Mannheim. Am Tag nach dem Relegationsspiel zur 3. Fußball-Liga zwischen dem SV Waldhof und Uerdingen läuft die Suche nach Ursachen für die Gewalt-Eskalation am Sonntag im Mannheimer Carl-Benz-Stadion.
Die Polizei hat eine Sonder-Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Relegation" gebildet. Zurzeit würden die Videos aus dem Stadion und aus dem Raum drumherum ausgewertet, sagte ein Sprecher. Bis zum Dienstag dieser Woche müsse der SV Waldhof eine Stellungnahme beim Deutschen Fußball-Bund abgeben, sagte Waldhof-Geschäftsführer Markus Kompp auf Anfrage. Er bestätigte, dass ein Teil der Waldhof-Anhänger von Freitag auf Samstag vorige Woche eine sogenannte Aufwärm-Party im Stadion gefeiert hätte.
Der Geschäftsführer trat möglichen Vermutungen entgegen, dass ein Teil der Waldhof-Anhänger am Samstag einfach bis zum Sonntag im Stadion geblieben sei und somit Vorbereitungen für die gewalttätigen Ausschreitungen getroffen hätten. "Diese Aufwärm-Feiern sind bei uns klar geregelt. Die Besucher dieser Feier sind nicht bis Sonntag geblieben", sagte Kompp. Er geht davon aus, dass die Krawall-Macher vom Sonntag "Leute waren, die sonst nicht zum Waldhof gehen". Kompp verwies im Zusammenhang mit dieser Feststellung auf Videoauswertungen des Vereins.
Wie auf den Filmaufzeichnungen sichtbar werde, ob es sich um regelmäßige oder einmalige Stadion-Besucher handelt, konnte der Geschäftsführer nicht sagen. Der Polizeisprecher sagte dazu, es gebe bei der Polizei "keine Erkenntnisse, ob es sich bei den Tätern um einmalige oder regelmäßige Besucher des Stadions" handele.
GdP-Vorsitzender greift SVW-Vereinsführung schaf an
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim, Thomas Mohr, hatte in einer Mitteilung die Frage gestellt: "Wenn nun im Stadion eine Party der besagten Szene in der Nacht vor dem Spiel stattgefunden hat, ist dies zumindest zu hinterfragen, ob man hier zu wenig Kontrolle ausgeübt hat." Er griff die Vereinsführung des SV Waldhof scharf an und sagte, hier werde an manchen Stellen "falsche Betroffenheit" vorgespielt. Die Führung des Klubs kenne die Probleme schon lange, ohne sie entsprechend konsequent anzugehen.
Der Polizeisprecher sagte weiter, es gebe keine Strafanzeige gegen den Verein. Zurzeit werde geprüft, ob die Pyrotechnik wie Böller und Feuerwerk "organisiert ins Stadion gekommen sind". Weiter hieß es, die Ermittlungen konzentrierten sich auf Landfriedensbruch, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, gefährliche Körperverletzung, Widerstands gegen Beamte sowie Beleidigung.
Nach Angaben der Polizei wurden - wie berichtet - insgesamt 45 Personen während des Einsatzes verletzt, davon sechs Polizeibeamte. Von einem verletzten Kind, über das in Sozialen Netzwerken Gerüchte verbreitet wurden, war der Polizei bis Montagnachmittag indes nichts bekannt. "Wir haben nach unseren Erkenntnissen keine Anzeige vorliegen", so ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Demnach gab es zehn Festnahmen, bislang seien 24 Strafanzeigen gefertigt worden. Das Spiel war beim Stand von 2:1 für Uerdingen am Sonntag in der Schlussphase erst unterbrochen, dann abgebrochen worden. Aus einem Block waren Blendraketen abgefeuert worden, bengalische Feuer entfacht und Böller gezündet worden.
Rettungsdienst: 80 erkrankte oder verletzte Personen innerhalb und außerhalb des Stadions
Der Organisatorische Leiter Rettungsdienst nannte am Montag eine höhere Zahl von Verletzten als die Polizei. "Rechnet man alle mit dem Spiel in Zusammenhang stehenden Einsätze innerhalb und außerhalb des Stadions, kommt man auf 80 erkrankte oder verletzte Personen", sagte er dem "Mannheimer Morgen". "Es herrschte eine extrem aggressive Grundstimmung vor", schilderte er die Situation: "Vor meinen Augen wurden Polizisten mit Mülltonnen und Schirmständern beworfen", sagte er.
Kurz nach dem Spielabbruch sei es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen "einem Mob von rund 100 Personen" und Polizisten im Bereich der Haupttribüne gekommen, die von der Polizei auch nur durch den Einsatz von Reizgas niedergeschlagen werden konnte. Er stand direkt dabei, viele Unbeteiligte seien in die Reizgasschwaden geraten. "Dadurch gab es dann innerhalb von wenigen Minuten etwa 25 Betroffene, die ich im VIP-Bereich des Stadions sammelte". Ihnen half er bei der Reinigung der Augen mit Wasser, obwohl er selbst mit Atemwegsreizungen und Augenbeschwerden zu kämpfen hatte. Der Sanitätsdienst im Stadion - 30 Helfer und ein Notarzt - sei zu dieser Zeit durch andere Einsätze gebunden, der reguläre Rettungsdienst ohnehin ausgelastet gewesen.
Der Einsatzleiter mobilisierte kurzfristig weitere 45 ehrenamtliche Rettungskräfte von Johannitern, Maltesern und Rotem Kreuz, die sich wegen der gewalttätigen Auseinandersetzungen vor dem Stadion teils weit entfernt unter der Carlo-Schmid-Brücke, teils auf dem Gelände des Bildungszentrums der Bundeswehr postierten. Daher habe man an dem Abend auch nicht mehr alle versorgten oder verletzten Personen sofort erfassen können. Zudem seien die Mobilfunknetze teilweise zusammengebrochen. "Dank der hervorragend agierenden Polizei konnte eine weitere Eskalation mit vielen Verletzten verhindert werden", so der Zeuge.
Sonntagabend "Nach-Feier" im Carl-Benz-Stadion
Nach Informationen des "Mannheimer Morgen" hat es am Sonntagabend - mehrere Stunden nach dem Spielabbruch - von etwa 21.30 Uhr bis etwa Mitternacht nochmals eine Art Nach-Feier im Carl-Benz-Stadion gegeben. Wie viele Anhänger zugegen waren, ließ sich bisher nicht ermitteln. Auch ob darunter diejenigen waren, die für den Krawall und die Gewalt verantwortlich waren, ist bislang unklar.
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