Köln. Natürlich wird es wieder auf ihn ankommen. Juri Knorr weiß das. Und er geht damit sehr gut um. Was vielleicht auch daran liegt, dass der Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen in besonderen Momenten schon häufig Besonderes geleistet hat. Er kann den Unterschied machen. Und soll das auch, wenn der Mannheimer Bundesligist am Wochenende in Köln um den DHB-Pokal spielt.
Am Samstag (16.10 Uhr/ARD) geht es im Halbfinale gegen den THW Kiel, anschließend (19 Uhr) stehen sich Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten und die MT Melsungen gegenüber und kämpfen ebenfalls um den Einzug ins Endspiel am Sonntag (15.35 Uhr/ARD) .
Gelingt Juri Knorr der Abschied mit Ausrufezeichen?
Die große Bühne ist auf jeden Fall bereitet. Knapp 20.000 Zuschauer werden in der Lanxess Arena sein. Mehr geht nicht im Handball. Nicht in Deutschland. Und auch nirgendwo anders. Der Handball-Tempel in Sichtweite zum Dom ist der weltweite Sehnsuchtsort, das Nonplusultra. Natürlich auch für Knorr.
„Wenn man vor dem Spiel in der Halle ist, spürt man sehr viel Energie. Der Tag ist einfach größer als andere“, beschreibt der Löwen-Star im Gespräch mit dieser Redaktion die Magie der Pokalendrunde, die er 2023 schon einmal mit den Badenern als krasser Außenseiter gewann. Damals wurde der 24-Jährige übrigens zum besten Spieler des Final-Four-Turniers gewählt. Oder anders ausgedrückt: Der gebürtige Flensburger lieferte in einem besonderen Moment etwas Besonderes ab. Gelänge ihm das auch diesmal, wäre es ein Abschied mit einem Ausrufezeichen.
Am Saisonende wird der Spielmacher nicht nur die Löwen, sondern die Bundesliga verlassen. Ihn zieht es zum dänischen Spitzenverein Aalborg Handbold, dort wird Knorr ziemlich sicher jedes Jahr in der Champions League spielen. In Deutschland kann ihm das kein Club garantieren. Zu eng ist die Ligaspitze. Doch Knorr will sich im wichtigsten aller Wettbewerbe messen.
Dass er es zuvor noch einmal mit den Löwen nach Köln geschafft hat, findet der Liebling der Massen „richtig cool“. Die Teilnahme sei „natürlich ein Highlight“, sagt der 24-Jährige, dem die Vorfreude ins Gesicht geschrieben steht. Weil es etwas zu gewinnen gibt. Und weil ihm durchaus bewusst ist, dass dies sein vorerst letzter großer Auftritt in Deutschland sein wird. Völlig unabhängig davon, was im weiteren Saisonverlauf noch mit den Löwen in der Bundesliga möglich ist. Der Olympiazweite von Paris spricht angesichts seines nahenden Wechsels von einer „großen Chance, noch einmal richtig was zu reißen. Darüber mache ich mir schöne Gedanken, auch wenn ich das Thema nicht zu groß machen will. Aber ich habe es im Kopf – und das motiviert mich.“
Wenn er in Köln war, siegte meistens der Außenseiter
Keine Frage: Knorr würde knapp zwei Monate vor seinem Umzug nach Dänemark nur allzu gerne noch einmal für einen Knalleffekt sorgen. Und was das angeht, hat er zumindest ein gutes Gefühl. „Vor zwei Jahren haben wir ein magisches Wochenende erlebt. Wir wissen, dass wir gewinnen können. Uns ist aber auch klar, dass sehr viel zusammenkommen muss“, sagt der Mittelmann, der natürlich gerne an 2023 denkt – aber lieber noch ein wenig weiter zurückblickt. Und zwar in eine Zeit, in der er selbst noch ein Kind oder Jugendlicher war und auf der Tribüne in Köln das Final Four der Champions League als Fan verfolgte: „Vielleicht sind die Erfahrungen, die ich damals gesammelt habe, gar nicht so unwichtig. Ich war fünf- oder sechsmal dort – und fast nie hat der Favorit gewonnen.“
Diese Erlebnisse bleiben. Sie prägen. Und stärken den Glauben an etwas Großes. Erst recht in Köln, wo sich schon so viele denkwürdige Dramen, krasse Krimis und wahnwitzige Wendungen zugetragen haben. In der Lanxess Arena ist eben immer alles anders. Weil die Atmosphäre so einzigartig ist. Sie kann Kräfte freisetzen. Und Träume wahr werden lassen.
„Wenn du vorm Anwurf im Spielertunnel stehst, anschließend in die verdunkelte Arena kommst und die Ränge hinaufschaust – dann ist alles egal, was vorher war. Beim letzten Mal haben Joel Birlehm (Ex-Löwen-Torwart: Anm. d. Redaktion) und ich uns erst angeschaut und dann angestrahlt. Wir wussten: Jetzt müssen wir Gas geben“, gewährt Knorr einen Einblick in diesen emotionalen Gänsehaut-Moment, der ihn auch diesmal wieder beflügeln soll. Damit die Löwen über sich hinauswachsen.
Von den Qualitäten überzeugt
Rein von der Papierform gehen die Mannheimer als Außenseiter in die Begegnung gegen Kiel. „Der THW ist eine herausragende Mannschaft“, lobt Knorr den Halbfinalgegner. Gleichzeitig sieht er aber auch Möglichkeiten für die Löwen: „Es ist nicht mehr der THW früherer Jahre, der alles weghaut. Wir haben eine Chance.“
Seiner Meinung nach stellt der Bundesliga-Siebte mit David Späth und Mikael Appelgren „das beste Torwartduo“ beim Final Four, ohnehin ist Knorr von den grundsätzlichen Qualitäten seines Teams überzeugt. „Wir wissen, dass wir gut sind. Leider haben wir in dieser Saison nicht viele Spiele gemacht, in denen alle dabei und gesund waren“, bedauert der Rechtshänder, der selbst auch mehrfach ausgefallen war.
Zwischendurch fehlte Nationalmannschaftskollege Jannik Kohlbacher, zuletzt kehrten immerhin die zuvor verletzten Sebastian Heymann und Ivan Martinovic zurück. Knorr fragt sich, „wie unsere Saison wohl ausgesehen hätte, wenn das Verletzungspech kleiner gewesen wäre“. Eine seriöse Antwort darauf wird er nicht bekommen.
Immerhin hatten die Löwen aber im Pokal fast immer alle Spieler dabei. Sie warfen Bundesliga-Spitzenreiter Füchse Berlin aus dem Wettbewerb und besiegten auf dem Weg nach Köln auch den vorherigen Angstgegner ThSV Eisenach. Knorr zieht daraus Zuversicht: „Vielleicht können wir das am Wochenende krönen.“
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