Handball

Uwe Gensheimer und sein Leben für die Löwen

Es sind nicht nur die Erfolge, die Uwe Gensheimer zu einer Legende der Rhein-Neckar Löwen machen. Seine Verdienste gehen weit über den Sport hinaus. Eine Würdigung

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
Fluch beendet: Uwe Gensheimer gewinnt 2023 den DHB-Pokal. © IMAGO/Anke Waelischmiller/SVEN S

Es gibt nicht viele Spieler in Handball-Deutschland, bei denen einzig und allein der Vorname reicht, um sie eindeutig zu identifizieren. Uwe Gensheimer ist solch ein besonderer Spieler. Allein der Klang seines Vornamens erzeugt ein Bild. Man hat sein Gesicht vor Augen. Und vermutlich auch das eine oder andere spektakuläre Tor, von denen er in seiner Laufbahn so viele erzielt hat.

Wenn man so will, ist „Uwe“ also nicht nur ein Vorname, sondern auch ein Auslöser. Ein Auslöser von Erinnerungen. Geschaffen von einem Mann, der nicht erst seine Karriere beenden muss, um eine Legende zu sein. Der waschechte Mannheimer ist genau das schon längst. Und zwar bei den Rhein-Neckar Löwen, seinem selbst ernannten „Herzensverein“, den er geprägt hat. Mit dem er gewachsen ist. Den er als Kapitän zum ersten Titel der Clubgeschichte (EHF-Pokal 2013) und zur ersten deutschen Meisterschaft (2016) führte. Und bei dem er schnell zum Idol wurde. Noch dazu in seiner Heimatstadt. Eine Geschichte wie diese klingt kitschig, es gibt sie eigentlich nur im Märchen. Oder eben in Mannheim. Mit Gensheimer. Als Liebling der Massen.

Liebling der Massen: Für die Fans der Löwen ist die Nummer 3 des Clubs ihre absolute Nummer 1. © AS Sportfoto/ Binder

Manch ein Fan kaufte sich in den zurückliegenden Jahren seine Dauerkarte nicht wegen der Löwen, sondern um den Linksaußen spielen zu sehen. Um sich vom Flügelspieler ein bisschen verzaubern zu lassen. Und um seinen Namen zu rufen. Trat Gensheimer zum Siebenmeter an, skandierten die Fans „Uwe, Uwe, Uwe“. So war es früher. So ist es heute. Und so wird es gewiss auch am Donnerstag gegen den SC Magdeburg in seinem letzten Bundesliga-Spiel in der SAP Arena sein. Ein Vorname. Und alle wissen, wer gemeint ist.

Handball

So verneigt sich die Handball-Welt vor Uwe Gensheimer

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren

Von einem dreijährigen Intermezzo (2016 bis 2019) bei Paris Saint-Germain einmal abgesehen, trägt Gensheimer seit 2003 das Löwen-Trikot. Deutlicher kann man seine Liebe zu seinem Club und seine Identifikation mit der Heimat kaum ausdrücken. Es ist ein Leben für die Löwen – und eine Laufbahn, in der Gensheimer niemals die Verantwortung scheute, sondern immer voranging.

So wie im Pokalfinale 2023 gegen den SC Magdeburg, als der Linksaußen erst zwei Strafwürfe in der Verlängerung vergab, im Siebenmeterwerfen aber erneut antrat. Für ihn stand das damals außer Frage, sich noch einmal dieser nervlichen Herausforderung zu stellen. Es war für ihn schlichtweg eine Selbstverständlichkeit. Gensheimer verwandelte – und jubelte wenige Minuten später über den Pokalsieg.

Was man damals nicht wissen konnte: Der Triumph von Köln war sein letztes großes Spiel für die Löwen. Wenig später folgte einer schweren Knieverletzung die Erkenntnis, dass es das war. Und dass es gut ist, wie es war. Die Zauberhand funktioniert zwar nach wie vor, doch der Rest des Körpers schmerzt. Die Achillessehne. Das Knie.

Talent und harte Arbeit machten ihn zu einem Künstler

Dass er zuletzt dennoch die monatelangen Strapazen in der Reha auf sich nahm, um sich auf dem Feld verabschieden zu können, spricht für sich. Und für ihn. Für seinen Ehrgeiz. Für den Charakter eines Mannes, der so einige Rekorde brach – aber nie ein exzessiver Rekordjäger war. Er wurde Torschützenkönig in der Champions League (2011, 2017, 2018) und in der Bundesliga (2012), ist bester WM-Torschütze der deutschen Nationalmannschaft. Doch über allem stand für den Mannheimer immer der Teamerfolg.

