Mannheim. Patrick Glöckner wirkte nicht nur entspannt, sondern auch bestens vorbereitet – was allerdings nicht weiter verwunderte. Denn der Trainer des Fußball-Drittligisten SV Waldhof konnte nach sechs sieglosen Spielen in Serie erahnen, dass es in der Pressekonferenz am Donnerstag nicht nur um die schwere Auswärtspartie am Samstag (14 Uhr) gegen den FC Ingolstadt, sondern auch um ihn gehen wird. Genauer gesagt: um seine Zukunft.
„Ich wusste von Anfang an, dass ich hier ein schweres Erbe antrete“, sagte der 44-Jährige, der die Diskussionen um ihn als „Nebenschauplatz“ abtat. Ohnehin sei es im Trainerleben „immer eine Frage der Zeit, bis man angezählt wird“. Er selbst könne damit „aber leben, ich habe mir den Job ausgesucht. Für mich ist entscheidend, dass die Mannschaft in Ruhe arbeiten kann.“
In einem Club, in dem zuletzt zwar nicht die Krisen, sehr wohl aber Störgeräusche zum Markenkern gehörten, ist das hin und wieder allerdings schwierig. Auch oder gerade in Situationen wie diesen. Doch damit seine Spieler davon unbeeindruckt bleiben, versucht Glöckner, alles auf sich zu nehmen: „Je mehr Druck kommt, desto breiter wird mein Kreuz. Ich werde der Letzte sein, der die Mannschaft nicht schützt.“
Trügerische Sicherheit
Auffällig: Der Trainer sprach danach demonstrativ von „unserer Mannschaft“ und regte an, „dass wir alle so zusammenhalten, dass die Mannschaft die beste Leistung abrufen kann, das hat sie verdient“. Mit diesen Worten nahm der Trainer zwangsläufig sämtliche Entscheidungsträger des SV Waldhof mit in die Verantwortung, das bislang ausgebliebene Bekenntnis zu ihm von Sportchef Jochen Kientz wollte er indes nicht überbewerten: „Ich finde das nicht verkehrt, dass die sportliche Leitung nicht immer alles nach außen kommuniziert.“
Ein Treffen zu Wochenbeginn mit den Verantwortlichen wollte er unter keinen Umständen überbewertet oder gar als Krisensitzung verstanden wissen. Vielmehr sei die Zusammenkunft ein Treffen gewesen, das es regelmäßig gebe. „Ich finde es gut, dass sich jeder informiert, wie der Stand der Mannschaft ist, wie die Resultate zustande kommen, was die perspektivische Ausrichtung und die Entwicklung Einzelner betrifft. Das halten wir schon lange so.“
Gewiss: Bei sieben Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsrang ist die Situation noch nicht dramatisch, sehr wohl aber gefährlich, ja trügerisch. Denn zu den sechs sieglosen Begegnungen gesellt sich der spielerische Abwärtstrend. „Es gibt im Fußball nicht nur schwarz und weiß, sondern auch Dinge, die passend gewesen sind. Es geht um eine richtige Bewertung. Den Willen kann man uns nicht absprechen“, betonte Glöckner und warb für eine differenziertere Betrachtung, nicht ohne aber die Defizite klar zu benennen.
Der „eine oder andere Mentalitätspunkt“ habe zuletzt gefehlt, die „Leidenschaft“ sei ein wenig verloren gegangen. Entsprechend gestaltete sich das Training in dieser Woche. „Bissig“, „kompromisslos“, „aufopferungsvoll“ seien die Einheiten gewesen, verriet der Coach.
Genau das will er am Samstag auch in Ingolstadt vermehrt sehen, wenngleich die Personalsituation schwierig bleibt. Ob Kapitän Marcel Seegert nach seiner schweren Gehirnerschütterung zurück in den Kader kehrt, ist noch offen. Er hat bislang kein Kopfballtraining absolviert.
Arianit Ferati ist nach seinem Comeback gegen Meppen eine Option für die Startelf. „Ob er durchspielen kann, müssen wir sehen“, sagte Glöckner, der definitiv auf die gesperrten Marcel Gottschling und Max Christiansen verzichten muss. Umso mehr wird es deshalb wieder im Mittelfeld auf den Stabilitätsanker Marco Schuster ankommen. Der 25-Jährige wird den SVW am Saisonende übrigens verlassen. Nach Informationen dieser Redaktion wechselt er zum Zweitligisten SC Paderborn.
An die Personalplanungen will sich demnächst auch der Waldhof intensiver machen. Um in dieser Hinsicht Sicherheit zu haben, brauchen die Mannheimer aber noch ein paar Punkte. „Die Mannschaft kann Trendwende. Das hat sie gezeigt“, meinte Glöckner und erinnerte indirekt an die drei – teils empfindlichen – Niederlagen vor Weihnachten, denen im Januar in sechs ungeschlagenen Begegnungen 14 Punkte folgten.
Doch diese Hochphase blieb eben eine kleine Episode, jetzt geht es wieder in die andere Richtung. Mit einer fatalen Mischung aus Verkrampfung und Verunsicherung, weshalb sich der Blick auf den Trainer richtet. Seit seinem Amtsantritt befindet sich der SVW auf einer Achterbahnfahrt. Rauf, runter. Rauf, runter. Jetzt wäre es mal wieder an der Zeit für ein „rauf“. Ansonsten kann die Fahrt auch zu Ende sein.
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