Mannheim. Die Bilanz liest sich eindrucksvoll: Acht Tore gegen Minden, sieben Treffer gegen Melsungen und noch einmal acht Einschläge beim jüngsten 31:22 gegen HBW Balingen-Weilstetten – Niclas Kirkeløkke hat das, was man gemeinhin einen Lauf nennt. Ansonsten wäre das vielleicht nicht besonders erwähnenswert, weil von einem dänischen Nationalspieler im Duell mit Abstiegskandidaten wie Minden oder Balingen eine gewisse Trefferquote erwartet werden darf, aber beim Linkshänder von der Insel Fünen ist es mit den Erwartungen so eine Sache.
Zwar galt der Rückraumspieler schon im Sommer 2019 bei seinem Wechsel von GOG Handbold zum zweifachen deutschen Meister als großes Versprechen im rechten Rückraum, konstant auf die Platte brachte Kirkeløkke sein Potenzial aber nicht immer. In der grausamen Hinrunde der aktuellen Spielzeit standen die Aktionen des 28-Jährigen manchmal sogar sinnbildlich für die Verunsicherung, die bei den Badenern um sich griff.
Überhastete Abschlüsse, Pässe zum Gegner – auch der Linkshänder machte beim Sturzflug der Löwen keine gute Figur, obwohl er immer wieder für seine Trainingsleistungen gelobt wurde. „Er hat einen unglaublichen Arm“, berichtet etwa Rechtsaußen Patrick Groetzki aus dem Kronauer Trainingszentrum über die Fähigkeiten seines Nebenspielers. „Da wissen die Torhüter oft nicht, wo es überhaupt einschlägt“, sagt der Flügelspieler über die mit Präzision gepaarte Wurfkraft Kirkeløkkes.
„Das fühlte sich gut an, wir hatten vor allem in der zweiten Halbzeit alles im Griff“
Diese bringt der Nordmann nun auch im Spiel immer öfter ein, gegen Balingen genügten ihm für seine acht Tore sogar nur neun Versuche – eine Weltklasse-Quote. „Das fühlte sich gut an, wir hatten vor allem in der zweiten Halbzeit alles im Griff“, freute sich der Däne über den Löwen-Auftritt auf der Alb, bei dem er am Donnerstagabend als bester Werfer glänzen konnte. Vor allem die Selbstverständlichkeit mit der Kirkeløkke inzwischen agiert, muss fast schon ein bisschen verwundern, doch offensichtlich hat Neu-Trainer Ljubomir Vranjes einen Weg gefunden, das Potenzial aus dem Linkshänder herauszukitzeln.
Was früher war, interessiert den erfahrenen Coach dabei wenig. „Er hat jetzt eine klare Rolle und weiß, was ich von ihm erwarte“, erklärt Vranjes seinen Ansatz und konkretisiert auf Nachfrage wie diese Rolle für Kirkeløkke definiert ist: „Er ist die Nummer eins auf seiner Position“, sagt der Coach und legt nach: „Weil er sich das im Training verdient hat.“
Trotz wenig Spielanteile machte er wenig falsch
Diese klare Hierarchie im Wettkampf mit seinem Linkshänder-Kollegen Albin Lagergren gibt dem Rückraumspieler offenbar das nötige Selbstbewusstsein, dass sich der 28-Jährige auch bei der zurückliegenden EM in der Slowakei und in Ungarn geholt hat. Dort hatte er zwar weniger Spielanteile, machte aber auch im roten Trikot der Dänen wenig falsch.
„Das hat ihm offensichtlich gutgetan. Er ist da schon mit viel Selbstvertrauen zurückgekommen und zeigt jetzt das konstant, was wir immer im Training sehen“, blickt Mitspieler Groetzki auf Anfang Februar zurück, während es Trainer Vranjes auf einen einfacheren Punkt bringt: „Man wächst an seinen Aufgaben.“
Das dürfte auch als Motto für das nächste Heimspiel gelten, da am heutigen Sonntag (16 Uhr, SAP Arena) gegen die Füchse Berlin wieder viel Verantwortung auf den Schultern des 1,95 Meter großen Handball-Profis lasten wird. Schließlich wird sein Back-up Lagergren voraussichtlich mit einem fiebrigen Infekt weiter ausfallen und die Berliner sind eine ganz andere Kategorie als Gegner wie Minden oder Balingen. Doch Niclas Kirkeløkke hat bekanntlich einen Lauf.
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