Mannheim. Anthony Loviso empfängt in seinem Büro am Alsenweg, das einen perfekten Ausblick auf den Trainingsplatz der Profis des SV Waldhof bietet. Im Interview spricht der Sportliche Leiter des Mannheimer Fußball-Drittligisten über den bisherigen Saisonverlauf, den Aufwärtstrend unter Trainer-Rückkehrer Bernhard Trares und mögliche Winter-Transfers.
Herr Loviso, in der Formtabelle der 3. Liga steht der SV Waldhof seit dem Amtsantritt von Trainer Bernhard Trares im Septemberauf dem zweiten Platz hinter Energie Cottbus. Nur eine Momentaufnahme, oder spiegelt das die Möglichkeiten der Mannschaft korrekt wider?
Anthony Loviso: Das ist so ein Mittelding. Ich glaube schon, dass die Mannschaft eine sehr ordentliche, gute Qualität hat, die wir herauskitzeln mussten. Ein einstelliger Tabellenplatz sollte da drin sein. Bernhard ist da mit seinem Trainerteam auf einem guten Weg. Nach acht Spielen unter ihm ist ein gewisser Trend zu sehen. Trotz allem waren die Punkte auch bitter nötig, wenn man auf die Tabelle schaut.
13 Spieltage sind in der 3. Liga absolviert. Der SVW hat als Elfter sechs Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze und fünf Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone. Wird sich bis Weihnachten der Trend weisen, wohin die Reise in dieser Saison gehen könnte?
Loviso: Ja, das glaube ich schon. Wir haben Spiele gegen Dresden, Bielefeld oder Cottbus, also Teams aus dem oberen Drittel. Dann spielen wir noch gegen Vereine aus dem unteren Drittel. Bis Weihnachten gilt es, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, um den Abstand nach unten zu vergrößern. Und wir wollen zuhause ungeschlagen bleiben.
Wie fällt die Zwischenbilanz dieser Saison aus - zum einen von den Ergebnissen, aber auch von der fußballerischen Entwicklung?
Loviso: Man muss die Saison ein bisschen unterteilen. In einen schlechten Saisonstart und eine deutliche Besserung nach dem Trainerwechsel (von Marco Antwerpen zu Trares Mitte September, d. Red.) Der Trend ist positiv, es ist nicht mehr einfach, gegen uns zu gewinnen. Ich glaube aber, dass in der Mannschaft noch mehr Potenzial steckt. Was mit Automatismen zu tun hat und der Spielweise von Bernhard, die umgesetzt werden muss.
Wenn man eine Mannschaft wie Sie in der Sommerpause großflächig umbaut, hat man ja auch Vorstellungen davon, wie das dann auf dem Platz funktionieren soll. Wie viel vom Transfer-Plan ist bisher aufgegangen?
Loviso: Relativ viel. Natürlich hätte ich mir zum Beispiel bei Arlind Rexhepi erhofft, dass er auf mehr Spielzeit kommt. Für ihn als junger Spieler war es am Anfang in einer ungefestigten Mannschaft aber auch nicht so einfach. Bei allen anderen Neuzugängen glaube ich schon, dass die Jungs zumindest phasenweise ihr Potenzial schon gezeigt haben. Es ist in Ordnung.
Als größte Problemzone galt bisher das zentrale Mittelfeld, gerade in der Entwicklung des Spiels nach vorne. Wie zufrieden sind Sie da mit der Entwicklung und was muss noch besser werden?
Loviso: Mit der Entwicklung bin ich zufrieden, weil wir jetzt mehr Ballbesitzphasen haben und das kommt unseren Spielern entgegen. Ich wünsche mir nur, dass unsere Mittelfeldspieler noch zielstrebiger nach vorne agieren, noch mehr diesen finalen Input in den Aktionen haben.
Anthony Loviso
- Anthony Loviso (33) wurde in Mannheim geboren und stammt aus einer italienischen Familie.
- Als Fußballer gehörte er zur legendären B-Jugend des VfL Neckarau, aus der auch spätere Profis wie Pascal Groß, Manuel Gulde und Marco Terrazzino entsprangen.
- Lovisos Traum von einer großen Karriere erfüllte sich nicht. Er spielte unter anderem in Heddesheim und der zweiten Mannschaft des SV Waldhof im höheren Amateurbereich.
- Der Mannheimer begann unter dem damaligen Sportchef Jochen Kientz 2018 als Chefscout beim SVW.
- Nach Stationen in verschiedenen Funktionen beim SV Sandhausen und Genua CFC arbeitet Loviso seit April 2024 zunächst als Technischer Leiter Sport und seit September auch offiziell als Sportchef beim Waldhof.
An Martin Kobylanski scheiden sich ein wenig die Geister. Einerseits ist er ein starker Standardschütze und hat geniale, spielentscheidende Momente im Repertoire, andererseits wirkt es in manchen Partien, als tauche er ab. Was erwarten Sie von ihm?
