Mannheim. Tom Kühnhackl ist zurück in Deutschland. Bei den Adlern Mannheim unterschrieb der deutsche Nationalspieler und zweifache Stanley-Cup-Sieger mit den Pittsburgh Penguins einen Vertrag für die kommenden drei Spielzeiten.
Im Gespräch mit dieser Redaktion spricht der Sohn von Deutschlands Jahrhundertspieler Erich Kühnhackl über seine Rückkehr, seine Zeit in Pittsburgh und eine Unterhaltung, die seine ganze Karriere beeinflussen sollte.
Herr Kühnhackl, Sie haben sich dazu entschieden, Ihre Zelte im Ausland abzubrechen und Ihre Karriere nach 13 Jahren Absenz in Deutschland fortzusetzen. Warum?
Tom Kühnhackl: Ich hatte in Übersee und auch in Schweden sehr gute Erfahrungen und Abenteuer. Insgesamt kann ich bisher auf eine sehr gute Karriere zurückblicken. Jetzt freue ich mich, wieder in Deutschland und in der Nähe von meiner Familie zu sein, denn für die war das auch immer schwer. Vor allem nach Übersee zu kommen und mich dort zu besuchen. Außerdem wollte ich auch näher bei meinem Vater und meiner Schwester sein. Von Mannheim aus sind es ja nur dreieinhalb Stunden nach Landshut. Das heißt, sie können jederzeit herkommen und mich besuchen. Zudem spielen wir ja auch oft in der Nähe von Landshut – sei es Straubing, München, Ingolstadt, Augsburg oder Nürnberg. Da können sie dann auch hinkommen. Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.
Klar war München auch eine Option, aber wenn man ein Angebot von Mannheim bekommt, wo ich viele Leute auch durch die Stiftung meines Vaters schon von klein auf kenne, dann hat sich das für mich letztlich einfach richtig angefühlt
Da Sie gerade München ansprechen. Nicht wenige in der Eishockeyszene haben Sie – gerade wegen der geografischen Nähe – eher in München statt in Mannheim gesehen. Warum haben Sie sich letztlich für die Kurpfalz entschieden?
Kühnhackl: Das war am Ende einfach eine Entscheidung, die ich mit meiner Frau und meiner Familie getroffen habe. Klar war München auch eine Option, aber wenn man ein Angebot von Mannheim bekommt, wo ich viele Leute auch durch die Stiftung meines Vaters schon von klein auf kenne, dann hat sich das für mich letztlich einfach richtig angefühlt. Man will ja auch immer eine Chance auf den Titel haben und ich glaube mit der Mannschaft, die wir hier haben, haben wir sehr gute Chancen, am Ende der Saison oben zu stehen.
Sie wechseln vom schwedischen Vizemeister Skelleftea AIK nach Mannheim. Haben Sie die DEL von Schweden aus regelmäßig verfolgt?
Kühnhackl: In meinem ersten Jahr habe ich ja zusammen mit Stefan Loibl gespielt, mit dem ich auswärts auch immer auf einem Zimmer war. Dadurch, dass wir immer donnerstags und samstags gespielt haben, konnten wir freitags im Hotel die DEL verfolgen. Dann hat Stefan immer Magenta Sport auf seinem Tablet angeworfen.
Und die Adler?
Kühnhackl: Klar, als ich dann für mich die Entscheidung getroffen habe, wieder zurück nach Deutschland zu kommen, habe ich bei den Adlern noch genauer hingeguckt.
Sie haben vorhin erwähnt, den Titel mit Mannheim holen zu wollen. Eine Disziplin, in der Sie sich gut auskennen. Sie sind nach wie vor der einzige deutsche Spieler, der mit einem Verein zwei Stanley Cup-Gewinne feiern durfte. Ist das für Sie nach wie vor besonders?
Kühnhackl: Auf jeden Fall. Als kleines Kind war es natürlich mein großer Traum, dass ich mal in der NHL mitspielen darf. An den Stanley-Cup-Gewinn denkt man da ja noch gar nicht. Damit das passiert, müssten so viele Sachen zusammenpassen. Wenn ich mir da andere Spieler anschaue wie beispielsweise ein Joe Thornton, der 20 Jahre in der Liga gespielt und das Ding nie geholt hat, dann kann ich mich sehr, sehr glücklich schätzen, dass ich ein Teil davon sein durfte.
Wie blicken Sie im Nachgang auf Ihre Zeit in Pittsburgh zurück?
