Augsburg. Bill Stewart zeigte sein anderes Gesicht. Und er wählte andere Worte. Nachdem sich der Trainer der Adler Mannheim in den vergangenen Wochen öffentlich immer vor seine Mannschaft gestellt und deren Charakter gelobt hatte, wollte und konnte er sich nach der 4:5-Niederlage nach Verlängerung bei den Augsburger Panthern am Dienstagabend nicht mehr zurückhalten.
"Das ist ein Witz"
„Unsere besten Spieler sind zurzeit nicht unsere besten Spieler“, ließ der 65-jährige Kanadier seinem Ärger freien Lauf und legte nach der fünften Niederlage in Folge nach: „Mir geht es gegen den Strich, dass sich der Trainerstab den Hintern aufreißt, und ich Spieler sehen muss, die ihren Job nicht machen. Wir haben zehn gute, solide Spieler, die wirklich hart arbeiten. Und einige, die das nicht machen. Das ist so frustrierend, es ist ein Witz.“
Nach der leicht positiven Tendenz in den Partien gegen die Eisbären Berlin (2:5) und in Wolfsburg (2:3 nach Verlängerung) kamen die Adler bei einem Team, das auf dem vorletzten Tabellenplatz in der Deutschen Eishockey Liga festgenagelt ist, an einem neuen Tiefpunkt an. Es gab Phasen im Spiel, in denen der Mannheimer Auftritt Mut machte - und Phasen, in denen sich die Gäste wie von allen guten Geistern verlassen präsentierten.
Aussetzer, die sich nicht erklären lassen
Selbst die frühe Führung von Markus Eisenschmid, der schon nach 34 Sekunden einnetzte, brachte keine Sicherheit. Die Adler bettelten um den Ausgleich, den Marcel Barinka erzielte (6.). Joonas Lehtivuori (13.) und Ryan MacInnis (22.) schossen zwar einen Zweitore-Vorsprung heraus, doch Terry Broadhurst (28.), David Warsofsky (32.) und Drew LeBlanc (48.) drehten mit ihren Treffern das Spiel. Vor allem bei den ersten drei Gegentoren profitierten die Panther von Adler-Aussetzern, wie sie sich nicht erklären lassen. Beim 1:1 liefen die Mannheimer in einen Konter, beim 2:3 warf Mark Katic den Puck beim Klärungsversuch auf Broadhursts Kelle, beim 3:3 erlaubte sich Matthias Plachta einen folgenschweren Puckverlust in der Offensivzone. Stefan Loibl rettete mit seinem späten Tor zum 4:4 (57.) zwar wenigstens einen Punkt, in der Verlängerung mussten sich die Blau-Weiß-Roten aber geschlagen geben, als Sebastian Wännström völlig unbedrängt zum Augsburger Siegtor traf (63.).
„Einiges an Arbeit vor uns“
Zwei Spieltage vor dem Hauptrundenende haben die Adler das Heimrecht im Play-off-Viertelfinale längst noch nicht sicher. Sie verteidigten zwar ihren vierten Tabellenplatz und liegen nur noch einen Zähler hinter den Straubing Tigers, die bei den Nürnberg Ice Tigers unterlagen. Bei der aktuellen Form ist es aber wahrscheinlicher, dass die Mannheimer noch durchgereicht werden. Selbst ein Abrutschen auf Rang sieben - und damit die Teilnahme an den Pre-Play-offs - ist noch möglich.
Beim Gedanken an die anstehende K.o.-Runde trieb es Stewart die Zornesröte auf die Stirn. „Wenn wir so weitermachen, scheiden wir ohne Sieg aus den Play-offs aus. Das ist die Realität. Wir haben einiges an Arbeit vor uns“, kündigte der Coach an. An welchem Hebel er vor den Partien gegen Ingolstadt (Freitag, 19.30 Uhr) und in Düsseldorf (Sonntag, 14 Uhr) ansetzen will, ließ er aber offen.
Es fehlt an allem
Während Stewart die Methode Dampfhammer wählte, entschied sich Denis Reul im Gespräch mit dieser Redaktion für eine sachlichere Analyse der Situation, die aber genauso dramatisch war. „Ich kann mir das auch nicht erklären, ich verstehe es einfach nicht, denn es ist immer etwas anderes. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was ich sagen soll“, meinte der 33-jährige Adler-Kapitän und forderte: „Wir müssen endlich aufwachen!“
In Augsburg erzielten die Mannheimer zum ersten Mal seit Ende Januar wieder vier Tore; dafür stimmt seit einigen Spielen bei der Defensivarbeit wenig bis nichts. Es fehlt so ziemlich an allem: System, Struktur, Selbstvertrauen. „Teilweise laufen wir herum wie ein Hühnerhaufen“, bestätigte Reul den Eindruck, den auch die Adler-Fans beim Zusehen gewonnen hatten. „Wir müssen jetzt dringend den Reset-Knopf drücken und anfangen, als Mannschaft zusammenzuspielen - und zwar konstant über 60 Minuten.“
Vor dem Duell mit dem Tabellenzweiten ERC Ingolstadt müsse man „irgendwie die Köpfe freibekommen“. Da es von außen wohl keinen Impuls geben wird, muss der Lösungsansatz aus der Kabine kommen. Wie dieser auch aussehen mag, in einem Punkt ist sich Reul sicher: „Es muss etwas passieren. Wenn alles so weiterläuft, werden wir keinen Blumentopf gewinnen.“
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