Mannheim. Die Ausdauer von Grün-Weiss Mannheim hat sich ausgezahlt. Der Tennis-Bundesligist zog trotz kurzer Schwächephase die Bundesliga-Saison voll durch und belohnte sich am letzten Spieltag mit der Vizemeisterschaft. Diese wurde auf der Anlage von den Spielern, Helfern und Sponsoren ausgiebig gefeiert. Nach sechs Wochen Bundesliga blickt Mannheims Teamchef Gerald Marzenell auf die Saison zurück und spricht über den Erfolg, der neben den neun Meisterschaften einen wichtigen Platz in der Vereinsgeschichte einnimmt. Denn nach 1997, 2008 und 2017 war es für Grün-Weiss die vierte Vizemeisterschaft.
Herr Marzenell, ist diese Vizemeisterschaft etwas Besonderes?
Gerald Marzenell: Wenn man den Zusammenhalt der Mannschaft sieht und unsere Möglichkeiten dazunimmt, dann ist der zweite Tabellenplatz am Ende eine überragende Leistung von allen Spielern. Es ist ein Riesenerfolg, auf den die Mannschaft und der Verein stolz sein können. Wir haben Teams wie München, Gladbach oder Versmold, die gut gespielt haben, hinter uns gelassen. Nur Bredeney haben wir den Vortritt lassen müssen. Die Saison war kaum zu toppen.
Welche Vorteile bringt solch ein Erfolg mit sich?
Marzenell: Durch eine Vizemeisterschaft bleibst du im Fokus, bleibst als Verein im Gespräch. Es interessieren sich neue Mitglieder für den Verein und Kinder wollen wieder mehr Tennis spielen, was wir im Jugendbereich in den letzten Jahren schon gemerkt haben.
Nach Ende der Wechselfrist trat Bredeney im Januar nochmals an die Grün-Weiss-Topspieler heran, um diese abzuwerben. Können Sie sich mit dem neuen Bundesliga-Meister dennoch anfreunden?
Marzenell: Wir haben letztes und vorletztes Jahr Spieler an Bredeney verloren. Das hat uns ohne Wenn und Aber wehgetan, weil es mit Tobias Kamke, Julian Lenz und Maximilian Marterer Leistungsträger von uns waren. Die drei haben jahrelang hier gespielt, da sind Freundschaften entstanden. Für die Jungs habe ich mich sehr gefreut, dass sie die Meisterschaft gewonnen haben. Bredeney hat eine tolle Mannschaft und mit Tim Pütz und Philipp Kohlschreiber weitere tolle Spieler, denen gönne ich das allen von Herzen. So möchte ich das stehenlassen. Über das Management will ich nichts weiter sagen.
Forderer und Förderer
Geboren wurde Gerald Marzenell am 6. Februar 1964 in Mannheim. Der 59-Jährige lebt in Feudenheim.
Der Teamchef des Bundesligisten Grün-Weiss Mannheim spielte selbst 16 Jahre für den Tennisclub und wurde dabei zweimal Meister.
Als Teamchef gewann Marzenell bereits sechs Meistertitel, zuletzt 2018, 2019 und 2021.
Neben seiner Tätigkeit für Grün-Weiss betreut der Mannheimer deutsche Talente auf ihrem Weg zum Profi. Diese Saison war bereits seine 26. Spielzeit als Teamchef von Grün-Weiss. jab
War es deshalb besonders ärgerlich, dass Sie im Spitzenspiel gegen Bredeney nicht die beste Mannschaft stellen konnten?
Marzenell: In solch einer Situation kannst du nichts machen. Du darfst dich nicht darüber ärgern. Es gab Turniere, die stattfanden, wo es geregnet hat – und damit war unsere Aufstellung hinüber. Wenn du deine Leistungsträger verlierst, ist es natürlich schwer, gegen solch einen breit aufgestellten Kader wie den von Bredeny zu bestehen. In Bestbesetzung wäre es sicher knapper geworden. Dann haben wir das Spiel mit 1:5 verloren, damit war der Titeltraum geplatzt.