Kühnhackl: Es war eine unglaubliche Reise, ein unglaubliches Abenteuer. Aber da war natürlich auch nicht immer alles nur Sonnenschein. Da gehört auch die Zeit dazu, in der es nicht so gut läuft, in der es vielleicht allgemein in deinem Leben mal nicht so läuft, wie du es dir vorstellst. In der du dann auch mal in der East Coast Hockey League bist und dir erst alles erspielen musst. Aber wenn ich so zurückblicke, würde ich im Endeffekt alles wieder so machen, denn auch wenn der Weg sehr steinig war, bin ich einfach nur sehr froh darüber, dass ich ein Teil von so einer Organisation, von so einer Mannschaft sein durfte.
Ich bin lieber einer, der im Hintergrund ist und nicht immer vorne dabei sein muss
Trotz Ihrer Vita sind Sie aber nicht gerade der Typ Spieler, der sich in den Mittelpunkt drängt – oder täuscht das?
Kühnhackl: Nein, ich mag das nicht. Ich bin lieber einer, der im Hintergrund ist und nicht immer vorne dabei sein muss. Das war ich nie und werde ich auch nie sein. Ich denke, das ist kein schlechter Wesenszug.
Sie haben es schon angedeutet: Ihr Weg ging nicht immer nur bergauf. In Ihrer Jugendzeit waren Sie eher der klassische Torjäger, wurden von Pittsburgh 2010 in der vierten Runde gedraftet, mussten sich dann allerdings komplett umstellen, um letztlich Ihren Platz in der NHL zu finden.
Kühnhackl: Das stimmt. Ich werde nie vergessen, wie ich bei den Wheeling Nailers in der East Coast war. Das war ja mein erstes Profijahr und ich hatte eigentlich in der AHL angefangen. Da wir aber so viele Spieler waren, wurde ich mit noch ein paar anderen nach unten geschickt. Das war für uns Neuland und nicht gerade das, was wir uns vorgestellt hatten. Damals war Bill Guerin der Assistant General Manager in Pittsburgh und hatte uns beim Training zugeschaut. Da hat er wohl gesehen, dass ich keine 100 Prozent gebe, weil ich ja eigentlich gar nicht dort sein wollte. Also hat er mich nach dem Training zur Seite genommen und mir gesagt, dass er meine Situation versteht und ich das Potenzial habe, es mal nach oben zu schaffen, aber dafür muss ich mein Spiel verändern. Denn offensiv denkende Spieler gibt es in der NHL zuhauf, aber Spieler, die die Drecksarbeit machen wollen, gibt es deutlich weniger. Also habe ich daran gearbeitet, ein Spieler zu werden, dem man in der defensiven Zone vertrauen, dem man bei jeder Situation aufs Eis schicken kann, egal ob bei Unterzahl, egal ob bei Fünf gegen Sechs, wenn der Gegner ein Tor braucht, oder einfach nur zum Schüsse blocken.
Und wie lange hat diese Umstellung gedauert?
Kühnhackl: Das braucht natürlich ein paar Monate, um überhaupt mal in diese Rolle zu finden. Es ist letztlich Kopfsache, Dinge zu machen, die du früher nicht gemacht hast. Aber irgendwann hat es dann geklappt und ich wurde in die AHL gerufen. Da habe ich das gleiche Spiel weitergemacht und eineinhalb Jahre später wurde der damalige NHL-Cheftrainer Mike Johnston gefeuert. Mein bisheriger AHL-Trainer Mike Sullivan, der ja genau wusste, wie ich spiele, wurde sein Nachfolger und hat dann nicht nur mich, sondern viele junge Spieler wie Matt Murray, Bryan Rust oder Conor Sheary hochgeholt. Dann hat es drei, vier Jahre wirklich perfekt funktioniert – und dafür werde ich Bill Guerin für immer dankbar sein.
Zweifacher Stanley-Cup-Sieger
- Unter den neuen Adler-Spielern ist Tom Kühnhackl der mit dem größten Namen.
- Der am 21. Januar 1992 geborene Landshuter gewann mit den Pittsburgh Penguins zweimal den Stanley Cup in der nordamerikanischen Profiliga NHL.
- Sein Vater, Erich Kühnhackl, ist der deutsche Eishockey-Jahrhundertspieler – nicht nur, weil er 1976 in Innsbruck mit der Nationalmannschaft Olympia-Bronze holte, sondern weil er über Jahrzehnte das Gesicht seiner Sportart war.
- So überraschte es nicht, dass Tom Kühnhackl beim EV Landshut mit dem Eishockeyspielen begann. Nach vier DEL-Einsätzen für die Augsburger Panther folgte 2010 der Sprung nach Übersee.
- In der NHL machte sich Kühnhackl einen Namen als pflichtbewusster Zwei-Wege-Stürmer. cr
Nach Ihrer Zeit in Nordamerika haben Sie sich bekanntlich dazu entschieden, nach Schweden zu gehen. Die richtige Entscheidung?
