Fußball

Warum der Fehlstart des SV Waldhof Mut für die weitere Saison macht

Beim 1:2 zum Drittliga-Auftakt in Ingolstadt demonstriert der neuformierte SV Waldhof, dass in dieser Saison mit ihm zu rechnen ist. Die fußballerischen Ansätze sind vielversprechend. Aber es gibt auch Defizite

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Alexander Müller
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Enttäuschter Abgang: Die Waldhof-Profis verlassen nach dem 1:2 in Ingolstadt den Platz im Audi-Sportpark. © PIX/Goldberg

Ingolstadt. Der Taxifahrer auf dem Weg vom Audi-Sportpark zum Ingolstädter Hauptbahnhof hatte eine treffende Spontan-Analyse im Repertoire. In der der SV Waldhof gut wegkam. „Mannheim muss zur Pause führen, die haben sich selbst in Unterzahl noch gewehrt. Die werden mit dem Abstieg nichts zu tun haben“, prognostizierte Jakub, selbst Dauerkartenbesitzer bei den Schanzern und Augenzeuge des Ingolstädter 2:1 (1:0)-Sieges.

Nette Komplimente, für die „man sich aber nichts kaufen kann“, wie SVW-Torjäger Terrence Boyd nach der bitteren Niederlage zum Saisonauftakt am Sonntagabend zurecht feststellte. Der Fast-Absteiger der Vorsaison hatte schon am ersten Spieltag erkennen lassen, dass die Substanz in dieser Mannschaft jetzt eine ganz andere ist, dass man einem selbst ernannten Aufstiegskandidaten wie Ingolstadt locker Paroli bieten kann.

Aber am Ende fehlte es in der Offensive an der letzten Präzision, in der Defensive in den entscheidenden Situationen an Konsequenz - und generell auch ein bisschen am Spielglück. „Wenn ich sehe, was für Torchancen wir hatten, musst du mindestens mit einem Punkt nach Hause fahren. Mehr Chancen bekommst du in einem Spiel in der 3. Liga wahrscheinlich nicht“, seufzte Trainer Marco Antwerpen. Je einmal retteten in der ersten halben Stunde Pfosten und Latte für Ingolstadt, Martin Kobylanski vergab außerdem einen Foulelfmeter, den er zu unplatziert und zu lasch schoss. FCI-Keeper Marius Funk hielt (14.).

Schwindel: Marcel Seegert muss ausgewechselt werden

Zu diesem Zeitpunkt führten die Oberbayern nach einem Treffer von Felix Keidel bereits mit 1:0 (7.). Doch in der Folge hatte der SVW deutlich mehr vom Spiel - und Gelegenheiten, bei denen mindestens ein Treffer hätte herausspringen müssen. „Wir machen dann nicht, was man in der Situation machen muss: abgebrüht das 1:1 zu erzielen. Wir lassen alles liegen“, meinte Antwerpen. Und so etwas rächt sich in der qualitativ dichten 3. Liga, in der die meisten Partien nur durch Kleinigkeiten entschieden werden.

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Auch nach der Pause hatten die Mannheimer die Partie weitgehend im Griff, drängten auf den Ausgleich - und ließen sich auch von zwei weiteren Nackenschlägen nicht beirren. Sebastian Grönnings Kopfballtreffer nach einer Freistoßflanke zum 0:2 (70.) konterte der Waldhof in Person des kurz zuvor eingewechselten Neuzugangs Felix Lohkemper direkt (72.). Selbst nach der umstrittenen Gelb-Roten Karte für Verteidiger Niklas Hoffmann (74.) kamen die Kurpfälzer noch zu Möglichkeiten zum Ausgleich.

