Mannheim. Die Sache mit den Testspielen ist immer auch eine Frage der Sichtweise. Einerseits sind diese Begegnungen ein Muster ohne Wert, denn gravierende Folgen bleiben im Falle eine Niederlage aus. Und selbst bei einem Sieg hat man eigentlich nicht viel gewonnen. Außer ein gutes Gefühl, was andererseits durchaus eine gewisse Bedeutung haben kann. Erst recht so kurz vor einer Weltmeisterschaft, die im Januar für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) ansteht.
Am Donnerstag gegen Europameister Schweden verlor die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason gegen Europameister Schweden mit 33:37 (16:19) und war praktisch ab der 15. Minute chancenlos. Kapitän Johannes Golla ärgerte sich: „Wir bestrafen uns durch eigene Fehler.“ In einem Testspiel, das streng genommen gar kein Testspiel war. Da beide Mannschaften wie auch Spanien und Dänemark ihre Teilnahme an der EM 2024 in Deutschland bereits sicher haben und keine Qualifikationsspiele bestreiten müssen, stehen sie sich nun bis Ende April in einem hochkarätig besetzten Mini-Turnier namens EHF-Euro-Cup gegenüber.
Am Samstag geht es für das DHB-Team in Spanien weiter. Und nach dem Duell mit dem Olympiadritten wird Bundestrainer Gislason zweifelsohne noch wesentlich schlauer sein mit Blick auf die nahende Weltmeisterschaft, die für die Deutschen nicht nur eine Durchgangs- und Versuchsstation auf dem Weg Richtung Heim-Europameisterschaft 2024 sein wird. Das machte Sportvorstand Axel Kromer deutlich: „Deutschland wird nie zu einer WM fahren und sagen, dass wir dabei sein wollen und die anderen die Ergebnisse erzielen sollen.“
Löwe Knorr beginnt auf der Mitte
Gegen Schweden musste die DHB-Auswahl kurzfristig auf Lukas Stutzke (Oberschenkelverletzung) verzichten, für ihn wird Simon Ernst ab Freitag zur Mannschaft stoßen. Der Leipziger war ursprünglich nicht nominiert worden, weil Gislason nach eigener Aussage in ihm eher keinen Spieler mit gleichermaßen guten Qualitäten in Defensive und Offensive sieht. Doch Abwehr-Angriff-Wechsel will der Bundestrainer eigentlich vermeiden, wie auch am Donnerstag im Duell mit den Skandinaviern deutlich wurde.
Die Deutschen starteten vor 9221 Zuschauern in der Mannheimer SAP Arena mit viel Tempo in die Begegnung, im Innenblock agierte neben Kapitän Golla der Gummersbacher Julian Köster. Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen führte auf der Mitte Regie, sein Clubkollege Patrick Groetzki begann auf der Rechtsaußenposition. Die DHB-Auswahl legte nach drei Minuten ein 3:0 vor, weil sie spielte, wie Gislason das sehen will. Mit Ballgewinnen, Geschwindigkeit und Mut. Vor allem Golla ragte in der Anfangsviertelstunde heraus, der Flensburger erzielte bis zum 10:9 (14.) sieben Treffer. „Das Tempo müssen wir in Zukunft so weitergehen“, sagte Knorr.
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Anschließend kippte allerdings die Begegnung, weil das DHB-Team in der Abwehr keinen Zugriff fand, Torwart Andreas Wolff ebenfalls nicht ins Spiel fand (Fangquote 17 Prozent) und die Deutschen zu viele Möglichkeiten ausließen (Trefferquote in der ersten Halbzeit 55 Prozent, Schweden 68 Prozent). Linksaußen Marcel Schiller scheiterte viermal, der für Knorr eingewechselte Luca Witzke ließ drei Chancen aus und bekam das Spiel auch nicht in den Griff. Nach zehn Minuten war für ihn beim 12:16 (26.) schon wieder Schluss. Für ihn kehrte Knorr zurück, der bis zum 16:19-Pausenstand zwei Treffer erzielte.
Direkt nach dem Seitenwechsel bekam die Gislason-Mannschaft ihre Grenzen aufgezeigt. In sechs Minuten kassierte die DHB-Auswahl einen 0:6-Lauf (16:25/36.). „Ich weiß nicht, was da los war. Wir haben den Start total verpennt“, sagte Knorr. Oder anders ausgedrückt: Was seine Mannschaft da erlebte, war eine schockierende Begegnung mit der Realität, der Europameister aus Schweden nutzte wirklich jeden DHB-Ballverlust - und zeigte damit den Deutschen nicht nur, wie weit die Weltspitze entfernt ist. Die Sache mit dem guten Gefühl ging nämlich auch gründlich daneben.
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