Kühnhackl: Ja, absolut. Am Anfang war es aber wieder eine Umstellung, weil ich ja schon das kleinere Eis gewohnt war, auf dem du nicht so viel laufen musst und es mehr um das richtige Stellungsspiel geht. Doch dann kommst du nach Schweden, wo 60 Minuten nur marschiert wird. Da habe ich dann schon ein paar Wochen gebraucht, bis ich da reingefunden habe. Aber wenn man dann in unsere Mannschaft geschaut hat, da hätte ja jeder gefühlt in der ersten Reihe spielen können. Das kannte ich so auch nicht. Also habe ich mit den Coaches gesprochen. Denn bei mir geht die Mannschaft immer vor. Da ist es dann auch egal, ob ich ein Tor schieße oder zehn. Hauptsache, das Team hat Erfolg und ich kann ihm in allen möglich Bereichen dabei helfen.
Und was kam bei diesem Gespräch heraus?
Kühnhackl: Die Coaches haben gesagt, ich soll mein Ding machen, denn sie wissen, dass ich offensiv spielen kann, aber genauso wissen sie auch, dass mich meine defensive Spielweise in den Jahren zuvor erfolgreich gemacht hat. Entsprechend habe ich meine Spielweise wie zuvor durchgezogen, was letztlich gut reingepasst und der Mannschaft dann auch geholfen hat. Im zweiten Jahr hat es aber auch in der Offensive sehr gut funktioniert (zehn Tore, Anm. d. Red.). Das hat mir dann natürlich auch Selbstvertrauen gegeben, denn immerhin war das Toreschießen früher mein Markenzeichen und hat mich ins Profitum gebracht.
Wenn es einen Schuss zum Blocken gibt, dann werde ich mich immer reinwerfen, denn das ist einfach in mir drin
Auf was für einen Spielertypen dürfen sich dann die Fans in Deutschland und speziell in Mannheim in der kommenden Saison freuen?
Kühnhackl: Wenn es einen Schuss zum Blocken gibt, dann werde ich mich immer reinwerfen, denn das ist einfach in mir drin und da versuche ich auch der Mannschaft ein Vorbild zu sein. Wo mich der Trainer letztlich einsetzen wird, ist natürlich noch offen. Aber egal wo, ich werde versuchen der Mannschaft offensiv wie defensiv so gut wie möglich zu helfen. Das vergangene Jahr hat mir offensiv wieder mehr Selbstvertrauen gegeben. Ich habe zwar immer gewusst, wo das Tor steht, aber das Umsetzen ist dann wieder eine andere Sache. Wenn ich der Mannschaft in Unterzahl zum Sieg verhelfe, ist das für mich genauso wertvoll wie ein Tor oder Assist.
Dass Sie wichtige Tore schießen können, haben Sie in Ihrer Karriere ja immer wieder bewiesen. Ich denke da beispielsweise an den Siegtreffer in der Olympia-Qualifikation 2016 gegen Lettland in Riga. War das eines Ihrer schönsten Tore – auch wenn Sie letztlich bei Olympia dann nicht mitwirken durften?
Kühnhackl: Das war natürlich ein super Tor, gerade in Riga gegen Lettland. Damals hatten wir auch eine unglaubliche Mannschaft! Schade, dass wir dann nicht auch so bei den Spielen dabei sein konnten. Dennoch war das ein Tor, das mir immer in Erinnerung bleibt – übrigens genauso wie mein erstes NHL-Tor. Das ich nie vergessen werde.
Gegen wen war das?
Kühnhackl: Das war damals gegen Tampa Bay und Ben Bishop stand im Tor. Wir waren in Unterzahl und sind ein Zwei-auf-Null gefahren. Ich hatte kurz überlegt abzuspielen, aber dann habe ich gedacht „Nö, den mache ich selber“. (lacht)
Abschließende Frage: Mit Adler-Trainer Johan Lundskog, der in Schweden geboren wurde und in Kanada lebt, treffen Sie in Mannheim mit Blick auf Ihre Karriere doch auf den perfekten Coach, oder?
Kühnhackl: (lacht) Ich glaube auch, ja. Ich habe ihn schon mal im Mai kurz kennengelernt und jetzt natürlich noch ein bisschen intensiver. Unser Coaching-Staff ist super zusammengestellt. Sie haben schon einiges erlebt und verfügen so über jede Menge Erfahrung. Auch beim Blick auf die Mannschaft finde ich, haben wir einen super Mix. Wenn wir da zusammenfinden und uns vertrauen, können wir in diesem Jahr viel erreichen.
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