Pedro Martinez fehlte in diesem Duell, hat ansonsten aber alle Spiele bestritten und gewonnen. Hat er eine Siegprämie in seinem Vertrag stehen?
Marzenell: Nein, hat er nicht. Pedro liebt es, hier zu spielen. Er ist happy, wie alles ist. Und wir sind froh, dass er bei uns ist. Wenn er fürs Geld hätte spielen wollen, dann würde er in einem anderen Verein spielen. Dann hätten wir keine Chance, unsere Topspieler zu halten. So ist es auch bei Bernabé Zapata Miralles, der für drei weitere Jahre unterschrieben hat. Das haben wir am Samstag eingetütet.
Gab es schon mal annähernd einen Spieler in der Grün-Weiss-Historie, der wie Martinez zehn Ligaspiele in Folge gewonnen hat?
Marzenell: In der Geschichte gab es das dreimal. Aber das waren andere Zeiten. Dirk Dier, Oscar Serrano und Denis Gremelmayr sind mal in einer Saison mit 9:0-Siegen ungeschlagen geblieben. Aber Pedro hat das an Position eins oder zwei geschafft. Das ist überragend. Besser geht es nicht.
Die Spielansetzungen gaben Anlass zur Sorge. Wie war der Zuschauerzuspruch in dieser Saison?
Marzenell: Wir waren sehr zufrieden. Wir hatten 15 bis 20 Prozent Zuwachs im Vergleich zum letzten Jahr. Wir sind noch nicht bei den Zahlen von vor Corona, das lag aber auch daran, dass wir drei Heimspiele in neun Tagen hatten. Der Abschluss am Sonntag war genial mit über 2500 Zuschauern. Die Sonntagspiele sind viel beliebter als die Freitagspiele.
Ein Zuschauermagnet wäre Dominic Thiem. Warum hat es nicht mit einem Einsatz geklappt?
Marzenell: Die Chance, dass er nach dem Turnier in Kitzbühel zum Heimspiel gegen Bredeney kommt, war sehr groß. Aber dann hat er dort im Finale gespielt, was ihm jeder von Herzen gegönnt hat. Doch damit war die Chance weg. Wir wollen Dominic natürlich nicht bei einem Auswärtsspiel einsetzen.
Was war für Sie der Höhepunkt der Saison?
Marzenell: Schwere Frage. Ein Highlight für mich ist immer unsere Mannschaft in der Vorbereitungsphase vor dem Spiel. Dieser Spirit, der entsteht, die Energie, die in der Umkleidekabine ist – das ist der Wahnsinn. Das ist für mich Spieltag für Spieltag unvorstellbar und macht in der Konstellation mit Daniel Steinbrenner, Simon Stadler und Philipp Petzschner Riesenspaß. Dazu die knappen Spiele, die man dreht, wie in Rosenheim, wo wir ein 1:3 aufgeholt haben. Das sind die Momente, warum man es jedes Jahr macht. Denn es ist mehr Arbeit, als sich jeder vorstellen kann. Das ist der Antrieb.
Und auf dem Platz?
Marzenell: Da könnte ich jetzt fünf, sechs Spiele aufzählen. Ich fand die Spiele von Pedro allesamt großartig. Dann war der Sieg von Max Rehberg gegen Philipp Kohlschreiber beeindruckend. Auch Gerald Melzer hat in Aachen supergut gespielt.
Wie wird sich der Kader zur neuen Saison verändern?
Marzenell: Ich werde jetzt erst mal mit allen Spielern Gespräche führen, aber ich gehe davon aus, dass der Kader fast unverändert bleibt. Wir brauchen noch jemanden, der einspringt, wenn Pedro oder Bernabé mal nicht spielen können. Und wir wollen einen Spieler dazunehmen, der auch mal nur ein Doppel spielen kann, damit wir dort noch stärker werden. Nicolas Kicker hat sich schwer am Ellenbogen verletzt und seit Mai nicht mehr gespielt. Das müssen wir beobachten. Wenn er nicht spielen kann, müssen wir die Position notgedrungen neu besetzten.
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