Läuft 2022 wie 2018? Andreas Hofmann hätte mit Sicherheit nichts dagegen. Vor vier Jahren eilte der Speerwerfer der MTG Mannheim von Erfolg zu Erfolg. Dem Titel bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg ließ er bei der Heim-EM in Berlin die Silbermedaille folgen. Die Voraussetzungen ähneln sich: In Berlin werden am kommenden Wochenende die DM-Medaillen vergeben, im August steht in München eine EM vor heimischem Publikum auf dem Programm - und dazwischen gibt es auch noch die WM in Eugene (USA).
Hofmann ist Sportler durch und durch. Er stellt sich dem Wettkampf nicht nur, sondern liebt das Duell Mann gegen Mann. Und doch hat er für sich persönlich eine Hitliste für 2022 erstellt: „In Eugene werden viele Leichtathletik-Verrückte im Stadion sein, die die Athleten zu Höchstleistungen antreiben. Eine Heim-EM ist und bleibt aber etwas Besonderes. Daher freue ich mich darauf etwas mehr, das muss ich schon zugeben“, betont der 30-Jährige.
Kampf um WM-Ticket
Aber Hofmann lebt im Hier und Jetzt und weiß genau, dass er sich noch so viele Gedanken über die Höhepunkte in dieser Leichtathletik-Saison machen kann, dass aber an erster Stelle die Qualifikation steht. Bei den nationalen Titelkämpfen im Berliner Olympiastadion werden erst einmal die WM-Tickets vergeben. Unmittelbar danach will der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) sein Team für Eugene bekanntgeben.
Hofmann muss auf den Punkt topfit sein, denn die nationale Konkurrenz ist groß, obwohl hinter dem aktuellen Leistungsvermögen von zwei Favoriten große Fragezeichen stehen. Johannes Vetter, Weltmeister von 2017, kämpft in diesem Jahr bislang ebenso mit Verletzungsproblemen wie Thomas Röhler, Olympiasieger von 2016. „,Jojo’ darf man nie unterschätzen. Selbst wenn er körperlich nicht bei 100 Prozent ist, kann er immer einen raushauen“, hat Hofmann Vetter weiter auf dem Schirm. „Und Thomas hatte zuletzt Anlaufprobleme. Kriegt er die in den Griff, ist auch mit ihm zu rechnen.“
Titelkämpfe in Berlin
- Die Leichtathletik-DM findet vom 23. bis 26. Juni in Berlin statt.
- Die meisten Wettbewerbe gehen am Wochenende im Olympiastadion über die Bühne, das Kugelstoßen (Frauen am Donnerstag, 15 Uhr/Männer am Freitag, 14 Uhr) ist ausgelagert.
- Nach den nationalen Titelkämpfen nominiert der Deutsche Leichtathletik-Verband sein Team für die WM in Eugene (USA/15. bis 24. Juli).
Beim Blick auf die Vorleistungen wird schnell klar: Mit der Rolle des Topfavoriten muss sich keiner des genannten Trios auseinandersetzen, sondern Julian Weber. Der Mainzer kratzte in diesem Jahr bereits an der 90-Meter-Marke und bewies die bessere Konstanz. „Julian hat nicht nur einmal gezeigt, was in ihm steckt“, bestätigt Hofmann, der sich allerdings nicht kleiner machen will als nötig: „Ich fahre mit Medaillenambitionen nach Berlin, am Samstag will ich um den Titel kämpfen.“ Die Entscheidung des Speerwerfens ist für 18.07 Uhr angesetzt.
Dass Hofmann überhaupt wieder auf Weltklasse-Niveau seinen Sport ausüben kann, ist für den Laien nicht nachvollziehbar. Nachdem er in seinem Super-Jahr 2018 die persönliche Bestleistung auf 92,06 Meter gesteigert hatte, spielte sein Körper nicht mehr so mit wie gewünscht. Verletzungen bremsten ihn aus, Anfang 2021 stand die nächste Operation an. Aus seinem linken Unterarm wurde ihm eine Sehne entnommen und in den verletzten rechten Ellenbogen eingepflanzt.
Hofmann gab nicht auf, kämpfte bis zuletzt sogar um sein Olympia-Ticket und ist jetzt, knapp eineinhalb Jahre nach dem Eingriff, wieder zurück in der Weltspitze. „Ich habe gar keine Probleme mit dem Wurfarm. Das Team beim Olympiastützpunkt Rhein-Neckar in Heidelberg und Physiotherapeut Marco Welz haben mir dabei geholfen, die Reha zügig über die Bühne zu bringen“, betont der 30-Jährige, der mittlerweile sogar die stützende Bandage in den Schrank verbannt hat.
Hofmann hat in dieser Saison gezeigt, dass er wieder fast ganz der Alte ist. Beim Meeting in Offenburg holte er sich mit 86,52 Metern den Sieg, in Eisenstadt (Österreich) packte er mit seinem Wurf auf 87,32 m noch einige Zentimeter drauf. Es gehören aber auch Rückschläge dazu. In Turku (76,19 m) landete er zuletzt nur auf dem letzten Platz.
Klar ist: Hofmann sucht noch die Konstanz in seinen Leistungen. Immer wieder hakt es irgendwo. Beim Meeting in Finnland lief er im ersten Versuch zu langsam an, beim zweiten blieb er im Boden hängen, der dritte war ungültig. Es gab also Erklärungen dafür, warum es nicht so lief. „Ich hatte nicht die Chance, zu zeigen, was in mir steckt“, sagt das Aushängeschild der MTG Mannheim. „Ich weiß aber, dass das Leistungsvermögen da ist. Ich bin gerade dabei, die richtigen Stellschrauben zu finden, an denen ich drehen muss.“
Am Dienstag steht für Hofmann die letzte Trainingseinheit mit dem Speer auf dem Programm, dann geht es nach Berlin. Er hätte nichts dagegen, wenn sich Geschichte wiederholt. 2018, da war doch was!
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