Mannheim. Wenn ein Handballspiel knapp verloren geht, wird gerne auf mögliche Schlüsselszenen in der Schlussphase geschaut. Von eben diesen gab es zwar auch am Samstag einige, als die Rhein-Neckar Löwen im Pokal-Halbfinale in Köln mit 31:32 (17:14, 28:28) nach Verlängerung gegen den THW Kiel unterlagen. Doch wenn man so will, verloren die Mannheimer dieses Spiel bereits in der 29. Minute bei einer 17:12-Führung. Denn in diesem Moment verließ der bis dahin mit fünf Treffern überragende Ivan Martinovic mit einer Knieverletzung das Feld. Sein Vertreter Jon Lindencrone konnte ihn danach nicht einmal ansatzweise ersetzen. Weshalb der weit verbreiteten Meinung, dass die Begegnung mit Martinovic auf dem Feld wohl anders ausgegangen wäre, niemand ernsthaft widersprach.
Diagnose wird am Montag erwartet
„Ivan hat viele einfache Tore erzielt. Mit ihm hatten wir einen richtigen Shooter dabei. Er hat die Bälle reingemacht“, wusste der schwer enttäuschte Kapitän Patrick Groetzki nach dem bitteren K.o. genau, welch zentrale, vermutlich sogar entscheidende Figur seiner Mannschaft plötzlich weggebrochen war. Martinovic hatte sich ohne gegnerische Einwirkung verletzt, unter Tränen und von Physiotherapeut Sascha Pander gestützt humpelte der Weltklasse-Linkshänder noch vor der Halbzeitpause in die Kabine. Eine genaue Diagnose wird am Montag erwartet. Dass der zweifache Meister dann auch noch am Sonntag das Spiel um Platz drei gegen Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten mit 31:32 verlor, geriet angesichts der Sorgen um den Topstar zur Nebensache.
Keine Frage: Es war aus Mannheimer Sicht nichts anderes als ein Doppelschock, den die Löwen da am Samstag vor 19.250 Zuschauern in der ausverkauften Kölner Lanxess Arena erlebten. Oder besser gesagt: erleben mussten. Denn fast hätten die Badener dank der Weltklasseleistung von Torwart David Späth (15 Paraden) auch ohne ihren Unterschiedsspieler noch gewonnen.
Doch Juri Knorr ließ kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit und in der Verlängerung jeweils einen Siebenmeter aus. Der in Richtung Kieler Tor stürmende Lindenchrone fing wiederum den Ball nicht, als nur noch wenige Sekunden zu spielen waren und es statt des Jubels über den Siegtreffer in die Verlängerung ging. Knorr sprach entsprechend von einer „verpassten Chance“. Und er legte sich fest: „So wie Ivan gespielt hat, hätte er zwölf Tore gemacht. Zu 100 Prozent. Dass er uns wegbricht, tat unglaublich weh.“
Ohne Martinovic lastete im Rückraum eine extreme Last auf Knorr, der sich 23 (!) Würfe nahm und neun Treffer erzielte. Diese Ausbeute ist zweifelsohne verbesserungswürdig, andererseits unterstrich diese Statistik einmal mehr den Mangel an Alternativen im Löwen-Kader. Sebastian Heymann war nach seiner Fußverletzung zwar ins Team zurückgekehrt, plagt sich nun aber mit Schmerzen an der Bizepssehne herum. In der 57. Minute verloren die Badener dann auch noch den ebenfalls stark auftrumpfenden Olle Forsell Schefvert mit einer Roten Karte. Ohne ihn und Martinovic musste neben Lindenchrone noch Gustav Davidsson ran. Und es passte zur These mit der fehlenden Qualität in der Breite, dass Letzterer mit einem katastrophalen Fehlpass kurz vor dem Ende der Verlängerung die Chance auf den Ausgleich und das Siebenmeterwerfen vergab und dass die Löwen mit ihrer zweiten Reihe auch gegen Balingen verloren.
„Wir hatten gehofft, in voller Besetzung antreten zu können. Das hat leider nicht geklappt“, sagte Knorr, dem mit zunehmender Spieldauer gegen Kiel die Kräfte schwanden. Aber nicht nur ihm, sondern auch allen anderen. Wenige Spieler mussten viel leisten. „Energie, Energie, Energie. Wir hatten sie zum Schluss nicht mehr, weil wir die Belastung nicht verteilen konnten und die Jungs müde wurden“, meinte Knorr, der mit seiner Enttäuschung spür- und sichtbar zu kämpfen hatte. Und das aus gutem Grund.
Kaum noch Chancen auf Europapokal
Denn der zweifache Meister zeigte eine starke Leistung, fand lange Zeit auf alles eine Antwort, wie Knorr betonte: „Die Kieler haben mit einer 3:2:1-Deckung angefangen, dann haben sie mit einer 6:0 agiert. Im Angriff kam der siebte Feldspieler. Aber wir haben das alles sehr gut taktisch gelöst. Erst am Ende haben sie uns geknackt, weil unsere Beine nicht mehr da waren.“ Und weil der beste Löwe mit Schmerzen auf der Bank saß. „Natürlich war es die Idee, das Spiel für Ivan zu gewinnen“, sagte Trainer Sebastian Hinze: „Aber wir hätten ihn lieber auf der Platte gehabt.“
Löwen – Balingen 31:32
Löwen: Appelgren, Späth – Móré (7/3), Plucnar (2), Groetzki (5) – Forsell Schefvert (4), Knorr (2), Lindenchrone (9) – Jaganjac, Davidsson (2), Heymann, Nothdurft, Willner, Michalski, Karrenbauer.
Balingen: Kornecki, Nagy – Ruggierio-Matthes, Leimeter, Huber (2), Grupe (2), Ingason (2), Strobel (1), Santos, Grüner (1), Timmermeister, Müller (7), Dyatlov, Fügel (6), Heinzelmann (6), Pfattheicher (5/2)
Schiedsrichter: Blümel/Loppaschewski.
Zuschauer: 19.750 in Köln (ausverkauft).
Strafminuten: Davidsson (2) – Grupe (4), Strobel (2), Santos (2), Timmermeister (6), Heinzelmann (2).
Disqualifikation: Timmermeister (43./Balingen) nach dritter Zeitstrafe.
Beste Spieler: Lindenchrone – Heinzelmann, Fügel.
Klar ist: Nach dem Drama am Dom werden die Badener in der nächsten Saison ziemlich sich nicht in einem internationalen Wettbewerb vertreten sein. Eine Qualifikation für den Europapokal ist für den Tabellensiebten über die Bundesliga kaum noch möglich. Das sieht auch Kapitän Groetzki so: „Es wird schon relativ schwierig.“ Doch verschenkt haben die Mannheimer diese Chance nicht in Köln, sondern in einigen Spielen zuvor.
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