Loviso: Ich erwarte von ihm, dass er wichtiger für uns wird. Dass er mehr entscheidende Aktionen hat. Alles, was gegen den Ball angeht, hat er sich unter Bernhard Trares extrem gesteigert. Er ist sehr lauffreudig, seine Laufwerte sind gut, aber mit Ball wollen wir von ihm mehr entscheidende Aktionen haben. Die hat er auch drauf mit seiner Qualität.
Mittelstürmer Terrence Boyd hat sechs von 16 Waldhof-Toren geschossen - die meisten der Treffer haben direkt Punkte gebracht. Ist das Spiel des SVW zu abhängig von Boyd? Und was passiert, wenn er sich einmal verletzen sollte?
Loviso: Die Thematik haben alle Vereine, selbst auf internationalem Niveau. Wenn du einen Topstürmer im Kader hast, wen holst du als zweiten Stürmer dazu, der sich sich dann mit der Ersatzrolle anfreunden muss? Bei Bayern spielt Harry Kane auch immer. Deshalb haben wir Felix Lohkemper dazu genommen, der auch auf den Flügel ausweichen kann. Jetzt fehlt er uns leider verletzt. Außerdem wollte ich für unser Eigengewächs Kennedy Okpala die Tür nicht zumachen. Wenn ich noch einen klassischen Mittelstürmer geholt hätte, wäre er auf noch weniger Spielzeit gekommen.
Ist der SVW denn abhängig von Boyd?
Loviso: Ja, aber jeder Verein ist von seinem Topstürmer abhängig.
Trainer Trares hat gesagt, dass mit ihm vereinbart ist, dass es mit diesem Kader durch die komplette Saison geht. Dennoch: Werden Sie im Winter auf dem Transfermarkt aktiv werden und wenn ja, auf welcher Position?
Loviso: Dafür ist es noch einen Tick zu früh. Natürlich halte ich meine Ohren offen. Ich weiß ja auch nicht, was mit Spielern passiert, die weniger gespielt haben. Grundsätzlich sind wir mit der Kaderzusammenstellung zufrieden. Man sieht, dass die Jungs performen können. Erstmal stehen keine Transfers an. Wir werden sehen, ob jemand gehen will oder Verletzungen dazukommen.
In Torhüter Jan-Christoph Bartels, Minos Gouras und Tim Sechelmann sind drei von der Saison aussortierte Profis wieder regulär im Kader, Bartels ist sogar Stammspieler. Sie haben damals offensiv kommuniziert, mit welchen Spielern sie nicht mehr planen. Würden Sie das im Rückblick anders machen?
Loviso: Es war damals ja in einer anderen Konstellation mit einem anderen Trainer. Aber vielleicht sollte man in Zukunft mit den Aussagen anders umgehen, das kann schon sein. Grundsätzlich ist das ein Thema, das überall im Sommer mal auftaucht.
Kommen wir zur „BuweFabrik“: Vor zwei Wochen hat der SVW die Unterlagen für das Nachwuchsleistungszentrum beim DFB eingereicht. Wie optimistisch sind Sie, dass diesmal alles durchgeht?
Loviso: Grundsätzlich haben wir alle Strukturen, auch auf personeller Ebene, die man für ein NLZ haben muss, aufgebaut. Wir haben gepowert und viel umgesetzt. Jetzt werden wir sehen, was der DFB antwortet. Aber ich bin guter Dinge, die Zusage bekommen.
Sie sind als Sportlicher Leiter auch Haupt-Verantwortlicher für die Jugendabteilung. Mit der U17 spielt erstmals wieder ein SVW-Team in der höchsten Spielklasse, das sich dort auch mehr als achtbar schlägt. Zeigt dieses Beispiel, dass der SV Waldhof auf einem guten Weg ist, wieder eine relevante Größe im professionellen Nachwuchsbereich zu werden?
Loviso: Ja, und es zeigt, dass es ein Potenzial an guten jungen Spielern in Mannheim gibt. Straßenfußballer, die gefördert werden müssen. Das ist jetzt auch unser Auftrag.
Viel diskutiert worden ist in der Vergangenheit über die nachhaltige finanzielle Ausstattung eines NLZ. Wie sehen da die Pläne aus, die „BuweFabrik“ dauerhaft auf gesunde Füße zu stellen?
Loviso: Es hakt im Moment daran, dass wir im Vergleich zu unseren Mitbewerbern keinen Namenssponsor für das NLZ haben. Das sind Geldquellen, die wichtig sind, denn der finanzielle Aufwand bei einem NLZ wird unterschätzt. Das kostet einen hohen sechsstelligen Betrag. Wir müssen deshalb regionale Partner finden, die ein ein Interesse haben, mit uns etwas aufzubauen. Aktuell ist es so, dass Familie Beetz sehr viel investiert - und dafür bin ich auch sehr dankbar.
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