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Das sind die Erkenntnise der Löwen nach dem Topspiel in Kiel

Die Löwen verlieren zwar in Kiel, machen aber viele Dinge richtig. Das führt nach dem Spiel zu zwei Diskussionsebenen

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Marc Stevermüer
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Trainer Sebastian Hinze und die Löwen haben ihren Weg gefunden, um erfolgreich zu sein. © Sascha Klahn

Kiel. Kurz vor dem Anpfiff steht Niklas Landin ganz allein bei der Begrüßung des Gegners, was hier und da unter den 10 285 Zuschauern für ein paar Lacher sorgt. Dem Torwart des THW Kiel sind für wenige Sekunden die Mitspieler abhandengekommen, während sich die Rhein-Neckar Löwen ihm gegenüber mit sieben Leuten aufreihen. In diesem Augenblick sieht es so aus, als ob der dänische Weltklasse-Schlussmann nun ganz allein zum Gipfeltreffen der Handball-Bundesliga gegen die Mannheimer antreten muss.

Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen kann: Phasenweise gewinnt man anschließend tatsächlich den Eindruck, dass die Löwen vor allem gegen Landin spielen. Mit 16 Paraden ebnet er nämlich den Weg zum 32:29-Sieg der Norddeutschen, die nach der Partie spürbar erleichtert sind, weil sie zuvor von den Badenern extrem gefordert werden. In einem wahrlich hochklassigen Duell, in dem sich zwei Mannschaften 60 Minuten an eine spektakuläre Grenze treiben, die sie ohne einander nie erreicht hätten.

Löwen brachten Kiel zeitweise in Not

„Ich muss deiner Mannschaft ein Riesenlob machen“, spricht THW-Trainer Filip Jicha seinen Kollegen Sebastian Hinze nach dem Schlusspfiff direkt an: „Die Löwen sind wieder zu einer Spitzenmannschaft gereift. Es ist schön, euch in dieser Verfassung zu sehen.“ Und was ist der Grund dafür? Was unterscheidet die Löwen in dieser Saison von den Löwen in der vergangenen Saison, die mit dem enttäuschenden zehnten Platz endete? Noch einmal Jicha: „Der Trainer.“ Und somit dessen Spielidee, die sich mit dem Kader der vergangenen Runde allerdings schlichtweg nicht hätte umsetzen lassen. Auch das gehört zur Wahrheit des jetzigen Höhenflugs.

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Kleiner Dämpfer: Rhein-Neckar Löwen verlieren in Kiel

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Schnell und schnörkellos spielen die Badener. Das brachte ihnen zum Saisonstart sieben Siege in sieben Spielen ein und stürzt am Sonntagmittag auch den THW insbesondere in der ersten Halbzeit nicht nur in Verlegenheit, sondern zwischenzeitlich bei einem 12:16-Rückstand (22.) sogar in allergrößte Nöte. Im Expresstempo rauschen die Mannheimer in dieser Phase durch die Ostseehalle, sie schalten mit chirurgischer Präzision um, erzielen Tore im Gegenstoß, in der zweiten Welle oder mithilfe der schnellen Mitte. Nicht eine „halbe Sekunde“ lang, mahnt Jicha hinterher eindringlich, dürfe man sich gegen diese Löwen nach einem Fehler Gedanken machen, „denn dann ist es schon passiert“. Sprich: Die Mannheimer Angriffswelle rollt, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Weil sie schnell sind. Im Kopf. Und auf den Beinen. „Die Löwen“, führt Jicha anerkennend fort, „drücken so sehr aufs Gaspedal, wie es aktuell keine andere Mannschaft in Europa macht.“

Fahrlässige Chancenverwertung der Löwen

Auch wegen dieses Markenzeichens - oder besser gesagt: Gütesiegels - glaubt Landin fest daran, dass sein Ex-Club künftig weit oben in der Tabelle bleibt: „Mit diesem Tempospiel machen die Löwen viele von uns in 60 Minuten kaputt. Wenn sie das durchhalten, sind sie für jeden Gegner gefährlich.“ Wie sich zeigt, selbst für den Meisterschaftsfavoriten aus Kiel, gegen den die Mannheimer im traditionell schwersten Auswärtsspiel der Saison eine echte Siegchance haben, was nach der Begegnung zu zwei Diskussionsebenen führt. In der einen Debatte geht es um das Spiel an sich. In der anderen um die grundsätzliche Herangehensweise.

„Wenn wir durchziehen, können wir gegen jeden gewinnen“, ist Rechtsaußen Patrick Groetzki überzeugt. Das sei die Erkenntnis aus diesem Spiel. Natürlich immer vorausgesetzt, die Löwen nutzen ihre Chancen, mit denen sie in Kiel schon vor dem Seitenwechsel ein bisschen sorglos und in der zweiten Halbzeit ausgesprochen fahrlässig umgehen: „Zur Pause müssen wir mindestens mit vier Toren führen, das hätte den Leistungsunterschied widergespiegelt. Aber die Kieler haben eben einen Torwart, bei dem sowas mal passieren kann. Wir nehmen trotz der Niederlage viel Positives mit, obwohl wenn sich das Ergebnis scheiße anfühlt“, sagt Groetzki.

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Auch Hinze ist eine halbe Stunde nach dem Abpfiff in emotionaler Hinsicht ein wenig hin-und hergerissen. Er steht in den Katakomben der Ostsee-Halle, analysiert sachlich und attestiert seiner Mannschaft mit einer gewissen Begeisterung in seinen Worten auf der einen Seite ein „Riesenspiel“, auf der anderen spricht der 43-Jährige aber auch von „Enttäuschung“, weil der große Coup möglich war und dann gegen kaltblütige Kieler doch nicht gelang: „Ich habe keine Fragezeichen im Kopf, was die Niederlage noch bitterer macht. Wir haben gezeigt, was uns stark macht und in Kiel elf Tempotore erzielt. Das ist unfassbar gut.“

Rückschlüsse für den weiteren Saisonverlauf will der gebürtige Wuppertaler daraus aber keine ziehen. Erst recht nicht im Vergleich mit den anderen Topteams. Das sei uninteressant, sagt der gewohnt vorsichtige Trainer: „Die Frage ist, ob das, was wir machen, erfolgversprechend ist. Die Antwort haben wir gegeben. Wir sollten so weitermachen.“ Denn: „Diese Idee vom Handball wird wahrscheinlich oft zum Erfolg führen.“ Wenn nicht gerade ein Landin beim Gegner zwischen den Pfosten steht.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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