Es war ein couragierter Auftritt, der trotz des negativen Ausgangs als Mutmacher für den weiteren Saisonverlauf durchging. „Wir haben in Ingolstadt zehn Torchancen herausgespielt, einen Elfmeter verschossen und mit zehn Mann gekämpft. Das war eine großartige Leistung, wir haben uns nur nicht belohnt“, analysierte Sportdirektor Anthony Loviso. „Die Ansätze, die wir mit dem Kaderumbruch erreichen wollten, waren zu sehen. Das ist der richtige Weg, so müssen wir weitermachen.“

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Die 1000 mitgereisten Waldhof-Fans bewiesen nach dem Abpfiff ein feines Gespür für den Moment. Sie munterten das Team auf, es gab keinerlei negative Reaktionen. Wieso auch? Schon in diesem frühen Stadium der Saison war zu erkennen, dass sich der SVW in vielen Bereichen fußballerisch verbessert hat.

Die Neuzugänge Adrian Fein und ab der zweiten Halbzeit Rico Benatelli bürgen für neue Spielkultur im zentralen Mittelfeld und eröffnen die Möglichkeit zu gepflegtem Ballbesitzfußball, auf den offensiven Außenbahnen wirken sowohl Kennedy Okpala als auch Kelvin Arase bereits in guter Form. Nur in der Defensive waren einige Wackler zu erkennen - inklusive des fast schon obligatorischen Standard-Gegentores beim 0:2. Kapitän und Innenverteidiger Marcel Seegert musste wegen den Nachwirkungen seines grippalen Infekts in der Pause ausgewechselt werden. „Er hat über Schwindel geklagt“, berichtete Coach Antwerpen. Sein Sidekick Hoffmann flog später noch vom Platz.



Aber der Kader hat auch in der Breite an Qualität gewonnen: In Ingolstadt kamen Benatelli, Lohkemper, Nicklas Shipnoski, Sascha Voelcke und Samuel Abifade von der Bank. Gestandenes Drittliga-Niveau und darüber. Das heißt im Umkehrschluss beileibe nicht, dass es nichts zu verbessern gäbe. Antwerpen beanstandete ein „unnötiges Dribbling“ nebst Ballverlust von Lukas Klünter vor dem 0:1, wobei der Rechtsverteidiger in dieser Szene auch einen Freistoß hätte zugesprochen bekommen können.

Im Landespokal spielt Waldhof Mannheim gegen VfK Diedesheim: Chance für zweite Reihe

Das Thema „mangelnde Effektivität“ vor dem gegnerischen Tor begleitete die Mannheimer wiederum schon durch die vergangene Horror-Saison mit glücklichem Ende. Und Kobylanski legte im offensiven Mittelfeld nicht nur wegen seines verschossenen Elfmeters einen mauen Auftritt hin: Seine Ecken und Freistöße fanden keine Abnehmer, das aggressive Spiel gegen den Ball hat der gebürtige Berliner bekanntlich ohnehin nicht erfunden.

Der überzeugende Debütant Fein ärgerte sich überdies über einige leichte Ballverluste im Aufbauspiel. „Das müssen wir abstellen - und zwar besser heute als morgen. Dadurch haben wir den Gegner ein Stück weit stark gemacht“, sagte der Münchner, der in seiner bayerischen Heimat viele Freunde und Familienangehörige mit Tickets versorgen musste. Wenn dann noch die „letzte Konsequenz“ beim Torabschluss hinzukomme, zeigte sich Fein jedoch sehr positiv gestimmt, was die Mannheimer Möglichkeiten in dieser Drittliga-Saison angeht. „Wenn wir das auf die Kette bekommen, sind wir eine sehr gute Mannschaft“, sagte der frühere HSV-Profi. Und eine sehr gute Mannschaft, da ist sich Fein mit dem eingangs erwähnten Ingolstädter Taxifahrer einig, spielt garantiert nicht gegen den Abstieg. Sondern dürfte mittelfristig in anderen Regionen der Drittliga-Tabelle zu finden sein.

Die nächste Chance, im Klassement zu klettern, bietet sich am Samstag im ersten Heimspiel gegen Viktoria Köln. Zuvor wird Antwerpen in der dritten Runde des Landespokals beim Odenwälder Kreisligisten VfK Diedesheim im Stadion in Neckarelz (Mittwoch, 18.30 Uhr) voraussichtlich seiner zweiten Reihe Spielpraxis verschaffen.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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