Mannheim. Hin und wieder hat solch eine Länderspielwoche etwas vom ersten Schultag nach den Sommerferien. Man trifft sich in lockerer Atmosphäre und unterhält sich ganz entspannt darüber, was man in den zurückliegenden Wochen Schönes gemacht und erlebt hat.
Bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft sind diese Gespräche allerdings zum Großteil eher ausgefallen, als sie sich am Montag in Großwallstadt traf. Denn die meisten Spieler verbrachten den Sommer zusammen. Und zwar nicht in einem Ferienlager am Plattensee, sondern bei den Olympischen Spielen in Paris. Was zweifelsohne eine gewisse Gemeinsamkeit, dann aber doch ganz unterschiedliche Dimensionen hat. Erst recht, wenn man – wie die Deutschen – mit der Silbermedaille zurückgekehrt ist.
Späth ist davon überzeugt, etwas „Großes“ aufzubauen
Ungebrochen groß ist die Freude auf das Wiedersehen natürlich dennoch. Ein bisschen in Erinnerungen schwelgen, das hat schon was – wenngleich viel Zeit für einen Rückblick dann trotzdem nicht bleibt. Denn bereits am Donnerstag (18.30 Uhr) steht für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in der Mannheimer SAP Arena gegen die Schweiz das erste Qualifikationsspiel für die EM 2026 an. Am Sonntag geht es in Ankara gegen Gastgeber Türkei weiter. Und mit dabei sind dann auch drei Profis der Rhein-Neckar Löwen.
Der Bundesligist stellte schon in Paris die meisten Spieler für die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason. Das Gütesiegel der DHB-Auswahl lautet also: „Made in Mannheim“. Torwart David Späth, Rückraumwerfer Sebastian Heymann und Kreisläufer-Kante Jannik Kohlbacher sind nominiert. Spielmacher Juri Knorr musste wegen eines Daumenbruchs absagen, wird aber sicherlich mal bei den Kollegen vorbeischauen – wenn sie ohnehin schon vor der Haustür spielen.
Knorr gehört wie alle anderen Löwen auch zum Kern der in den vergangenen Jahren stark verjüngten DHB-Auswahl, die sich mit dem Halbfinaleinzug bei der EM im Januar und anschließendem Olympia-Silber in der Weltspitze zurückgemeldet hat. Was Hoffnung mit Blick auf die Heim-WM 2027 macht.
Direkt nach dem Jahreswechsel steht aber erst einmal die WM in Dänemark, Norwegen und Kroatien an. „Ganz bestimmt nicht als Favorit“ reise man dorthin, meint Knorr. Platz zwei in Paris hat dennoch die Wahrnehmung verändert. Auch die eigene. „Olympia-Silber – das ist eine große Sache“, sagt Knorr: „Wir haben in diesem Sommer mit Ausnahme von Dänemark und Kroatien viele große Handballnationen geschlagen. Daran müssen wir uns jetzt aber auch messen lassen.“ Allerdings, schränkt der 24-Jährige ein, werde die „Konkurrenz immer besser. Es wird in den nächsten Jahren ein Hauen und Stechen um die Medaillen geben. Zu diesem Kandidatenkreis zählen wir allerdings auch.“
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Knorr ist zweifelsohne einer der Unterschiedsspieler in der deutschen Mannschaft. Als Dirigent und Organisator des Angriffs, während seinem Clubkollegen Späth allein schon aufgrund seines Einsatzgebietes eine dominante und somit entscheidende Rolle zufällt. Die Torwartposition ist gemeinhin die wichtigste im Handball – zu sehen im Olympia-Viertelfinale, als Späth den Deutschen den sensationellen Sieg über Frankreich sicherte.
Es war der Tag, an dem diese Mannschaft endlich einmal in einem großen Spiel einen großen Gegner besiegte. Ein Schlüsselerlebnis? „Wir befinden uns immer noch im Umbruch“, mahnt Späth, der aber „davon überzeugt ist, dass wir etwas Großes aufbauen können. Wir haben allen gezeigt, dass man mit uns rechnen muss.“ Auch weil die Deutschen über eine gewisse Qualität in der Breite verfügen.
Löwe Heymann war beispielsweise erst gar nicht für Olympia nominiert, rückte nach der Absage von Marian Michalczik aber nach und wurde im Turnierverlauf immer wichtiger. Er bringt Qualitäten im Deckungszentrum und im Angriff mit, bietet also ein Rundum-sorglos-Paket an – und solch einen Spieler hat nun mal jeder Trainer gerne in seiner Mannschaft.
Den Schwung von Paris nahm der gebürtige Heilbronner mit zu den Löwen, wo er bislang eine starke Saison spielt. Und auch in der Nationalmannschaft könnte seine Rolle nun noch größer werden, da mit Julian Köster ein Leistungsträger ausfällt, der Heymanns Position in Defensive und Offensive einnimmt.
„Ob meine Rolle größer wird oder nicht – das entscheidet Alfred“, sagt Heymann, der weiß, dass Gislason das letzte Wort hat. Er kann nur mit guten Leistungen für sich werben. Dass der Bundestrainer aber viel von ihm hält, hat der Isländer mehrfach gesagt. Sätze wie „Sebastian weiß gar nicht, wie gut er ist“, sind von Gislason über Heymann überliefert.
Doch hat der Trainer das dem Spieler auch schon mal selbst gesagt? „Alfred ist kein Mann der vielen Worte“, meint Heymann und lacht. Er kommt mit dieser schweigsamen Art aber gut klar. Denn der 26-Jährige weiß: Wenn Gislason mit ihm spricht, ist es wirklich wichtig. „Das hilft mir immer extrem, das gibt mir Kraft. Alfred hat klare Vorstellungen, was er sehen möchte.“ Und der Bundestrainer ordnet Rollen zu. Jeder weiß also, woran er ist. Wie auch Löwe Kohlbacher.
Kohlbacher ist einer der wenigen Routiniers
Der Kreisläufer ist neben Torwart Andreas Wolff der einzige verbliebene Europameister von 2016 im DHB-Kader. Damals gehörte er mit 20 Jahren zu den Jüngsten, jetzt ist das Kraftpaket mit 121 Länderspielen (nur Wolff hat mehr: 169) einer der wenig Routiniers im Team.
Am Kreis führt zwar kein Weg an Johannes Golla vorbei. Doch wenn der Kapitän Pausen, die Abwehr mehr körperliche Präsenz auf der Halbposition benötigt oder im Angriff der siebte Feldspieler gebraucht wird, schlägt Kohlbachers Zeit. Er weiß um seine Rolle, füllt diese stets mit großer Leidenschaft aus. Und freut sich vor allem über die Entwicklung der Mannschaft, die er wie wenige andere aus nächster Nähe verfolgen konnte: „Wir sind als Team enorm gewachsen und haben viele junge Spieler, die nun bei drei, vier, fünf Turnieren dabei waren.“
Bei den Olympischen Spielen in Paris folgte der nächste sehr große Entwicklungsschritt in Form einer Belohnung. Das muss nun bestätigt werden, was auch Heymann weiß: „Wir haben uns ein gewisses Standing erarbeitet. Aber wenn wir ganz oben angreifen möchten, wird es immer darum gehen, Dänemark und Frankreich zu schlagen.“
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