Mannheim. Am Ende gab es unmittelbar vor dem Schlusspfiff noch einmal einen Freiwurf für die Füchse Berlin, doch Mijajlo Marsenic verzichte auf die Ausführung. Der Kreisläufer der Hauptstädter schenkte den Rhein-Neckar Löwen den Ball, die Partie war beim 24:29 (8:16) schließlich entschieden – und das nicht erst seit der Schlussphase.
Bei der Heimniederlage gegen die Füchse vor 4557 Zuschauern in der SAP Arena gaben die Löwen in der Handball-Bundesliga schon im ersten Durchgang alle Chancen auf etwas Zählbares aus der Hand, der 8:16-Halbzeitstand war gegen einen Champions-League-Anwärter wie die Berliner eine viel zu große Hypothek. Und während der nach Minuspunkten erste Verfolger von Titelanwärter Magdeburg in der Kurpfalz die nächsten beiden Zähler einstrich, markierten die Badener einen weiteren Negativ-Rekord in dieser Spielzeit: 27 Minuspunkte bedeuten schon jetzt die zweitschlechteste Saison seit der Bundesliga-Rückkehr zur Saison 2005/2006.
„In der zweiten Halbzeit konnten wir uns etwas steigern, aber gegen eine Mannschaft wie Berlin war der Pausen-Rückstand natürlich zu viel“, wusste auch Löwen-Trainer Ljubomir Vranjes, wo er die Ursache für die Niederlage suchen musste. So hatten die Löwen zwar gut begonnen und mit Keeper Mikael Appelgren das erste Mal nach seiner langen Verletzungspause von Beginn an für eine kleine Überraschung gesorgt. Aber es war nicht die Abwehr oder die Leistung zwischen den Pfosten, die das Löwen-Rudel ins Hintertreffen brachte, sondern der 15-minütige kollektive Ausfall in der Offensive.
Löwen - Füchse
- Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Birlehm (ab 31.) – Helander (3), Gislason (1), Groetzki (5) – Knorr (5), Schmid (1), Kirkeløkke (4) – Abutovic, Kohlbacher (3), Nilsson (2), Horzen, Patrail, Ahouansou (n.e.), Scholtes (n.e.), Zacharias (1).
- Füchse Berlin: Milosavljev (1), Genz – Vujovic (1), Marsenic (3), Lindberg (7/2) – Andersson (5), Holm (7), Wiede (5) – Morros, Vori, Drux, Beneke (x), Ende (n.e.), Langhoff (n.e.), Matthes (n.e.), Kopljar.
- Schiedsrichter: Robert Schulze/Tobias Tönnies (Magdeburg).
- Zuschauer: 4557.
- Strafminuten: Groetzki (2) – Vori (4).
- Beste Spieler: Knorr, Birlehm – Holm, Wiede.
„Das war reines Chaos“
So waren die Mannheimer nach Juri Knorrs 4:4 (7.) noch auf Augenhöhe, kassierten bis zur 22. Minute dann aber einen gruseligen 1:9-Lauf, vom 5:6 (14.) bis zum 5:13 nahmen die Gelbhemden sogar sieben Gegentore in Folge hin. Im Angriff fabrizierten die Löwen-Profis dabei so ziemlich alle Fehlleistungen, die man sich im Handball nehmen kann: Ballverluste, Pfostentreffer, technische Patzer und ein veritables Fahrkartenschießen, das die Berliner dankend annahmen und meistens sofort bestraften.
Auch die Auszeit von Vranjes konnte die Lawine nicht stoppen. Der Versuch, es mit einem Feldspieler mehr zu versuchen, trug sogar zusätzlich zum vorentscheidenden Niedergang der Löwen bei, die auch im Sieben-gegen-Sechs zweimal den Ball verloren und umgehend Treffer ins verwaiste Tor kassierten. „Das war nicht die richtige Taktik“, räumte Vranjes nach der Partie etwas zerknirscht ein. „Das war reines Chaos. Da habe ich das erste Mal gemerkt, dass uns die Berliner an diesem Tag in allen Belangen überlegen sind“, blickte der Löwen-Coach zurück, während sein Berliner Gegenüber Jaron Siewert die Füchse-Abwehr „nahe am Optimum“ sah.
Nach der Halbzeit konnte es entsprechend nur noch darum gehen, sich achtbar aus der Affäre zu ziehen und das Ergebnis wieder in akzeptable Bahnen zu lenken. Dass das noch gelingen könnte, war beim 9:19 (33.) und dem ersten Zehn-Tore-Rückstand keineswegs abzusehen, aber den Löwen gelang es dann immer besser, den eigentlichen Matchplan umzusetzen. Schließlich war vorgesehen, die Abwehr-Riesen der Berliner im Zentrum zu umgehen und Räume für die Außen zu schaffen.
Wie das gedacht war, zeigte beispielsweise ein sehenswerter Spielzug bis zu Linksaußen Benjamin Helander, der jetzt endlich einmal mutig einsprang und in der Mitte Kreisläufer Jannik Kohlbacher fand. Plötzlich waren es beim 18:23 (46.) nur noch fünf Tore Rückstand, und beim 19:23 nach Patrick Groetzkis Gegenstoß (47.) keimte tatsächlich noch einmal so etwas wie Hoffnung auf den Rängen der Arena auf.
Kurz Hoffnung beim 19:23
„Da sind wir etwas ins Schwimmen geraten“, sagte Füchse-Coach Siewert zu dieser kitzligen Phase, die der stark aufspielende Jacob Holm mit seinem siebten Treffer (47.) und Nationalspieler Fabian Wiede zum 19:25 (52.) dann aber auch schnell wieder beendeten. „So eine kleine Chance wäre vielleicht da gewesen, wenn wir den einen oder anderen Treffer noch gemacht hätten“, blickte Rechtsaußen Groetzki zurück, legte aber den Schwerpunkt dann doch auf die am Ende noch halbwegs glimpfliche Außendarstellung angesichts der Steigerung im zweiten Durchgang.
„Da war wichtig, dass wir uns zurückkämpfen, hier nicht untergehen und uns mit Anstand verabschieden. In der ersten Halbzeit war das einfach nicht gut genug im Angriff. Die Gegenstöße haben uns da kaputtgemacht“, sagte der 32-Jährige.
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