Im Feiermodus: Nach dem Gewinn der Meisterschaft 2016 raucht Uwe Gensheimer im Mannschaftsbus eine Zigarre. © AS Sportfoto/ Binder

Etwas zu gewinnen gibt es für ihn mit den Löwen als Spieler nun aber nicht mehr. Und beweisen muss der 37-Jährige sowieso keinem mehr etwas. Er geht nun selbstbestimmt, erhobenen Hauptes – und wird in die Geschichte eingehen. In vielerlei Hinsicht. Als der Spieler, der den Weg des Clubs von der 2. Liga bis zur ersten Meisterschaft nicht nur mitgegangen ist, sondern maßgeblich geprägt hat. Aber auch als ein Spieler, der Neues schuf. Der Würfe zeigte, die niemand kannte. Weil er sie einfach selbst kreierte.

Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar adelte Gensheimer vor einiger Zeit im Interview mit dieser Redaktion gar als „spektakulärsten Linksaußen, den es jemals in Deutschland gegeben hat. Uwe ist das Nonplusultra. Das Gesamtpaket Gensheimer hat es bis jetzt nicht gegeben, er hat die Linksaußenposition revolutioniert.“

Keine Frage: Ein Lob wie dieses hat einen gewissen Wert. Denn es kommt aus einem berufenen Mund. Schließlich spielte Kretzschmar selbst jahrelang in der Nationalmannschaft auf der Linksaußenposition und war einst Gensheimers Vorbild. Er inspirierte den Mannheimer, weil auch Kretzschmar auf dem Feld für magische Momente sorgte, in denen deutlich wurde, dass Handball Spektakel und bisweilen sogar eine Kunst sein kann. Eine Kunst, die begeistert. Und die Kinder antreibt, selbst Handball spielen zu wollen.

Selfie mit den Fans: Uwe Gensheimer mit der olympischen Bronzemedaille. © Marijan Murat

20 Jahre lang faszinierte und verzückte Gensheimer das Publikum. Er erzielte Tore aus dem Nullwinkel, ließ den Ball um die Ecke fliegen. All das hat mit Talent zu tun. Aber noch mehr mit harter Arbeit. Denn im Profisport reicht es nicht nur, ein Hochbegabter zu sein. Um sich durchzusetzen und zu den Weltbesten zu gehören, braucht es Disziplin, Ehrgeiz, Leidensfähigkeit, Opferbereitschaft, Gier und den inneren Antrieb, immer besser werden zu wollen. Gensheimer hatte diesen Antrieb. Er warf als kleiner Junge Bälle gegen Heizkörper im Kabinenflur, um zu sehen, was passiert. Und er suchte stets den Dialog mit den Torhütern. Um zu erfahren, wie sie seine Würfe und seinen Bewegungsablauf sehen und was sie daraus deuten.

Die wichtigste Vergleichsgröße für ihn, so sah es Gensheimer, war immer er selbst. Er maß sich an dem besten Gensheimer, der er sein könnte. Weshalb sich seine Karriere auf keinen Fall nur mit Talent erklären lässt, sondern vor allem mit Fleiß. Es ging immer um Kleinigkeiten. Und um Kreativität und Individualität. All das gehört dazu, um ein ganz Großer zu werden. Und das ist „Uwe“ zweifelsohne. In Mannheim. In Deutschland. Und überall dort, wo Handball gespielt wird.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Thema : Rhein-Neckar Löwen

  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen bald auch mit Team in Frauen-Bundesliga?

    Auf die HSG Bensheim/Auerbach kommt ein Hallenproblem zu. Vielleicht sind die Rhein-Neckar Löwen die Lösung. Gespräche laufen. Der Stand der Dinge.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Kassenwart Kohlbacher: Die Rhein-Neckar Löwen fürchten ihn

    Löwen-Trainer Maik Machulla lobt Leistung und Führungsqualitäten von Jannik Kohlbacher. Einen Namen macht sich der Kreisläufer aber nicht nur als Spieler.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Dank David Späth: Rhein-Neckar Löwen besiegen Minden

    Die Rhein-Neckar Löwen gewinnen 28:24 gegen GWD Minden. Sie brauchen aber eine Galaleistung ihres Torhüters. Trainer Machulla wird deutlich.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke