Mannheim. Nach dem Fehlstart mit zwei Niederlagen will Fußball-Drittligist SV Waldhof am Sonntag (16.30 Uhr - wir begleiten das Spiel für Sie mit einem Live-Ticker online) beim SC Verl den ersehnten Befreiungsschlag landen. Im Trikot des Gegners trumpft allerdings gerade ein Spieler auf, der bis Januar noch das SVW-Trikot trug: Berkan Taz. Im Interview spricht der 25-Jährige über seine Zeit in Mannheim - und verrät, warum es gerade bei ihm so gut läuft.
Berkan, der SV Waldhof kommt ohne Punktgewinn in der bisherigen Saison nach Verl. Was bedeutet das für das Spiel?
Berkan Taz: Null Punkte - das hat keine Aussagekraft nach zwei Spieltagen. Wir wollen zu Hause natürlich gewinnen. Und der Waldhof spürt sicherlich auch, dass er irgendwann mal punkten muss. Vermutlich ist der Druck in Mannheim noch ein wenig größer.
Wird das Spiel ein besonderes für Sie?
Taz: Natürlich. Ich war eineinhalb Jahre in Mannheim. Das vergisst man nicht.
Richtig gut lief es für Sie dort aber nicht.
Taz: Das stimmt. Aber im Fußball läuft nicht immer alles perfekt. Die Zeit dort war sehr hilfreich für mich, sie hat mich stärker gemacht. Solch eine Phase hatte ich in meiner Karriere noch nicht erlebt, bei mir ging es von Station zu Station immer nur nach oben. Das war in Mannheim plötzlich anders - und das hat mich als Mensch und Sportler geprägt. Wenn ich noch einmal in eine solche Situation kommen sollte, weiß ich damit umzugehen. Da bin ich mir sicher. Auch wenn ich hoffe, dass solch eine Zeit nicht wiederkommt (lacht).
Warum lief es in Mannheim nicht? Sie kamen als großer Hoffnungsträger.
Taz: Wer mich verpflichtet, der weiß, was er bekommt. Wenn man mich zocken lässt, kann ich ein Unterschiedsspieler sein. Das habe ich oft genug gezeigt. Aber lange Bälle und grätschen - das bin ich nicht.
Welche Folgen hatte das in Mannheim?
Taz: Mit der Zeit habe ich meinen Instinkt verloren. Im Prinzip wurden mir meine Stärken genommen, auch wenn ich natürlich weiß, dass ich gegen Widerstände ankämpfen und immer versuchen muss, meine Qualitäten einzubringen. Das habe ich auch versucht, aber es hat eben leider nicht funktioniert.
Das Angebot aus Verl kam also genau richtig?
Taz: Ja, in Verl habe ich die Freude am Fußball wiedergefunden. Das sieht man jetzt auch immer häufiger. Ich habe das Vertrauen in mein Spiel und meine Stärken wiedergefunden, trete in meinen Aktionen mit viel mehr Überzeugung auf. Und Selbstvertrauen ist für einen Spielertypen wie mich, der ins Dribbling oder auch mal ins Risiko geht, eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich zu spielen.
Noch einmal zurück zum SV Waldhof. Was werden Sie in guter Erinnerung behalten?
Taz: Die Fans! Sie haben mich immer unterstützt und gesagt, ich solle weiterhin Gas geben und dass mein Durchbruch noch kommen wird. In den Heimspielen war die Unterstützung brutal gut, einfach geil. Dieses Raunen im Stadion bei einer gelungenen Aktion, der Applaus fürs Herausholen eines Eckballs - das werde ich niemals vergessen.
Der SC Verl ist mit zwei Unentschieden in die Saison gestartet. Zufrieden mit der Ausbeute?
Taz: Es hätte besser laufen können. Gegen Wiesbaden führen wir bis kurz vor dem Abpfiff 2:1 und kassieren durch ein Eigentor den Ausgleich, die drei Punkte müssen wir einfach mitnehmen. Und in Aachen spielen wir 80 Minuten in Überzahl, haben die große Chance zum 2:0 und lassen diese Möglichkeit aus. Wenn wir da nachgelegt hätten, wäre der Gegner gebrochen gewesen. Trotzdem sehe ich auch Positives: Denn wir kommen zu vielen Chancen, erspielen uns die Möglichkeiten. Wir sind auf einem guten Weg.
Sie sind Stammspieler und stehen nach zwei Partien bei einem Tor und einem Assist. Wie erklären Sie die starke Frühform?
Taz: Das komplette Trainerteam, der ganze Verein steht hinter mir. Ich spüre das Vertrauen und den Willen, dass mich alle wieder auf das Niveau bringen wollen, das ich zu meiner Zeit in Dortmund hatte. Unsere Spielphilosophie passt perfekt zu mir. Wir spielen einfach Fußball. Und zwar völlig unabhängig davon, ob es gut oder schlecht läuft, ob wir führen oder zurückliegen. Wir suchen spielerische Lösungen, wollen zocken. Das kommt mir natürlich entgegen.
Was ist Alexander Ende für ein Trainer?
Taz: Er ist mit 100 Prozent Herz bei der Sache und bleibt sich treu, rückt nicht von seiner Idee ab, weil er von dieser überzeugt ist. Wir wissen also immer, was wir zu tun haben. Mir gefällt seine Herangehensweise, er ist immer positiv gestimmt - kann aber auch dazwischenhauen, wenn es mal jemand zu locker angehen lässt.
Was trauen Sie den Verlern zu?
Taz: Wir wollen besser abschneiden als in der vergangenen Saison (Platz 12, 53 Punkte: Anm. der Redaktion). Und schön wäre es auch, den Vereinsrekord in der 3. Liga (55 Punkte: Anm. der Redaktion) zu brechen. Das ist ein lohnenswertes Ziel.
Sie sind gebürtiger Berliner, leben jetzt aber in der Provinz. Wie schwierig ist das?
Taz: Berlin ist eine komplett andere Welt. In Verl ist es ruhig und beschaulich, ich treffe fast immer die gleichen Leute. Es geht familiär zu. Mir gefällt dieses Leben. Und wenn ich an einem freien Tag mal nach Berlin möchte, ist das auch kein größeres Problem. In zweieinhalb Stunden bin ich dort.
Sie sind nun schon zum zweiten Mal in Verl. Was ist so besonders an diesem Verein?
Taz: Das ist einfach zu beantworten: Die Spielphilosophie dieses Vereins ist einzigartig. Wir haben auf dem Platz eine klare Idee und geben alles, um diese bestmöglich umzusetzen. Der Kontakt zum Club ist nie komplett abgebrochen. Und als sich im Januar die Möglichkeit ergab, von Mannheim nach Verl zu wechseln, wollte ich das unbedingt machen. Es hat sich richtig angefühlt, und ich hatte die Hoffnung, dass ich in Verl wieder zu meiner alten Form finde. Rückblickend muss ich sagen, es war die richtige Entscheidung, wieder hierher zu kommen.
Wie schätzen Sie die bisherige Lage der Liga ein?
Taz: Boah…3. Liga, das wissen Sie selbst. Alles ist möglich, nichts vorhersehbar. Es kann immer alles passieren und jeder gegen jeden gewinnen. Eine Mannschaft kann erst unten stehen und plötzlich aufsteigen, das haben die vergangenen Jahre immer wieder gezeigt.
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