München. Christian Winkler blickt ein wenig verlegen drein. Der Sportdirektor des EHC München ist erwischt worden: Er hat sich beim Einkaufen für die neue Saison in der Deutschen Eishockey Liga verhalten wie der große FC Bayern im Fußball: Die Zugänge werden den eigenen Verein stärken – und zugleich der unmittelbaren Konkurrenz die Seele aus dem Leib reißen.
Mathias Niederberger wird als Torwart die klare Nummer eins sein – und dem Meister der beiden vergangenen Jahre, den Eisbären Berlin, fehlen. Die Grizzlys Wolfsburg, die Winkler „zu den großen Vier in der Liga“ zählt, müssen ohne ihren Topscorer Chris DeSousa auskommen, denn der punktet und checkt nun für München.
Ben Smith von den Adlern abgeworben
Die Straubing Tigers waren so stolz auf die Entwicklung, die Andreas Eder bei ihnen seit 2020 nahm – doch seinen Reifeprozess setzt der Stürmer in der bayerischen Hauptstadt fort, wo man die Niederbayern als besonders nervigen Kontrahenten wahrgenommen hat.
Winkler erklärt: „Unsere letzte Meisterschaft war zwar 2018, doch seitdem waren wir ja auch nicht ganz schlecht. Wenn wir noch besser werden wollen, müssen wir eben oben zugreifen.“ Vor einem Jahr hatte er so ähnlich argumentiert, damals wurde den Adlern Mannheim ihr Kapitän Ben Smith abgeworben.
Kampf um die Plätze im Spieltagskader
Der EHC München geht mit dem üppigsten Kader seiner Geschichte in die Saison 2022/23. Es ist alles vertreten – vom ehemaligen Stanley-Cup-Gewinner Ben Smith über eine größere Gruppe aktueller deutscher Nationalspieler bis zu den Talenten Maksymilian Szuber und Julian Lutz, die im Sommer für zwei Münchner Platzierungen im Draft der NHL sorgten (und nach den ersten vier Spielen in der Champions Hockey League ins Camp der Arizona Coyotes gehen dürfen).
Trainer Don Jackson könnte vollwertige vier Abwehrpaare und fünf Sturmreihen aufs Eis bringen, selbst Routiniers wie Yannic Seidenberg und Konrad Abeltshauser sind in den Kampf um Plätze im Spieltagskader involviert.
Zuschauerzahlen lassen zu wünschen übrig
Die Verteidiger haben nämlich einen weiteren ernsthaften Mitbewerber bekommen: Ryan McKiernan, der 2021 bei den Eisbären Berlin wertvollster Spieler der Play-offs war und 2022 mit Rögle BK aus Schweden die Champions League gewann. Das malerische Ängelholm verließ er trotz des Erfolgs, „weil ich eben ein Großstadtkind bin“.
München will sich auch im Eishockey endlich nach Großstadt anfühlen, denn dass der EHC die Aufmerksamkeit der Münchner Bevölkerung auf sich zöge, lässt sich auch neun Jahre nach der vollständigen Übernahme durch den Getränkehersteller Red Bull nicht behaupten.
Den zarten Aufschwung bei den Zuschauerzahlen hat die Pandemie ausgebremst. Während die anderen bayerischen Standorte, für die die gleichen Einschränkungen galten, fast den gewohnten Zuspruch erfuhren, als das wieder möglich war, stand und saß man in der Münchner Olympia-Eishalle locker.
Umzug verzögert sich
Ausverkauft war nur das Finale gegen Berlin, allerdings war wegen des Einbaus von mehr Sitzen die Kapazität auf etwa 5500 gesenkt worden. In der DEL hatte der EHC den zweitschlechtesten Zuschauerschnitt.
Der Verein befindet sich aber im Übergang. Weniger als einen Kilometer entfernt wächst im Olympiapark der SAP Garden heran, die künftige Heimat des Eishockeys. Wobei sich das „künftig“ immer weiter verschiebt.
„Will die Meisterschaft in beiden Ligen gewinnen“
In den ersten Planungen wäre der Umzug schon für die jetzt beginnende Saison terminiert gewesen, wegen der bekannten Probleme in der Baubranche ist man mittlerweile beim Frühjahr 2024. Dann gilt es im Idealfall 11 000 Plätze zu füllen. Zur Marketingstrategie, mit der das erreicht werden soll, äußert sich der Club nicht.
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Im Grunde hat er jetzt schon die Mannschaft gebaut, die stark genug sein müsste, um das Geschehen in der DEL von der Spitze weg zu bestimmen und das sportliche Spektakel zu bieten. Eder, der nach seiner Wanderschaft mit Nürnberg und Straubing selbstbewusst zurückgekehrt ist, kündigt an: „Ich will die Meisterschaft in beiden Ligen gewinnen, in denen wir spielen.“
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