Handball

Im Bastelmodus

Die Spielmacher- und die Innenblockfrage beschäftigen die deutsche Nationalmannschaft vor der Partie in Mannheim

Von 
Marc Stevermüer
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Szene aus dem Testspiel im April: Löwe Juri Knorr (Mitte) findet die Lücke zwischen Adrian Sipos (l.) und Gabor Ancsin. © Klahn/dpa

Mannheim. Was für Fußball-Bundestrainer Hansi Flick vor der WM in Katar eine herausfordernde Neuerung ist, gehört für Alfred Gislason längst zum Alltag. Denn Zeit mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft hat der Coach eigentlich nie. Oder zumindest nicht genug. Etwas mehr als eine Woche wird ihm im Januar als WM-Vorbereitung bleiben, ihren bislang letzten gemeinsamen Lehrgang bestritt die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) im April. Entsprechend kommt nun den Länderspielen am Donnerstag (19 Uhr) in Mannheim gegen Europameister Schweden und am Samstag (20.15 Uhr) in Spanien große Bedeutung zu. Es sind die letzten Partien vor der WM-Nominierung.

„Der Kern der Mannschaft steht. Die Spieler, die jetzt hier sind, haben sicher einen Vorteil“, sagt Gislason, der für das Turnier noch auf die Rückkehr des wurfgewaltigen Julius Kühn hofft. Mit Rechtsaußen Timo Kastening und Rückraum-Rechtshänder Sebastian Heymann rechnet er hingegen nicht, was ihn zu ersten Korrekturen zwingt. Statt Kastening steht erstmals seit eineinhalb Jahren Patrick Groetzki im Kader. Der Linkshänder von den Rhein-Neckar Löwen befinde sich „in der Form seines Lebens“, lobt Gislason den routinierten Groetzki, der bereits 153 Länderspiele bestritten hat.

Der hochveranlagte Heymann wiederum hat zwar im DHB-Dress bislang recht selten sein Potenzial abgerufen, galt aber als Alternative für den Mittelblock. Und dort fehlt nach dem Rücktritt von Patrick Wiencek und der selbst verordneten Pause des momentan ohnehin verletzten Hendrik Pekeler durchaus Personal. Im Abwehrzentrum, über Jahre das einzige Prunkstück des deutschen Teams, steht plötzlich mit Kapitän Johannes Golla nur ein Weltklasse-Profi zur Verfügung.

Als seine Partner stehen Tim Zechel und Julian Köster parat, vielleicht auch Lukas Stutzke. Zusammen kommen sie auf 24 Länderspiele, keiner von ihnen hat im Club-Handball je ein Europapokalspiel bestritten. Das Gute: Gislasons Mannschaft trifft in den nächsten Monaten fast ausschließlich auf Weltklasse-Kontrahenten. Der Ernstfall kann also getestet werden.

Lob für Löwe Knorr

Da die DHB-Auswahl ihre Teilnahme an der EM 2024 als Gastgeber ebenso sicher hat wie Weltmeister Dänemark, Titelverteidiger Schweden und Vize-Europameister Spanien, müssen diese vier Mannschaften keine Qualifikationsspiele bestreiten und tragen stattdessen ein Mini-Turnier namens EHF-Euro-Cup mit Hin- und Rückspiel bis Ende April 2023 aus. „Ich freue mich extrem auf diese Weltklassegegner“, sagt Gislason, der langfristig auf die EM 2024 im eigenen Land hinarbeitet. Gleichzeitig betont der Isländer aber auch immer wieder, „dass wir uns jetzt schon gut präsentieren müssen“. Es geht also nicht nur um Entwicklung, sondern auch um Ergebnisse, um in 15 Monaten gut vorberietet und mit Rückenwind in die EM zu starten.

Bis dahin wird Gislason noch ein paar Aufgaben zu lösen haben. Denn neben dem personellen Engpass im Mittelblock beschäftigt ihn auch die Frage, wer künftig der Spielmacher seines Vertrauens sein soll. In den vergangenen Jahren war Philipp Weber gesetzt, im März in den Tests gegen Ungarn fehlte er verletzt und gegen die Färöer im April blieb der Rechtshänder unberücksichtigt.

Nun hat er sich beim SC Magdeburg gefangen und ist wieder dabei. Während seiner Abwesenheit brachten sich aber ebenso Luca Witzke und Juri Knorr in Stellung. Letzterer ist nach dem Abschied von Weltklasse-Spielmacher Andy Schmid der Chefstratege im Rückraum des Bundesliga-Tabellenführers Rhein-Neckar Löwen. „Sehr zufrieden“ sei er mit der Entwicklung von Knorr, sagt Gislason. „Es war fast logisch, dass es für ihn als zweiter Mann hinter Andy Schmid nicht so einfach ist. Nun spielt Juri sehr gut. Er hat seinen Anteil am Tabellenstand der Löwen.“ Und nun mal wieder die Rolle als einer der größten deutschen Handball-Hoffnungsträger.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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