie Stoff für einen Kinofilm. Keita-Ruel hat sie in einem Buch mit dem Namen „Zweite Chance. Mein Weg aus dem Gefängnis in den Profifußball“ aufgearbeitet. Im Jahr 2011 hatte der junge Torjäger, der zu jener Zeit beim Wuppertaler SV spielte, als Mitglied der Bande „Big Boys“ einen Baumarkt sowie mehrere Postfilialen überfallen und dabei insgesamt 100 000 Euro ergattert. „Das Geld versteckte ich wieder in meinem Kleiderschrank. Es war verrückt, völlig unwirklich. Ich lag da und dachte: Jetzt bist du endgültig in einer Gang, ein Verbrecher. Krass. Ich fühlte mich wie ferngesteuert, wie ausgeknipst“, beschreibt er in seiner Biografie die damalige Zeit.
Keita-Ruel wurde zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er vier absitzen musste. Doch er arbeitete während seiner Haftzeit wie ein Besessener an sich - und verdiente sich so seine zweite Chance. Beim damaligen Drittligisten Fortuna Köln und in Sandhausen förderte ihn der heutige Saarbrückener Trainer Uwe Koschinat, auch seine zwei Jahre in Fürth verliefen erfolgreich. Nachdem beim SVS Alois Schwartz als Coach zurückgekehrt war, geriet der Angreifer am Hardtwald jedoch sportlich aufs Abstellgleis.
Aber auch nach seinem eher unfreiwilligen Abschied aus Sandhausen wohnte Keita-Ruel weiter in Mannheim. „Ich fühle mich hier zuhause“, sagte er am Donnerstag. Mögliche Vorbehalte, er könne ein nicht so einfach zu integrierender Charakter sein, wischte er schnell beiseite: „Ich will auf und neben dem Platz ein Vorbild sein.“
Druck für Martinovic
Einen Stürmer, der zuverlässig Tore produziert, kann der SVW nach den Eindrücken der ersten Saisonphase auf jeden Fall gut gebrauchen. Vor allem auf Dominik Martinovic dürfte der Druck durch Keita-Ruels Verpflichtung zunehmen - er hat im Kalenderjahr 2022 erst zweimal getroffen. Gegen Dortmund II, wenn die Neuverpflichtung womöglich ihr Waldhof-Debüt feiert, muss Coach Neidhart weiter improvisieren. Marc Schnatterer, Gerrit Gohlke, Marco Höger, Johannes Dörfler und Alexander Rossipal fallen aus, nur Niklas „Willy“ Sommer könnte in den Kader zurückkehren. Eine „Trotzreaktion“ auf das 2:6-Debakel in Meppen forderte Neidhart.
Neben Keita-Ruel könnte am Samstag auch ein weiteres neues Gesicht auf der Waldhof-Bank Platz nehmen, wie der Trainer am Donnerstag andeutete: „Wir sind noch nicht mit unseren Transfertätigkeiten fertig. Vielleicht gibt es noch eine Überraschung vor dem Wochenende.“ Die Mannheimer suchen händeringend einen zweiten Linksverteidiger als Alternative zu Rossipal.
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