Mannheim. Müde sieht er aus. Abgekämpft. Und auch ein bisschen desillusioniert. „Gratulation an unseren Gegner. Der war uns in ganz vielen Bereichen lange Zeit überlegen“, sagt Gerhard Zuber kurz nach Abpfiff im Kabinengang. Was der Geschäftsführer Sport des SV Waldhof Mannheim hingegen von seiner Mannschaft gesehen hatte, sei deutlich zu wenig gewesen. Ein Befund, der nach einem Pokalspiel vor fast 4.000 eigenen Fans die Alarmglocken schrillen lässt.
„In Wahrheit hätte sich unser Gegner heute das Weiterkommen verdient“, spricht Zuber aus, was alle denken nach dem 4:1 des SV Waldhof über den FC-Astoria Walldorf im Viertelfinale des Badischen Fußball-Verbandspokals. 4:1, das klingt nach klarem Sieg. Dabei brauchte der SVW ein Tor in der fünften Minute der Nachspielzeit, ein Eigentor in der Verlängerung und zwei späte Kontertore durch Terrence Boyd, um sich gegen das an diesem Abend bessere Team durchzusetzen.
„Die haben klasse gespielt, und das auf diesem tiefen Platz“, fasst Doppeltorschütze Boyd zusammen. Walldorf, das in der Regionalliga Südwest oben mitmischt, spielt aus einem Guss. Ein Klassenunterschied zwischen Drittligist und Viertligist? Fehlanzeige. Umgekehrt machen die in Rot spielenden Walldorfer den ruhigeren, souveräneren Eindruck. „Wir waren einfach zu hektisch mit Ball“, gibt Waldhoftrainer Luc Holtz zu Protokoll und rätselt über die Gründe.
Der Gegner ist aggressiver – wie kann das sein?
Wie schon in Duisburg habe man zu viele Zweikämpfe verloren, viele zweite Bälle nicht bekommen, „weil der Gegner aggressiver war“. Wie aber kann das sein? Der SVW spielt zu Hause, kann endlich mal wieder richtig weit kommen im Verbandspokal, über den man sich für den lukrativen DFB-Pokal qualifizieren kann. „Irgendwann kommt dann auch der Kopf dazu. Ich weiß nicht, ob es was mit Selbstvertrauen zu tun hat“, stochert auch Holtz aktuell im Nebel – zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als Cheftrainer Mitte August dieses Jahres.
Er wolle nicht nur negativ sein. In Hoffenheim habe man ein gutes Spiel gemacht und 0:2 verloren. Jetzt habe man schlecht gespielt, die Partie gedreht und noch gewonnen: „Das war das große Ziel – und das haben wir geschafft.“ Warum dabei die Leistung so abfiel, weiß Holtz nicht. In der Trainingswoche sei alles dagewesen, Laufbereitschaft, Intensität, Aggressivität. Die große Frage sei: „Warum bekommen wir das nicht auf den Platz?“
Vermisst habe man die fußballerischen Qualitäten von Felix Lohkemper, Arianit Ferati und Diego Michel, die alle krank fehlen. „Das war nicht einfach, soll aber keine Entschuldigung sein. Wir müssen es trotzdem hinbekommen, uns gegen einen solchen Gegner anders zu präsentieren.“ Sturmtank Boyd wollte nichts auf den Teamgeist kommen lassen: „Es spricht ja auch für den Teamgeist, dass wir einen Rückstand gedreht haben. Wir ackern alle füreinander. Das Team ist intakt. Das ist nicht die Frage.“
Die Frage sei vielmehr: „Stellen wir uns immer clever an? Haben wir tatsächlich alles rausgehauen?“ Fragt sich nur, was besser ist - und was schlimmer? Ja, die Waldhöfer fallen nicht als Mannschaft auseinander. Aber sie bekommen gerade knochentrocken aufgezeigt, wo die Schwächen liegen. Es steckt schlichtweg nicht genügend Qualität im Kader, um sich irgendetwas zu erlauben, seien es gesundheitliche oder formbedingte Ausfälle. Bringt diese Truppe nicht 100 Prozent Fokus, Herz und Klasse auf den Platz, kann sie von einem besseren Regionalligisten hergespielt werden.
„Von der Mentalität her nicht stattgefunden“
Man müsse sehen, dass der SVW zuletzt zweimal gegen den Abstieg gespielt habe, Walldorf aktuell oben mitmische. „Der Unterschied ist also gar nicht so groß“, führt Zuber aus. Niklas Hoffmann, ohne dessen Last-Minute-Treffer zum 1:1 der Waldhof ausgeschieden wäre, bringt es auf den Punkt: „Wir haben von der Mentalität her nicht stattgefunden. Und letztlich geht es um Mentalität – egal in welchem Spiel.“ Fitness sei nicht das Problem gewesen: „Die Jungs, die auf dem Platz standen, waren gesund.“
Wie geht es weiter?
Die Länderspielpause kommt wie gerufen , um etliche Blessuren und Erkältungen auszukurieren. Auch gegen Walldorf musste Trainer Holtz teilweise improvisieren und hatte nicht viele Wechseloptionen. Die Auslosung des Halbfinales im BFV-Pokal ergab ein Gastspiel bei Verbandsligist 1. FC Bruchsal. Gespielt wird im März 2026.
Am Samstag, 22. November, um 14 Uhr trifft der SV Waldhof am 15. Spieltag der 3. Liga auf den SV Wehen-Wiesbaden . Es ist das Duell 12. gegen 13. Beide Teams haben aktuell drei Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze .
Die Partie bekommt nach den jüngsten Ergebnissen wegweisenden Charakter . Wiesbaden hat drei der letzten vier Ligaspiele verloren, der Waldhof drei der letzten fünf Partien.
Selten sei eine Länderspielpause so gelegen gekommen wie jetzt, sagt Trainer Holtz mit Blick auf Krankenstand und Formkurve. Der Waldhof hat jetzt erst einmal Zeit, sich zu berappeln. Aber er hat auch den brachialen Druck, schnell eine Lösung zu finden für seine Probleme. Wenn Kennedy Okpala der einzige Spieler ist, der konsequent Gegenspieler anläuft, ansonsten kein Pressing stattfindet, kein Leben ist in fast allen Aktionen, alles so behäbig und langsam und planlos aussieht, und das mitten in der Saison: Das gibt dann doch Anlass, sich ernsthafte Gedanken zu machen.
Eine sorgenfreie Saison wolle man spielen. Betonen Trainer, Sportchef, Spieler. Im Moment sieht vieles danach aus, dass die Sorgen wieder größer werden. Oder wie Sportchef Zuber sagt: „Trotz allem war es ein Sieg des Willens, und wir müssen jetzt versuchen, das Positive mitzunehmen. So oder so ist klar: Wir müssen uns steigern.“ Nächste Gelegenheit dazu ist am Samstag in einer Woche daheim gegen Wehen-Wiesbaden. Da geht es – noch viel krasser als im Pokal – nicht ums Können, sondern ums Müssen, droht dem SVW, zum dritten Mal in Folge in den Abstiegskampf der 3. Liga zu schlittern.
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